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"Blue Jasmine": Woody Allen wieder in Bestform

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Peter Sarsgaard als Diplomat Dwight und Cate Blanchett als Jasmine spielen die Hauptrollen in Woody Allens neuer Tragikomödie "Blue Jasmine". © Warner Bros. GmbH / dpa

Berlin - Mit „Blue Jasmine“ präsentiert sich der New Yorker Filmemacher Woody Allen wieder in hervorragender Form: witzig, originell, zynisch und strotzend vor bitterer Gesellschaftskritik.

Alle Jahre wieder kommt ein Film von Woody Allen in die Kinos. Mal ein wunderbar verwunschener wie „Midnight in Paris“, für den er auch prompt einen Drehbuch-Oscar kassieren durfte. Mal so ein flachbrüstiges Etwas wie „To Rome With Love“ oder „Whatever Works“. Mit „Blue Jasmine“ präsentiert sich der 77-Jährige wieder in hervorragender Form und knüpft scheinbar mühelos an den großartigen „Match Point“ (2005) an: witzig, originell, zynisch und strotzend vor bitterer Gesellschaftskritik.

Die Handlung erinnert an Tennessee Williams’ „Endstation Sehnsucht“, nur heißt Allens Blanche DuBois eben Jasmine. Die reiche New Yorker Frau eines Investmentbankers (Alec Baldwin) verbringt ihre Tage mit Besuchen in Luxusboutiquen, beim Friseur oder der Kosmetikerin. Dass die Beziehung zu ihrem erwachsenen Sohn bröckelt und ihr Gatte Hal eine Affäre nach der anderen hat, blendet sie konsequent aus. Doch als Hal wegen illegaler Geschäfte verhaftet wird, verliert die ohnehin psychisch labile Jasmine alles und nistet sich bei ihrer Adoptivschwester Ginger (Sally Hawkins) in San Francisco ein. Dort geht die Upper-Class-Ziege allen gehörig auf die Nerven. Anstatt wieder auf die Füße zu kommen, gelingt es Jasmine nicht, aus ihren alten Verhaltensmustern auszubrechen. Dadurch zerstört sie ihre letzte Chance auf etwas Glück.

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„Blue Jasmine“ schlägt im Vergleich zu Allens letzten Arbeiten deutlich ernstere Töne an. So experimentiert der Altmeister diesmal nicht nur mutig mit den Erzählformen seiner komplex arrangierten Geschichte, sondern präsentiert nach einer langen Abwärtsspirale ein ungewohnt bitteres Schlussbild. Es liegt aber nicht nur an Allens kristallklarer Inszenierung, sondern in erster Linie an Cate Blanchetts bravourösem, zweifellos Oscar-würdigem Spiel, dass einem die Tragödie dieser Salonschnepfe so zu Herzen geht. Sally Hawkins ist als leicht beschränkte Schwester zwar keine Augenweide mehr, dafür darf sie endlich beweisen, was sie kann. Mit Bobby Cannavale bietet „Blue Jasmine“ sogar einen respektablen modernen Stanley Kowalski: laut, polternd, fluchend und ständig im Unterhemd wie Marlon Brando selig.

Tennessee Williams illustrierte in seinem Drama Ende der Vierzigerjahre das Verblassen des alten Ständesystems der Südstaaten und den Aufstieg einer neuen, vorwiegend aus einfachen Immigranten bestehenden Schicht. Wie Williams’ Blanche ignoriert Jasmine alles um sich herum. Allens Urteil über sie und die deformierte Welt, aus der sie stammt, ist ungewöhnlich hart und endgültig ausgefallen.

von Ulrike Frick

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