Auch sollte der Baum am Ende, damit Ernte und Pflege leicht fallen, nicht höher als etwa zwei Meter werden. Bei der „Erziehung“ werden ausgewählte, geeignete Äste am Spaliergerüst nach einer individuell gewählten Form festgebunden und alle überflüssigen mit der Astschere entfernt, erklärt Baumschul-Gärtnermeister Heinrich Niggemeyer von der Baumschule Pflanzlust aus Wolfhagen.
Das Gerüst besteht aus zwei Holzpfosten, je zwei Meter hoch, mit vier dazwischen übereinander in je 50 Zentimetern Abstand waagerecht gespannten Drähten oder Querlatten. Es sollte mindestens 40 Zentimeter Abstand zur Hauswand oder Mauer haben, damit eine Belüftung des Baums gewährleistet ist.
Ein Busch- oder Halbstamm ist für die Spaliererziehung ideal, da dieser auf einer schwachwüchsigen Unterlage veredelt wurde. Die zu erwartende Endhöhe liegt bei maximal drei bis vier Metern. Ein Hochstamm kann dagegen locker sechs bis acht Meter erreichen. Vom Stamm eines Buschbaums gehen in der Regel in etwa 50 bis 60 Zentimetern Höhe bereits die ersten Zweige seitlich ab.
Geeignete Seitentriebe, die noch jung und biegsam sind, können schon direkt nach dem Pflanzen im Herbst oder Frühjahr (bei frostempfindlichen Obstsorten) waagerecht mit mitteldickem Bindeband (zum Beispiel Sisal, das schneidet nicht ein) am untersten Draht befestigt werden. Diese „Leitäste“ bilden das künftige Grundgerüst des Spalierbaumes. Die waagerechte Bindung fördert (anders als beim natürlich wachsenden Obstbaum) zudem den Fruchtansatz. Die kurzen Fruchttriebe, die aus dem Leit-ast wachsen, können mehrere Jahre lang Obst tragen.
Nach dem Anbinden werden die noch jungen Leittriebe an der Spitze gekappt, um das weitere, in dieser Richtung sehr erwünschte Wachstum anzuregen. Gleichermaßen verfährt man mit weiteren Seitentrieben weiter oben in der zweiten, dritten und vierten Etage, wo ebenfalls nach links und rechts je nur ein(!) junger Zweig in etwa der richtigen Höhe behutsam waagerecht gebogen und am Draht befestigt wird. Alle weiteren, überflüssigen Zweige, die an falschen Stellen, nach vorn oder hinten wachsen, werden entfernt. „Die Form des künftigen Spalierbaumes wird vom Gärtner erzogen, nicht etwa geschnitten“, betont Niggemeyer.
Bei der Schnittpflege eines jeden Obstbaumes – egal ob er in einer individuell festgelegten Spalierform oder nach allen Seiten wachsen darf – kommt es vor allem auf den Zeitpunkt an: Denn je nachdem, ob man im Herbst/Winter oder aber im Sommer die Schere ansetzt, reagiere der Baum mit völlig unterschiedlichem Wuchsverhalten, erklärt der erfahrene Baumschulgärtner. Grundsätzlich gilt: Winterschnitt (laubloser Zustand) regt einen starken Austrieb an – und führt etwa an Apfelbäumen zu den gefürchteten „Wassertrieben“. Beim Sommerschnitt (belaubter Zustand) ist der Austrieb viel weniger stark. Deshalb sei es bei der Spaliererziehung wichtig, zu wissen, ob ein starker Austrieb an dem Trieb erwünscht ist oder eben nicht – und entsprechend den Schnittzeitpunkt auf den Herbst oder Sommer zu legen.
Wenn die gewünschte Spalierform nach ein paar Jahren erreicht sei, brauche der Baum, so Niggemeyer, im Prinzip nur noch zur Erhaltung der Form einen Pflegeschnitt – und zwar stets im Sommer.
Tipps zum Spaliergärtnern gibt es auf der Website des Gartenjournals .
Über die Spaliererziehung eines Obstgehölzes informiert anschaulich Katis Gartenblog.
Über Spalierbaumschnitt informiert in einem Video auf Youtube der Blogger „Der Gartencoach“
Über Spalierobsthecken informiert online die Bayerische Gartenakademie.
Im Buch „Spalierobst im Garten“ (blv-Verlag) gibt der aus Kassel stammende Baumschulgärtner Heinrich Beltz, Leiter Sachgebiet Baumschulen bei der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Bad Zwischenahn, viele Tipps zu Anbau, Schnitt und Pflege.
Am Gartentelefon Kassel gibt Dieter Levin-Schröder praktische Hausgarten-Tipps, Tel. 05 61/72 99-3 77 (jeweils montags bis freitags, 9-11 Uhr, mittwochs 14-16 Uhr)
(Von Gisela Busch)