ArcaniA - Gothic 4: Grafikfeuerwerk ohne Herz

München - "Ein neuer Tag – und nichts hat sich geändert." (Zitat aus Gothic II). Man möchte fast sagen: Schön wär’s! Denn Arcania – Gothic 4 ist neu und hat nichts mehr mit Gothic zu tun.
Die Story
Die Geschichte setzt dort ein, wo uns Götterdämerung
Infos zum Spiel
Genre: RPG
Entwickler: Spellbound
Publisher: Jowood
System: PC, Playstation3, X-Box 360
(Add-On zu Gohic III) zurückgelassen hat. Unser Held aus den Vorgängerspielen hat nun einen Namen: Er ist König Rhobar III und als Herrscher darum bemüht, das Land Myrtana zu einen. Seine Armeen ziehen nach Nordmar, dann nach Varant. Und der König bringt den Ländern den lange erhofften Frieden. Doch damit gibt er sich nicht zufrieden. Rhobar lässt Schiffe bauen und segelt mit seiner Armee in Richtung der südlichen Inseln. Unterwegs jedoch verändert sich der König. Dunkelheit umhüllt seinen Geist, Trübsinn beschwert sein Gemüt. Und seine Träume sind finster.
Da kommen wir ins Spiel. Als Rhobar III laufen wir durch ein unterirdisches Gewölbe, kämpfen anscheinend mühelos gegen Untote und Dämonen. Und am Ende erwachen wir als namenloser Schafhirte auf der Insel Feshyr. Auch dorthin zieht der Krieg - mit Folgen für unseren neuen Helden. Bei einem Überfall stirbt seine Verlobte. Und der Held sinnt auf Rache.
Gameplay
Klicken, Rolle zur Seite, klicken, Rolle nach vorne, nach hinten rollen, klicken - der Feind ist tot. Das geht im übrigen auch ohne rollen, allein durch stupides Hämmern auf den Mausknopf. Bei manchen Gegnern braucht es jedoch sowohl Magie als auch Metall, um sie in die ewigen Jagdgrüne zu verbannen. Allein am Kampfsystem lässt sich erkennen: Gothic 4 ist deutlich actionlastiger und wirkt schneller als seine Vorgänger. Vermutlich mit Blick auf den Consolen-Release hat sich Entwickler Spellbound hier an Spielen wie etwa Oblivion orientiert. An Gothic jedenfalls nicht.

Die Grafik ist gelungen, Wechsel von Tag und Nacht, Wind und Wetter sind gut umgesetzt. Bei Regen lassen sich die Tropfen auf den Gesichtern erkennen. Die Landschaft ist abwechslungsreich gestaltet. Wälder verlieren sich in Küstenstreifen oder an Berghängen. Doch es fehlt das Damoklesschwert aus den Vorgängern. Die ausweglose, beinahe schon zur Depression neigende Stimmung aus Gothic I, die Melancholie aus Gothic II - mit dem Helden als Hoffungsfunken. Atmosphäre entsteht so nicht. Und das ist auch den Charakteren geschuldet.
Grafisch gibt es bei denen ebenfalls kaum etwas zu meckern. Die Mimik der NPCs ist mit Hang zur Detailgenauigkeit entworfen. Hautporen, Falten sind zu erkennen. Nur das gibt es in anderen Spielen auch. In ArcaniA haben die Charaktere aber keinen Tiefgang, leblose Hüllen ohne Herz, ohne Gefühle. Da nutzt auch die schönste Mimik nichts. So fällt es schwer, sich ernsthaft für irgendjemandes Probleme zu interessierren. Doch davon gibt es reichlich.
"Gehe zu A!", "Rede mit B!" oder "Hol mir C!" - die

Questfülle ist überschaubar. Nebenaufgaben sind selten. Der Weg ist streng vorgegeben. Es fehlt die Freiheit, einfach mal loszuziehen, ein Räuberlager auszuheben, eine versteckte Höhle mit einem magischen Schwert zu finden. Oder stundenlang durch dichtes Unterholz zu laufen auf der Suche nach Fellen, die man verkaufen kann, wenn man vorher gelernt hat, Tieren das Fell abzuziehen. Die Fertigkeiten muss man sich hier übrigens selbst beibringen. Lehrmeister gibt es keine.
Fazit
Anders als in den Gothic-Teilen zuvor lebt Gothic 4 nicht zwingend von einer Story. Die ist dünn und verläuft gegen Ende ins Abstruse. Ein Gildenleben gibt es nicht. Das war aber mit verantwortlich für den Charme der Vorgänger. Gothic-Fans wollen sich Gruppierungen anschließen, auch auf die Gefahr hin, dass sie sich damit den Unmut anderer zuziehen. Eine wie auch immer geartete Beziehung zu den Charaktären kann nicht entstehen, denn auch die sind so platt gehalten wie die Story.
Screenshots aus ArcaniA - Gothic 4
Die Fangemeinde will keine ausgeklügelte Grafik oder Mimik bei den NPCs. Die grobschlächtigen Gesichter ohne jedwede Gefühlsregung sind ihnen ans Herz gewachsen. Denn die hatten Herz, Tiefgang, Launen - und Humor. Apropos: Der Witz hat irgendwie gänzlich die Dialoge verlassen. Kernige Antwort-Optionen wie "Ich hau dir gleich aufs Maul" gibt es schlicht nicht. Stattdessen hecheln wir mit einem allzu angepassten Colin Farrell-Verschnitt durch eine grafisch sehr schöne, aber leblose Landschaft.
Für Neueinsteiger, die Gothic allenfalls für einen düster gehaltene Kleidungsstil halten, ist ArcaniA - A Gothic Tale sicher ein nettes Spiel. Für Gothic-Fans nicht. Die sind besser beraten, zum dreißigsten Mal Gothic II zu spielen. Denn das hat nach wie vor vieles, was ArcaniA nicht hat. Vor allem aber Herz.
ska
Weitere Infos zu Arcania gibt es unter www.arcania.de und über die Community www.worldofgothic.de