Krankschreibung schützt nicht immer vor Kündigung: Wann Ausnahmen gelten
Wenn Sie krank sind, sind Sie unkündbar – das ist ein Mythos. Unter bestimmten Voraussetzungen können Sie auch während einer Krankheit ihren Job verlieren.
Sie sind erkrankt und haben sich ordnungsgemäß bei Ihrem Chef oder Ihrer Chefin krankgemeldet und diese über die voraussichtliche Dauer informiert. Sollten sich die Krankentage bei Ihnen summieren, kann es möglich sein, dass Sie die Kündigung erhalten. Das geht beispielsweise bei häufigen Kurzerkrankungen mit der personenbedingten Kündigung. Ganz so leicht funktioniert das allerdings nicht – es müssen vorher genaue Abwägungen getroffen werden, dabei wird unter anderem auf die Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geachtet – beispielsweise das Alter und die Betriebszugehörigkeit spielen eine Rolle.
Kündigung während der Krankschreibung ist möglich

Der „Gelbe Schein“, den Sie vermutlich aus der Vergangenheit kennen, wenn Sie Ihrem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zugeschickt haben, schützt einerseits nicht vor einer Kündigung und andererseits steht aktuell dessen Ablaufdatum bevor. Ab Januar 2023 müssen Sie Ihrem Arbeitgeber die Krankschreibung nicht mehr zuschicken, dieser fragt im Krankheitsfall Ihre Krankenkasse an und erhält die Daten elektronisch. Was sich allerdings nicht ändert, ist die Tatsache, dass Sie aufgrund von einer Krankheit die Kündigung ausgesprochen bekommen können. Auf der IG-Metall-Webseite schreibt Gewerkschaftsjurist Dr. Till Bender: „Entgegen anderslautenden Gerüchten ist es dem Arbeitgeber nicht verwehrt, eine Kündigung während einer Arbeitsunfähigkeit auszusprechen.“ Damit dies allerdings rechtskräftig ist, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
- Personenbedingte Kündigung: Ein Unterpunkt ist in diesem Fall die krankheitsbedingte Kündigung. Wie die Rechtsanwälte Bietmann auf der eigenen Webseite beschreiben, ist in diesem Fall eine Abmahnung für eine Kündigung nicht erforderlich. Mögliche Gründe für eine Kündigung: wiederholte Kurzerkrankungen, Langzeiterkrankungen mit vielen Krankheitstagen, krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit, dauerhafte Arbeitsunfähigkeit.
- Bietmann berichtet, dass die meisten krankheitsbedingten Kündigungen aufgrund häufiger kurzfristiger Erkrankungen von mehreren Tagen oder Wochen vorkommen. In diesem Zusammenhang kann sich die Arbeitsleistung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verringern.
Ist eine Kündigung im Krankheitsfall sozial gerechtfertigt?
Im Anschluss wird geprüft, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist, dafür werden verschiedene Faktoren angeschaut.
- Negative Gesundheitsprognose: Es muss längerfristig mit Fehlzeiten und weiteren Krankheitstagen gerechnet werden. Bei Langzeiterkrankungen darf keine Aussicht auf Genesung bzw. Rückgewinnung der vollen Arbeitsfähigkeit vorliegen, damit eine Kündigung rechtskräftig Bestand hat. Geprüft wird auch die Art der Erkrankung, dabei wird unterteilt in wiederkehrende Erkrankungen und einmalige Erkrankungen, wie beispielsweise ein Ausfall aufgrund einer Blinddarmoperation.
- Die betrieblichen Interessen des Unternehmens sind beeinträchtigt. Gründe dafür können sein „fehlende Planungssicherheit, Störungen des Betriebsablaufs oder hohe Kosten der Lohnfortzahlung“, berichtet Bietmann.
- Interessensabwägung: Die Kündigung muss das mildeste Mittel sein, wenn dies der Fall ist und die Interessen des Unternehmens schwerer wiegen, als die des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin, kann eine Kündigung wirksam sein. Berücksichtigt werden muss: die Dauer des Arbeitsverhältnisses, betriebliche Krankheitsursachen (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) und das Alter und der Familienstand.
Wie oft darf ich krank sein, ohne meinem Job zu gefährden?
Wenn Sie häufige Kurzerkrankungen haben oder dauerhafte und langanhaltende Erkrankungen haben, müssen Sie mit einer Kündigung rechnen. Arbeitsgerichte prüfen in solchen Fällen die Krankheitsverläufe der vergangenen drei Jahre, wie Gewerkschaftsjurist Dr. Till Bender auf der IG-Metall-Webseite informiert. „War der Beschäftigte in drei Jahren immer mehr als 30 Tage krank, so droht eine Kündigung“, sagt Bender weiter. Sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr als 30 Tage oder sechs Wochen erkrankt, gilt dies als unzumutbar für den Arbeitgeber.