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Frieda Braun im Sauerländer Reizklima

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Von: Mark-Christian von Busse

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Frieda Braun im Anthroposophischen Zentrum in Kassel.
Zwischen „Tupperkulose“ und Thermomix: Frieda Braun im Anthroposophischen Zentrum. © Andreas Fischer

Frieda Braun wurde bei ihrem Gastspiel im Anthroposophischen Zentrum in Kassel gefeiert.

Kassel – Für das bejubelte Frieda-Braun-Gastspiel am Sonntagabend im Anthroposophischen Zentrum waren auch Eintrittskarten gültig, die auf den 13. September 2020, 11. September 2021 und 30. Januar 2022 ausgestellt waren. Alle diese Termine des neuen Frieda-Braun-Programms „Jetzt oder nie!“ hatte Veranstalterin Frauke Stehl coronabedingt absagen müssen. Jetzt aber galt‘s – endlich.

Vergessen hat das treue Publikum Frieda Braun – hinter der sich die ehemalige Werbetexterin Karin Berkenkopf verbirgt – trotz zwei Jahren Pandemie nicht. Darauf ließen schon Applaus und Gejohle bei der Begrüßung schließen. Fans können auch noch die elf Freundinnen der Splittergruppe der Katholischen Frauengemeinschaft Winterberg aufzählen, wie sie anfänglich bewiesen: sei es ‘s Brunhild, ‘s Lisbeth, „’s Agatha, was dem Pastor so zur Hand geht“, oder ‘s Sackgassen-Agatha. Dazu kommen deren Angetraute, allen voran Friedas Erwin, aber auch der Franz, der Wigbert, sowie der müffelnde rangälteste Junggeselle Wilbrecht.

Auch die Welt in Winterberg war von Corona hart getroffen. Früher hätte Frieda Braun vielleicht an Floristik gedacht; statt einer Hortensie könnte man ja mal eine „Epidemie“ verschenken, oder eine „Pandemie, mehrjährig wiederkommend“. Dann aber brach die Zeit an, als man ganze Tage nur im Nicki-Strampler verbrachte, am Fenster stand und den Rasenmäh-Roboter um seine Freiheit beneidete. Neue Kleidung hat sie während Corona offensichtlich nicht gekauft.

Eine Reise nach England, mit Männern, wurde kurzfristig abgesagt, ‘s Lisbeth stand plötzlich mit dem Proviant für 22 Leute da. Gut, Schnitzelchen kann man „wechfrieren“, aber die Süßigkeiten zwischen Schraubensammlung, Läuseschreck und Schneckentod im Keller zu verbergen half nichts.

Frieda Braun schildert über Minuten, wie schwer es fürs Lisbeth ist, der Ein-Kilogramm-Haribo-Colorado-Partybox zu widerstehen (3680 Kalorien). Man fürchtet inzwischen aber eher um die Gesundheit der Besucher, die sich kaum halten können vor Lachen, kaum mehr Luft bekommen, während Frieda Braun pantomimisch die vier Phasen erläutert, wie man sämtliche Lakritz-Stafetten erwischt: „picken, scharren, schütteln, rütteln“. Was müssen das für Menschen sein, die Haribo-Himbeeren nehmen?

So erzählt Frieda Braun, wie immer ohne Requisiten, aber mit kunstvoll eingesetzter Mimik und Gestik, von einer coronabedingten Putzmittelzählung (36!), dem vergeblichen Aufräumen ihrer Tupper-Schublade und dem Reinigen „vom Bauchnabel vom Thermomix“. Das Verblüffende ist, wie sie vom Thermomix-Messerchen auf ein altes Nokia kommt, das in die Toilette fällt und in die Freiheit schwimmt, und von da zu „Flipper“, den der attraktive Ranger Porter Ricks „aus dem Meer pümpelt“, um mit Ganzkörpereinsatz die Freude des Delfins nachzuahmen und irgendwann die Frage zu stellen: „Wie bin ich jetzt da hingekommen?“

Genau so ausgetüftelt und perfekt konstruiert (und gar nicht nachzuerzählen) ist ein erotisches Experiment als Programm-Höhepunkt, in dem Cocktailwürstchen und Meerettich-Zierrosetten eine gewisse Rolle spielen. Sauerländer Reizklima eben. Die Zugabe – der Klassiker von zu viel Federweißer und den Folgen – ist „wie immer kurz, aber peinlich“. Gelächter ohne Ende, stürmischer Beifall.

Wieder Sonntag, 22. Mai, 18 Uhr, Anthroposophisches Zentrum, Infos und Tickets: fraukestehl.de

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