Zwangsarbeit? Jobcenter stellt Frau vor die Wahl
Müssen Arbeitslose eigentlich jeden Job annehmen, damit ihnen die Unterstützung nicht gekürzt wird? Ein kurioser Fall sorgt nun für Klärung.
Der Wiedereinstieg ins Berufsleben ist nicht immer leicht - vor allem, wenn man nicht im Bereich arbeiten möchte, den das Arbeitsamt vorsieht. Konkret geht es um die Arbeit in einem Sexshop, den das Jobcenter in Berlin-Pankow für die Langzeitarbeitslose Sabine R. ausgesucht hat.
Damit sie weiterhin Geld vom Amt bekomme, solle die 40-Jährige doch eine freie Stelle im "Erdbeermung Erotic-Store" annehmen. Dabei sei vom Betreiber des Geschäfts sowohl "Erfahrung im Verkauf" als auch "Aufgeschlossenheit" gewünscht.
Job im Sexshop oder Geld-Kürzung um 60 Prozent
Eine "Rechtsfolgenbelehrung" stellte Sabine R. vor die Wahl: Wenn sie sich weigert, den Job im Schmuddel-Gewerbe anzunehmen, würde das Arbeitslosengeld II um 60 Prozent gekürzt werden. Das berichtet express.de. "Bewerben Sie sich bitte umgehend schriftlich oder per E-Mail. Alternativ stellen Sie sich bitte umgehend persönlich vor," so die Forderung.
"Sex sells gilt nicht für das Jobcenter"
Doch ist das überhaupt erlaubt? Müssen Arbeitslose jeden Job annehmen - ohne mit Sanktionen zu rechnen? Laut einer Anfrage der Linken-Vorsitzenden Katja Kipping bei der Bundesregierung sei das nicht so. "Sex sells gilt nicht für Jobcenter," meint Kipping. "Niemand muss sich in den Sex-Shop vermitteln lassen, wenn er oder sie nicht will."
Arbeit im Sex-Shop ist rechtliche Grauzone
Das Arbeitsministerium reagiert auf die Anfrage der Linken-Politikerin. Zwar sei es illegal, in die Prostitution zu vermitteln, aber bei der Arbeit in Erotik-Shops handele es sich um eine rechtliche Grauzone. So äußerte sich die Parlamentarische Staatsekretärin Anette Kramme (SPD) zu dem Fall:
"Der Unterbreitung von Vermittlungsvorschlägen im Handel und Vertrieb erotischer Waren steht grundsätzlich nichts entgegen. Zum Schutz der individuellen Persönlichkeitsrechte ist allerdings auch in diesen Fällen sensibel vorzugehen. Dementsprechend empfiehlt die Bundesagentur für Arbeit, derartige Vermittlungsvorschläge ohne Rechtsfolgenbelehrung zu versehen, so dass eine Arbeitsablehnung in diesem Bereich sanktionslos bleibt."
Kipping setzt sich nun dafür ein, dass es bei diesen Fällen eine einheitliche Regelung in den Jobcentern gilt. Was aus ihrer Sicht noch besser sei: "Wenn die Hartz IV-Sanktionen endlich abgeschafft wären, würden sich solche Unsicherheiten für Erwerbslose gar nicht erst stellen. Denn dann wäre klar, dass niemand zur Aufnahme einer bestimmten Arbeit unter fragwürdigen oder gar unsittlichen Bedingungen gezwungen wäre."
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mil