Corona-Reinfektion: Warum sich viele Genesene jetzt erneut anstecken

Immer wieder infizieren sich Corona-Genesene wiederholt mit dem Virus. Nun haben Forscherinnen und Forscher den Grund dafür entdeckt.
Kassel - Erst im Frühjahr eine Corona-Infektion überstanden und jetzt schon wieder infiziert: So geht es zurzeit Tausenden Menschen in Deutschland. Auffällig viele Genesene infizieren sich aktuell mit der Omikron-Variante BA.5. Und das hat einen Grund: Antikörper von Genesenen schützen kaum vor dem Subtypen BA.5. So lautet das Ergebnis einer Studie von Forscherinnen und Forschern des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) der Medizinschule Hannover und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Drei Impfungen könnten die Corona-Mutante zwar einigermaßen neutralisieren, aber die Wirkung sei gegenüber früheren Varianten abgeschwächt.
Wer einmal mit dem Coronavirus infiziert war und sich dann noch mal ansteckt, hat eine sogenannte Reinfektion. Und das Risiko, sich nach einer Infektion mit Omikron jetzt erneut anzustecken, ist 5,41-mal höher, als es bei der vorherigen Varianten Delta der Fall war. Das zeigte eine Untersuchung des Londoner Imperial College. Wie lange man nach einer Infektion geschützt ist, lässt sich nicht sagen, so Prof. Jonas Schmidt-Chanasit, Virologe an der Universität Hamburg.
Corona-Reinfektion: Forschende untersuchten Immunflucht
Die Wahrscheinlichkeit, nur wenige Wochen nach einer Corona-Infektion eine erneute Infektion durchzumachen, sei aber sehr niedrig. „Das kann vorwiegend dann vorkommen, wenn eine neue Immunflucht-Variante im Umlauf ist, die unsere Immunität teilweise unterwandern kann. Wir konnten das vor allem beobachten als Delta von Omikron abgelöst wurde“, sagte er.
Die Forscherinnen und Forscher am Deutschen Primatenzentrum haben untersucht, wie stark dieser Immunflucht-Effekt bei den neuen Omikron-Varianten ist. Dafür konfrontierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedene Omikron-Varianten mit Antikörpern aus dem Blutserum von ungeimpften Omikron-Genesenen. Zudem untersuchten sie Antikörper von drei Geimpften sowie Geimpften mit anschließender Infektion. Das Ergebnis: Bei den Ungeimpften, die sich im Frühjahr mit den Omikron-Untervarianten BA.1 oder BA.2 infiziert hatten, waren die Antikörper gegen BA.4 und BA.5 kaum aktiv.
Die Forschenden gehen davon aus, dass eine durchgemachte Infektion mit BA.1 oder BA.2 nur einen geringen Schutz vor einer nachfolgenden Infektion mit BA.4 oder BA.5 bietet. Das bestätige, dass es sich bei BA.4 und BA.5 um Immunflucht-Varianten handelt. Der Erreger habe sich also daran angepasst, dass viele Menschen entweder genesen oder geimpft sind und Antikörper gegen das Coronavirus haben.
Corona: Eine Reinfektion hängt von vielen Faktoren ab
Dennoch: Nach dreifacher Impfung waren die Antikörper gegen BA.4 und BA.5 wirksam – allerdings deutlich schwächer als gegen frühere Varianten. Zudem zeigte sich, dass BA.2.12.1, BA.4 und BA.5 weniger effizient gehemmt wurden als BA.1 und BA.2. Ähnliche Ergebnisse wurden auch für Antikörper erhalten, die nach Impfung und anschließender Durchbruchsinfektion gebildet wurden. „BA.2.12.1 sowie insbesondere BA.4 und BA.5 sind Antikörperfluchtvarianten. Die Impfung wird dennoch vor einem schweren Verlauf schützen, der Schutz wird jedoch wahrscheinlich etwas geringer ausfallen als bei den vorher zirkulierenden Varianten“, sagte Markus Hoffmann, Mitautor der Studie.
Eine erneute Infektion hänge von vielen Faktoren ab, sagte Schmidt-Chanasit: „Je länger der letzte Viruskontakt her ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, sich erneut zu infizieren. Das gilt auch für Durchbruchsinfektionen nach einer Impfung. Außerdem ist zum Beispiel auch entscheidend, welcher Viruslast man ausgesetzt wird“. Es mache einen Unterschied, ob man nur mit wenigen Viren – zum Beispiel über die Nasenschleimhaut – in Kontakt kommt oder eine große Menge Viren aufgenommen werden. (Jan Wendt)