Tanzabend „Urlicht – Primal Light“ von Andonis Foniadakis begeistert im Opernhaus Kassel

Die Uraufführung von dem Tanzstück „Urlicht - Primal Light des griechischen Choreografen Andonis Foniadakis begeistert im Kasseler Opernhaus
Kassel – Das Licht – Ursprung allen Seins, Quelle der Gegensätze. Nicht mehr und nicht weniger hat sich der international gefeierte Choreograf Andonis Foniadakis als Grundlage für seine erste abendfüllende Produktion auf einer deutschen Bühne vorgenommen. Am Samstagabend feierte er mit Tanz-Kassel Uraufführung seines Stücks „Urlicht – Primal Light“ auf der Opernbühne des Staatstheaters Kassel. Ein Abend der Gegensätze und der meisterhaften Tanzkunst, bei dem die Einigkeit des Publikums darin bestand, sich am Ende geschlossen zu erheben und lange im Stehen Beifall für eine meisterhafte Produktion zu spenden.
Foniadakis verortet das Stück zu Beginn in einer dystopisch anmutenden Zwischenwelt. Vier Betontunnel laufen auf eine nicht weiter definierte Mitte zu, werden von hinten beleuchtet. Eine erste innige Szene zweier Personen wird durch eine Gruppe mehrerer Tänzer unterbrochen. Sie zerren die Tänzerin mit sich – gewaltsam oder als ein Akt der sozialen Inklusion – Eindeutigkeit ist in keinem Moment zu finden. Weitere Szenen, in denen Gewalt, Dominanz, Unterwerfung und Teilhabe koexistieren, folgen.
Nach etwa der Hälfte des Stücks erhebt sich in der Mitte der Bühne ein Podest, zum Publikum mit grellem Licht versehen. Von oben senkt sich ein nach unten geöffneter, metergroßer Quader über das Podest herab. Warm strahlt von innen ein goldenes Licht, setzt dem kalten Neonlicht eine Divergenz entgegen. Die soziale Interaktion der Tänzer findet hier im wahrsten Sinne eine weitere Ebene. Auf dem Podest bilden sich neue Koexistenzen, wird das Miteinander zelebriert. Ein postpandemischer Neubeginn? Gleichzeitig wird das Bild, christlicher Ikonografie folgend, vom letzten Abendmahl erzeugt – zum Opfertisch der Gemeinschaft, des Neubeginns. Am Ende sind die Bonhoeffer-Worte aus dem Werk „Schöpfung und Fall“ zu hören, in dem der Theologe über biblische Geschichten schreibt. Körper, die sich wie aus einer Ursuppe herauslösen, rollen über das Podest, gleiten zu Boden. Abschließend dominiert die Stille, ein möglicher Auftakt, um von vorne zu beginnen.
Foniadakis Bewegungssprache ist kraftvoll, dynamisch, lotet Grenzen des Machbaren aus, scheint diese Gesetzmäßigkeiten außer Kraft zu setzen. Gleichzeitig sind klassische Bewegungsabläufe zu erkennen.
Die Compagnie beweist wieder einmal ihre große Flexibilität sich den unterschiedlichen Choreografen anzuschließen. Hingebungsvoll folgen die 21 Tänzerinnen und Tänzer Foniadakis und machen sich die besondere Tanzsprache zu eigen.
Für die Produktion von „Urlicht – Primal Light“ greift Foniadakis auf die seit Langem bestehende Zusammenarbeit mit dem Bühnen- und Lichtdesigner Sakis Birbillis sowie mit dem Kostümdesigner Anastasios Tassos Sofroniou zurück. Diese langjährige Kooperation wird in einer sich gegenseitigen unterstützenden und kommentierenden Interpretation der Arbeit deutlich. Während Sofroniou es versteht, durch die Wahl sowohl athletischer, urbaner und gleichzeitig originärer Muster die äußerst kraftvolle Bewegungssprache zu akzentuieren, schafft Birbillis einen postapokalyptischen Raum, der der ambivalenten Choreografie Rechnung trägt. Das Sound-Konzept von dem französischen Komponisten Julien Tarride setzt den Bewegungen hämmernde Rhythmen, dissonante Akkorde sowie ruhige Harmonien entgegen.
Es tanzen: Hyeonwoo Bae, Sophie Borney, Yannis Brissot, Kiley Dolaway, Anna Gorokhova, Selene Martello, Safet Mistele, Sophie Ormiston, Girish Kumar Rachappa, Klil Ela Rotshtain, Shafiki Sseggayi, Kain Ward, Almong Adler, Apollonas Anastasiades, Imogen Burell, Joel Leupi, William Lundberg Adriana Sˇtefanáková, Leo Terris, Pei-Chen Tsai und Lieke van der Linden.
Service
Wieder am 3., 10., 18. und 26. Februar sowie weitere Termine bis Juli. staatstheater-kassel.de