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Mit U2 in der "Heiligen Halle des Rock" auf der Bühne

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Höhepunkt des Museums ist eine 3D-Live-Show von U2. Mit der dazu nötigen Brille auf der Nase findet man sich Seite an Seite mit Bono und “The Edge“ auf der Bühne in Buenos Aires. © dpa

Cleveland - Musiker werden in den USA an mehreren Orten mit einer “Hall of Fame“ geehrt. Cleveland wartet dabei mit der lautesten auf - denn hier dreht sich alles um Rock'n'Roll.

“Who Are You“ donnern The Who aus den Boxen, die gläserne Eingangshalle des Museums in Cleveland zittert. Es ist unüberhörbar: Hier regiert der Rock. “The Boss“ Bruce Springsteen, U2, die Rolling Stones und die Beatles: Generationen von Krachmachern sind in der Pyramide am Ufer des Eriesees im US-Staat Ohio zu Hause.

Beim Stichwort Museum denken viele Menschen an Ölgemälde, Sarkophage und Saurier. Nicht hier in Cleveland: Die jugendliche Rebellion der vergangenen 50 Jahre beherrscht die sieben Stockwerke dieser eigenwilligen Konstruktion des Architekten I.M. Pei. Die “Heilige Halle des Rock“ besteht aus der Eingangspyramide, einem Zylinder und einer Box, die wagemutig über das Seeufer ragt. Außen ist alles aus kühlem Glas und Stahl, innen alles funky und bunt.

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John Lennons alte Lederjacke, David Bowies waghalsige Hosen, Jim Morrisons recht ansehnliche Schulzeugnisse und Michael Jacksons berühmter Handschuh sind ausgestellt. Von der Decke baumelt ein Trabant, der von U2's “Zooropa“-Tour stammt.

“Mir war wichtig, die Wurzeln der Rockmusik zu präsentieren“, sagt Jim Henke, seit 17 Jahren der Kurator des Museums. Dazu gehören Mischpulte, Schallplatten und Tonbandmaschinen aus dem legendären Sun Studio in Memphis. Dort wurde Elvis Presley entdeckt, dort kamen Blues-Größen wie B.B. King, Countrystars wie Johnny Cash und Rock'n'Roller wie Jerry Lee Lewis zu Ruhm. Zahllose Male pilgerte Henke vor der Eröffnung des Rockmuseums nach Memphis und brachte Erinnerungsstücke des Studiobesitzers Sam Phillips in den Glaspalast.

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Ausgerechnet in einer - von der Rezession schwer gebeutelten - Industriestadt in Ohio werden die Ursprünge des Rock'n'Roll gefeiert. “Cleveland war innerhalb der Rockszene immer ein Begriff“, erläutert Henke. David Bowie gab hier zum Beispiel sein erstes US-Konzert. Alan Freed, ein lokaler Discjockey, machte die Musik in den 50er Jahren im Radio populär. Und als die “Rock'n'Roll Hall of Fame“ Mitte der 80er Jahre beschloss, den von ihr geehrten Stars eine Heimat zu geben, war Cleveland entschlossen, das Rockmuseum als Touristenattraktion an sich zu ziehen. Die Stadt und einige Gönner brachten 65 Millionen Dollar auf, und das gab den Ausschlag. In der Konkurrenz mit New York, Memphis und San Francisco bekam Cleveland - sonst vor allem für seine großen Sportveranstaltungen bekannte - den Zuschlag.

Die Höhepunkte liegen im Tiefgeschoss: Virtuelle Spielereien und interaktive Abhörkabinen lassen die Besucher die Gegenwart vergessen. Durch 500 Songs lässt es sich surfen und klicken. Wer es nicht schon wusste, lernt zum Beispiel, dass Bob Dylan von Woodie Guthrie beeinflusst wurde und die Beatles von Chuck Berry. Samtgewänder und Seidenschals erinnern an den eigenwilligen Stil von Freddy Mercury und beweisen, dass Fleetwood Macs Steve Nicks eine Wespentaille besaß. Auf großen Monitoren flimmern die Höhepunkte legendärer Konzerte von Ike und Tina Turner, “Jacko“, Mick Jagger und Madonna.

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Wie ist Jim Henke bloß an all diesen Kram gekommen, an Bruce Springsteens Hotelschlüssel, die gekritzelten Liedertexte und die Sgt.-Pepper-Uniform der Beatles? “Yoko Ono war die erste, die mir alle möglichen Sachen von John zur Verfügung stellte“, erzählt der Kurator von den Dingen, die an John Lennon erinnern. “Und das wirkte fast wie ein Köder.“ Wenn er dann bei ZZ Top, Bono von U2 oder Roger Daltrey von The Who vorsprach, konnte er auf seine Lennon-Beute verweisen. “Das brachte sie dann dazu, auch ein paar persönliche Gegenstände locker zu machen.“ Henke hat ohnehin aus seiner Zeit als Musikjournalist für das “Rolling Stone“-Magazin beste Kontakte.

Noch bis Ende 2010 steht Bruce Springsteen in den obersten beiden Stockwerken im Rampenlicht. Die Sonderausstellung “From Asbury Park to the Promised Land“ erzählt die Karriere des Arbeiterkindes aus New Jersey. “Springsteen war extrem großzügig“, freut sich Henke. “Als er im Januar vom Kennedy-Center ausgezeichnet wurde, hatte ich die Trophäe drei Tage nach der Feier auf meinen Schreibtisch.“ Der “Boss“ hat offensichtlich entrümpelt: Sein Küchentisch, an dem er die meisten Songs schrieb, ist in Cleveland ausgestellt, ebenso seine karierten Hemden und die Fender-Esquire-Gitarre von “Born to Run“. Dazu kommen Jeans und T-Shirt vom Plattencover und noch vieles mehr.

“Die einzige Beschwerde, die wir manchmal hören, geht dahin, dass wir nicht alles und jeden würdigen können“, erzählt Henke. Zu den ersten, die zu Ehren kamen, zählten 1986 Chuck Berry, James Brown und Elvis Presley. Zuletzt kamen Abba, Genesis und die Hollies hinzu. Höhepunkt des Museums ist eine 3D-Live-Show von U2. Mit der dazu nötigen Brille auf der Nase findet man sich Seite an Seite mit Bono und “The Edge“ auf der Bühne in Buenos Aires. Es ist Nacht, es ist laut, und die Musik wummert durch den Magen: “It's a beautiful day“.

dpa 

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