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Henry van de Veldes dunkle Jahre in Weimar

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Henry van de Velde © dpa

Antwerpen - Der Architekt und Designer Henry van de Velde war ein "Allrounder", der den Jugendstil prägte, wie kein Zweiter. Zu seinem 150. Geburtstag schenkt ihm Google ein Google Doodle. TEIL II

Mit dem 1902 gegründeten Kunstgewerblichen Seminar gelang es Henry van de Velde, Kunst, Industrie und Handwerk in Praxis und Theorie zu vereinen. Zahlreiche Häuser, von seinem eigenen Wohnhaus „Hohe Pappeln“ und dem Nietzsche-Archiv bis zum heutigen Hauptgebäude der Bauhaus-Universität sind Stein gewordene Zeugnisse seines Ideenreichtums. In Gera kündet das Haus Schulenburg und in Chemnitz (Sachsen) das Wohnhaus Esche von seinem Wirken in Mitteldeutschland. „Van de Velde wurde damit zu einem Wegbereiter der Moderne und des Weimarer Bauhauses“, würdigt Matschie den Jubilar.

Van de Velde blickte verbittert auf die Weimarer Kriegszeit zurück

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Henry van de Veldes sanierte Jugendstilvilla Esche in Chemnitz. Die Villa Esche ist ein Kulturdenkmal von europäischem Rang. © dpa

„Van de Velde wurde damit zu einem Wegbereiter der Moderne und des Weimarer Bauhauses“, würdigt Thüringens Kulturminister Christoph Matschie (SPD) den Jubilar. Deutschland und Weimar sollten aber auch für düstere Tage im Leben Van de Veldes und seiner Familie stehen. Als Belgier war er während des Ersten Weltkrieges für die Deutschen ein „feindlicher Ausländer“, für die Belgier, die von der kaiserlichen deutschen Armee überrannt wurden, hatte er den Ruf eines Kollaborateurs. 1917 verlässt Van de Velde Deutschland, nicht ohne zuvor den Architekten Walter Gropius als seinen Nachfolger in Weimar empfohlen zu haben. 1919 gründete Gropius in den Schulgebäuden Van de Veldes das Staatliche Bauhaus. Es sollte die einflussreichste Architektur -und Designschule des 20. Jahrhunderts weltweit werden.

In seinen Memoiren, geschrieben in seinen letzten Lebensjahren in der Schweiz, blickt Van de Velde auch verbittert auf die Weimarer Kriegszeit zurück. Heftigen Intrigen aus Künstlerkreisen ausgesetzt, hatte er jedoch zwischen den Fronten keine Wahl als auszuharren. „Ich schauderte vor dem Gefühl völliger Verlassenheit, vor apokalyptischen Visionen, vor der Gefahr des Wahnsinns“, zitiert die Autorin Ursula Muscheler in ihrem Buch „Möbel, Kunst und feine Nerven“ Van de Velde. Er glaube nicht daran, dass es für ihn, den Belgier und damit Ausländer, in Deutschland jetzt und nach dem Krieg eine Zukunft gebe, schrieb er in einem Brief.

Google Doodle: Das Logo als Spiegel des Tages

Für Muscheler ist ein „Mann mit weit gesteckten Zielen“ in Weimar - einem „Hort abgelebter Tradition und bornierten Kleinstadtgeistes“ - fehl am Platz gewesen. Der Weimarer Kunsthistoriker Thomas Föhl widerspricht: Van de Velde habe hier zuletzt eine depressive Schaffenskrise durchlebt.

Van de Velde hatte Deutschland 1917 nahezu mittellos über den Bodensee in Richtung Schweiz verlassen. Später entwarf er ein Privatmuseum in den Niederlanden. 1925 erhielt er eine Professor für Architektur an der Universität Gent und kehrte in die Heimat zurück. 1926 wurde er Direktor des neuen Instituts Supérieur des Arts Décoratifs in Brüssel. Im hohen Alter wirkte er noch an den Weltausstellungen in Paris 1937 und in New York 1939 mit. Nach dem Zweiten Weltkrieg wegen seiner Tätigkeit unter deutscher Besatzung in Belgien angefeindet, zog er 1947 in die Schweiz und starb 1957 in Zürich.

dpa

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