„Harold und Maude“: Viel Applaus für besondere Liebe

Viel Beifall gab es für die Premiere von „Harold und Maude“ am Jungen Theater in Göttingen.
Göttingen – Wie ein Märchen wird oft davon erzählt, wenn ein Mann und eine Frau zusammenfinden. Davon handelt auch die Geschichte von „Harold und Maude“ in dem Kultfilm von 1971. Doch da ist ein riesiger Haken: Harold ist gerade Anfang 20, Maude feiert ihren 90. Geburtstag. Nun hat sich das Junge Theater Göttingen das Drehbuch von Colin Higgins vorgenommen. Bei der Premiere waren die Zuschauer begeistert von der Inszenierung von Christian von Treskow.
Harold (Jens Tramsen) hat sein Leben noch nicht gelebt und hat es doch schon aufgegeben. Immer wieder besucht er Beerdigungen. Dort begegnet er Maude (Agnes Giese), die sein Faible teilt, kurz vor dem Lebensende eher verständlich. Zwischen beiden entwickelt sich eine Beziehung, die sie nicht nur in wilden Aktionen, sondern auch mit virtuoser Brillanz in Gesichtsakrobatik zeigen.
Harold liebt nicht nur Beerdigungen, zur „Begeisterung“ seiner Mutter (auch in weiteren Rollen: Fabienne Elisabeth Baumann) unternimmt er gern Selbstmordversuche. Zum Auftakt nimmt er sich den Strick. Doch seine Vorrichtung funktioniert nicht. Ohne sich auch nur ein Härchen zu krümmen, kann er vom Galgen heruntersteigen. Nach etwa 15 Inszenierungen eines Suizids – genau kann er seinem Therapeuten (auch in weiteren Rollen: Michael Johannes Mayer) die Zahl nicht mehr sagen – schockt er seine Mutter nicht mehr. Doch nicht nur die Hausangestellte Marie (auch in weiteren Rollen: Dorothea Röger) bringt der Kandidat des Todes nicht nur aus der Fassung.
Wie die Eröffnungsszene hat Christian von Treskow das Drama mit viel krasser Komik, oft ein bisschen zu „laut“ inszeniert. Wie durch die Brille derer, die die Verbindung von einem Mann zu einer Frau, die seine Großmutter sein könnte, von vornherein verurteilen würden, sehen die Zuschauer das Geschehen. Zum Glück gibt es viele komische Momente, Zeit für Lacher und Zwischenapplaus.
Für das, was sich zwischen Harold und Maude entwickelt, haben Giese und Tramsen leise Töne gefunden. Ein Moment tiefer Nähe und Verbundenheit entsteht, als sie zur „blauen Donau“ Walzer tanzen. Dieser Walzer trägt sie bis zum Ende des Stücks, in dem es gelingt, mit wenigen Mitteln – zwei drehbaren Bänken und einem Aushang, der sinnhaft fällt (Ausstattung: Christian von Treskow) – viel Bedeutung ins Publikum zu tragen.
Vielleicht wäre die Figur von Maude, die Giese sehr empathisch verkörpert, noch echter ohne ihre oft zu schrillen Kleider. Beim ersten Treffen ist sie in Bonbon-Pink. Ist es glaubhaft, dass eine ältere Frau sich so zu einer Beerdigung aufmacht? Zudem hätte es ein noch schönerer Abend werden können, wenn ein Dramaturg beherzt den Rotstift zur Hand genommen hätte. Doch auch nach drei Stunden inklusive Pause spendete das Publikum langen Applaus mit Begeisterungsrufen und Standing Ovations.
Nächste Termine am 23., 31.3., 14., 19., 28.4. Karten: Tel. 0551/495015. junges-theater.de