Jugendlicher Elan

KASSEL Die Erlöserkirche in Harleshausen musste um ihre Standfestigkeit bangen, denn die 69 jungen Musiker des Landesjugendsinfonieorchesters Hessen hatten ein dickes Programm im Gepäck und scheuten, angeleitet von ihrem Dirigenten Nicolás Pasquet auch den dicken Pinselstrich nicht. Die Musik Peter Tschaikowskis war nach der eingangs gespielten „Coriolan“-Ouvertüre Ludwig van Beethovens für solch jugendliche Einsatzbereitschaft gerade das richtige Objekt.
In der zum Schluss gespielten vierten Symphonie gab es von allem etwas: markige Schläge, romantische Melodien und passgenaues Pizzicato von den Streichern, herrliche Holzbläsersoli, vorgetragen von sehr begabten Musikern, und ein furioses Finale aller, das einen begeisterten Applaus des etwas 350-köpfigen Publikums hervorrief.
Star des Abends war die zwanzigjährige Geigerin Christa-Maria Stangorra. Sie spielte den Solopart in Tschaikowskis Violinkonzert in D-Dur, nicht eben ein Stück für Nummer sicher. Hohe Musikalität ist gefragt, zum Beispiel, um das Ohrwurmthema des ersten Satzes in der Schwebe zwischen Kitsch und Kunst zu halten. Aber auch die technischen Anforderungen verlangen nach einer Ausnahmepersönlichkeit: die lange und virtuose Kadenz des Kopfsatzes zum Beispiel. Schon nach den ersten Takten des Solos konnte man sich beruhigt zurücklehnen und wusste, dass die junge Violinistin die Sache zu einem überzeugenden Auftritt machen würde.
Und so geschah es denn auch – eine bewundernswerte Nachwuchskünstlerin stellte sich vor und zeigte sich bei der Zugabe, dem Andante aus Johann Sebastian Bachs zweiter Solosonate, noch von einer ganz anderen Seite.
Das Konzert am Samstagabend war das zweite von vier Auftritten des LJSO und das einzige in Nordhessen. Unter den Musikern befanden sich auch fünf aus Kassel, Lohfelden und Fuldatal, allesamt Bläser.
Von Johannes Mundry