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Händels Oratorium „Semele“ bei den Festspielen in Göttingen

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In zwei Rollen zu sehen: Mezzosopran Vivica Genaux.
In zwei Rollen zu sehen: Mezzosopran Vivica Genaux. © Alciro Theodora da Silva

Mit Schmelz und Schmackes: Händels Oratorium „Semele“ überzeugte in Göttingen als bunte Opernrevue mit hervorragenden musikalischen Leistungen. 

Göttingen – Wenn Frauen in Mythos, Märchen oder Oper zu viel wollen, dann geht das meist nicht gut aus. So auch bei Semele aus der antiken Mythologie, die unsterblich werden wollte wie ihr Liebhaber Jupiter. Doch daraus wird nichts. Liebe hin, Eros her, das kann der Göttervater nicht zulassen und tötet sie, wenn auch mit seinen sanftesten Blitzen. Gemahlin Juno sitzt ihm im Nacken und triumphiert.

Die Opernpremiere bei den Händel-Festspielen nahm sich Händels Oratorium „Semele“ vor. Oratorium? Ja, das lange dreiaktige Werk in englischer Sprache führte der Meister 1744 als konzertantes Chor-Orchester-Stück auf. Doch trägt es so viel Dramatik in sich, dass es sich mühelos auf die Opernbühne bringen lässt.

Semele und Jupiter: Marie Lys, Jeremy Ovenden.
Semele und Jupiter: Marie Lys, Jeremy Ovenden. © Alciro Theodoro da Silva

Abwechslungsreiches Bühnenbild bei „Semele“

Am Freitagabend wurde es in der Regie und unter dem Dirigat von Festivalleiter George Petrou zu einem kurzweiligen Spektakel. Das anfangs etwas mit dem Stück fremdelnde, am Ende begeistert jubelnde Publikum im nicht ganz ausverkauften Deutschen Theater sah die feine Gesellschaft, einen abgerissenen Club, ein Hirten-idyll, einen indischen Tempel, sah Semele als Edelmodel, Juno als schicke Furie, Semeles Schwester Ino als dickliches Heimchen. Immer gab es etwas zu schauen, Jupiter als Straßenkehrer und als Penner oder Semeles Baby, immerhin der Gott Dionysos, als Champagnerflasche. Der Ideen war kein Ende.

Stets auf der Bühne: der vorzügliche Kammerchor Athen, der sang, spielte, kolorierte – oder sich umziehen musste, denn ein halbes Dutzend Verwandlungen hatte die Regie ihm vorgesehen.

Händels Musik glänzt

Vieles wurde angerissen, nur bebildert. Man brauchte das alles nicht besonders ernstzunehmen, gar nicht erst eine roten Faden zu suchen und konnte doch Vergnügen daran haben, denn der musikalische Teil des Abends überzeugte durchweg. Petrou leitete das Festspiel-Orchester mit Schmelz und Schmackes, ließ Händels Musik glänzen. Die sechs Solistinnen und Solisten ergaben ein exquisites Ensemble.

Marie Lys als Semele hat viele Register zu bieten, ließ mit perlenden Koloraturen Furor und Eitelkeit explodieren. Vivica Genaux (Ino und Juno) stand ihr in nichts nach und verstand es sogar gut, zwischen den beiden Rollen zu unterscheiden. Jeremy Ovenden war als Jupiter ein weicher, nachdenklicher Gott mit viel Lyrismen. Lyrisch auch der hervorragende Countertenor Rafal Tomkiewicz als Athamos. Riccardo Novaro als König Cadmus (Semeles und Inos Vater), Somnus und Hohepriester steuerte baritonalen Glanz bei. Eine glitzernde vokale Knallerbse mit hoher Bühnenpräsenz schließlich war Marilena Striftombola als Junos Dienerin Iris und als Cupido. (Johannes Mundry)

Göttinger Festival-Programm

„Semele“ wird erneut aufgeführt am 23. Mai, 18 Uhr, 27. Mai, 16 Uhr (mit Übertragung als Public Screening in die Lokhalle) sowie Pfingstsonntag, 18 Uhr. 75-minütige Familienfassung am Kindertag „Händel 4 Kids!“ am Sonntag, 12 Uhr, im DT. Alle Termine/ Karten: haendel-festspiele.de

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