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Einstige Kasseler Orchesterdirektorin Insa Pijanka bricht nach Eklat ihr Schweigen

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Von: Bettina Fraschke

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Petition für ihre Wiedereinsetzung läuft: Ex-Orchesterintendantin Insa Pijanka.
Petition für ihre Wiedereinsetzung läuft: Ex-Orchesterintendantin Insa Pijanka. © Insa Pijanka/NH

Die Stadt Konstanz hat die geschasste Intendantin der Südwestdeutschen Philharmonie Insa Pijanka von den Vorwürfen juristischer Pflichtverletzungen und eines Defizits entlastet.

Konstanz/Kassel – Insa Pijanka, die zuvor Orchesterdirektorin in Kassel war und als Präsentatorin und Organisatorin des HNA-Klassik-Open-Air-Konzerts in ihrer einstigen Heimatstadt bekannt ist, hatte im Februar zugestimmt, ihren Vertrag aufzuheben.

Im Nachhinein sind eine Reihe von Unregelmäßigkeiten in diesem Verfahren bekannt geworden. Kulturbürgermeister Andreas Osner hatte mit Pijanka Gespräche über einen Auflösungsvertrag geführt, bevor der Gemeinderat von diesem Verfahren Kenntnis erlangte und einen entsprechenden Beschluss gefasst hatte.

Der Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses ist ebenfalls nicht abgewartet worden. In einer Pressemitteilung der Stadt Konstanz heißt es nach Berichtsveröffentlichung nun bilanzierend: „Alles in allem kommt das Rechnungsprüfungsamt zu dem Schluss, dass die Ergebnisse seiner Prüfung der öffentlichen Vorwürfe einer Feststellung des Jahresabschlusses 2021 nicht entgegenstehen würden.“

Vorwürfe, die die Tageszeitung Südkurier aufgebracht hat, das Orchester hätte das entsprechende Jahr mit einem Defizit abgeschlossen, sind damit entkräftet. Im Bericht steht: „Richtig ist, dass das Wirtschaftsjahr 2021 der Philharmonie mit Berücksichtigung aller Zuschüsse mit einem Überschuss von rund 43 000 Euro abgeschlossen hat.“ Andere Zahlen des Südkuriers hätten auf einem anderen Kontext beruht, so die Stadt. „Dieser Vorwurf war für mich am schädigendsten“, sagt Insa Pijanka, die sich der HNA gegenüber erstmals zu der Angelegenheit in der Presse äußert.

Sie führt es auf den seelischen Ausnahmezustand angesichts der Ausmaße, die die Eskalation der Vorwürfe im Januar genommen haben, zurück, der dazu geführt habe, dass sie einer Vertragsaufhebung zugestimmt hat – vorschnell, wie sie heute sagt. Mit heutigem Kenntnisstand hätte sie das Vorgehen der Stadt abgewartet – auch wenn dies eine gerichtliche Auseinandersetzung bedeutet hätte.

Weitere, vom Südkurier erhobene Vorwürfe, die die Vergabe von Beratungsleistungen sowie Fahrtenbücher und Inventarlisten betrafen, haben sich laut Stadt in keinem Punkt erhärtet. Die Zeitung habe, so Pianka, schon kurz nach ihrem Amtsantritt begonnen, sie in schlechtes Licht zu rücken, etwa, indem sie vermeintliche Vorwürfe aufgegriffen habe, sie komme morgens nicht jeden Tag früh zur Arbeit und sei Raucherin.

Die Südwestdeutsche Philharmonie ist ein Eigenbetrieb der Stadt Konstanz, wie auch das dortige Theater. Getragen wird das Orchester mit rund 90 Beschäftigten, davon 70 Musiker, von Stadt und Land.

Was an Vorwürfen gegen die ehemalige Intendantin übrig bleibt, ist, dass sie Texte für Programmhefte abgeschrieben haben soll. Nichts, was eine Vertragsaufhebung rechtfertigen würde, sagen nun Bürger der Stadt, die eine Online-Petition auf die Beine gestellt haben. Sie fordert die Wiedereinsetzung Pijankas. Dort heißt es: „Der Schaden für die Stadt Konstanz ist nun gewaltig. Die Philharmonie war im Aufschwung. Ein tolles Programm, ein exzellentes Orchester, steigende Besucherzahlen und ein neuer Dirigent, den das Publikum gleich ins Herz geschlossen hatte. Frau Insa Pijanka muss in ihr Amt zurückgeholt werden. Sie hat sich nichts zuschulden kommen lassen, was eine Beendigung ihres Vertrages rechtfertigen würde.“

Die Online-Zeitung Seemoz konstatiert: „Der reinste Tragödienstadel“ und greift den Kulturbürgermeister an, die „Arbeitgeberqualitäten der Verwaltungsspitze“ erschienen „in keinem guten Licht“.

Die Intendantenstelle ist zunächst nicht ausgeschrieben. Aktuell ist der junge, neue Chefdirigent Gabriel Venzago für das künstlerische Programm mit zuständig. Keine gute Dauerlösung, sagt Pijanka: „Dirigieren ist ja bereits ein Vollzeitjob.“

Insa Pijanka berichtet, dass das Publikumsinteresse aktuell groß sei, zwar seien einige Abonnenten nach der Coronazeit abgesprungen – was der Südkurier skandalisiert hatte. Aber sie bemerke, wie der Freiverkauf steige und jüngere Besucher in die Konzerte kommen: „Das ist ein positiver Trend“, sagt sie und sieht ihre Strategie bestätigt, beliebte musikalische Werke in den Konzerten mit Neuem zu kombinieren. Das Januar-Konzert, in dem sie sich verabschiedet habe, sei „sensationell gelaufen“. „Schade, dass man nicht die Ruhe und das Vertrauen gehabt hat, uns auf unserem Weg so lang weitergehen zu lassen, bis die Saat aufgeht.“

Für sie, die aktuell in eine beruflich ungewisse Zukunft blickt, ist das traurige Fazit, dass nicht nur sie durch die unangemessene Affäre und die vorschnelle Vertragsauflösung beschädigt worden sei, sondern auch die Kulturinstitution Philharmonie.

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