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Puccini als musikalisches Farbenfest in Kassel

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Besonders wohltönend: Hansung Yoo in der Rolle des Marcello. Foto: Klinger
Besonders wohltönend: Hansung Yoo in der Rolle des Marcello. Foto: © Klinger

Kássel. Auch geniale Satiriker können irren. Wie Kurt Tucholsky. Der verspottete einst Giacomo Puccini als „Verdi des kleinen Mannes". Eine alberne Bemerkung, weil der geschmähte Opernmeister viel mehr als sentimentale Melodien zu bieten hat: Puccinis Musik ist äußerst raffiniert.

Eben diese Qualitäten schöpfte Kassels neuer Generalmusikdirektor Francesco Angelico bei der fulminanten Wiederaufnahme von „La Bohème“ im Opernhaus voll aus. Eine so leidenschaftliche wie ausgefeilte Aufführung, Puccini als musikalisches Farbenfest: Angelico, von dem man Großes erwarten kann, realisiert mit dem exquisit klingenden Staatsorchester eine Fülle an Nuancen. Hier bezaubert eine anmutige Phrasierung, dort erschüttert wohldosiertes Pathos, mitunter ist Debussys Impressionismus nicht fern.

Die knapp 400 Besucher erlebten die Inszenierung von Philipp Kochheim, der die Handlung im Paris der späten 1960er-Jahre spielen lässt. Da liest man etwa die Revoluzzer-Parole, dass die Macht auf der Straße liegt, da steht ein Citroën 2CV auf der Bühne. Ohne Patina kommt die Melange aus Alltagshumor und Tragik daher - bei überzeugender Darbietung der Solisten und Chöre bis hin zum Cantamus-Kinderchor. Besonders wohltönend: Hansung Yoo (Marcello) mit kraftvoll-balsamischem Bariton.

Kein Wunder, dass das Kasseler Ensemble-Mitglied bereits einen Preis beim legendären Tschaikowsky-Wettbewerb gewonnen hat. Gasttenor Ilker Arcayürek gibt mit etwas schlanker Stimme ein feinfühliges Porträt des Rodolfo. Sopranistin Jaclyn Bermudez bietet als anrührende Mimì eine weite Dynamik - mühelos überstrahlt sie ein sattes Orchester-Forte.

Karola Sophia Schmid, in dieser Spielzeit Opernstudio-Stipendiatin, punktet mit anmutigem Sopran und wird sowohl der koketten als auch mitfühlenden Seite der Musetta gerecht. Zum erfreulichen Bild tragen auch Daniel Holzhauser (Schaunard), Hee Saup Yoon (Colline) und - ein humoriger Kurzauftritt - Dieter Hönig (Benoît) bei. Jubel, Bravos, begeisterte Pfiffe.

Wieder am: 8.10., 14.10., 19.11., 25.11., 20.12., 25.12. Karten unter: 0561/1094-222. www.staatstheater-kassel.de

Von Georg Pepl

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