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Für jeden Garten ist ein Gras gewachsen

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Von: Gisela Busch

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Wild und bunt: Staudenwiese mit trockenheitsresistenten Blütenstauden.
Wild und bunt: Staudenwiese mit trockenheitsresistenten Blütenstauden. © Joachim Hegmann

Gräser sind ungeheuer vielseitig. Neben ihrer Robustheit faszinieren sie durch Anmut und Leichtigkeit. Der Gartengestalter Dr. Joachim Hegmann stellt hier seine Gestaltungsideen für harmonische Beetgemeinschaften mit Gräsern an Sonnenplätzen und Schattenecken vor.

Von Natur aus sind Gräser überall auf der Welt zuhause – vielfach behaupten sie sich unter sehr unwirtlichen Umständen, etwa in Steppen und Halbwüsten. Ihren Ruf als unkomplizierte Zierpflanzen für den Garten haben Gräser zuletzt während der heißen und trockenen Sommer der vorigen Jahre eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Dr. Joachim Hegmann, Gartengestalter
Dr. Joachim Hegmann, Gartengestalter © Abu El-Qumssan, William-Samir, Campus botanicus

„Grazile Harfenklänge“ sind ein Herzensanliegen

Für Dr. Joachim Hegmann, Gartengestalter aus dem rheinland-pfälzischen Limburgerhof bei Ludwigshafen, ist es seit vielen Jahren ein Herzensanliegen, Gartenbesitzer für die „grazilen Harfenklänge“ von Chinaschilf, Rutenhirse, Blauschwingel, Lampenputzergras & Co. zu begeistern. Der promovierte Chemiker erschafft „Gärten mit Seele“, verwendet vor allem Wildpflanzen und arbeitet seit 2015 hauptberuflich als Gartengestalter – zudem hält er Vorträge und schreibt Bücher. Fasziniert vom benachbarten Schau- und Sichtungsgarten Hermannshof in Weinheim/Bergstraße, wurde er bei der Entwicklung seines ganz eigenen Stils beeinflusst von den Staudengärten Piet Oudolfs und vom ebenso simplen wie genialen Credo der englischen Kiesgärtnerin Beth Chatto, das da lautet: „Right plant – right place“.

Für Gräser braucht es Kenntnis und Fantasie

Trotz der vielen Vorzüge, mit denen Gräsern punkten können, sind es oft immer noch Blütenpflanzen und ausgefallene Raritäten, die das Rennen um den begrenzten Raum im Garten machen. Kaum verwunderlich, denn beim Anblick unscheinbarer heimischer Jungpflanzen, die meist nicht im sonnigen Süden zu stattlicher Größe vorkultiviert wurden, braucht es ein paar Pflanzenkenntnisse und noch mehr Fantasie, um sich schon bei der Planung vorzustellen, wie das Beet mit den dereinst ausgewachsenen Gräserstauden einmal aussehen könnte.

Ein Hauch von Prärie: Garten-Reitgras ‘Karl Foerster’ neben fluffigem Federgras und rotem Schein-Sonnenhut.
Ein Hauch von Prärie: Garten-Reitgras ‘Karl Foerster’ neben fluffigem Federgras und rotem Schein-Sonnenhut. © Bettina Banse / Grünes Medienhaus

Blütenstauden als Partner im Beet

Weil Gräser im Gegensatz zu den Blüten der Stauden vor allem durch ihre Struktur beeindrucken, sind sie nicht nur perfekte Solisten, sondern auch geniale Beetpartner. „Für jedes Gras gibt es die passende Staude – und umgekehrt“, sagt Gartengestalter Hegmann: „Steppengräser wie zum Beispiel die Federgräser (Stipa) lassen sich bestens durch trockenheitsverträgliche Steppen-Stauden wie Steppensalbei, Wiesensalbei, Scharfgarbe, Blauraute und Skabiose ergänzen.“ Zu den Präriegräsern wie Rutenhirse oder Tautropfengras gesellen sich vorteilhaft Präriestauden wie Roter Sonnenhut, Indianernessel, Goldrute, Bartfaden, Kokardenblume oder Mädchenauge.

Gräser mit hoher Trockenheitstoleranz

Im Hinblick auf die zunehmende Sommertrockenheit erspart es laut Hegmann gerade in wärmeren Regionen mit relativ geringen Niederschlägen viele Gießgänge, wenn man trockenheitstolerante Blütenstauden und Gräser verwendet. Solche „Präriestauden“ hätten ein tiefes Wurzelwerk und seien damit gut angepasst an sommerliche Trockenperioden. Aber auch heimische Stauden, die an trockeneren Wiesenstandorten oder Trockenrasen beheimatet sind, kämen sehr gut mit geringeren Niederschlägen und heißen Sommern zurecht.

Gräser für den Schatten

Neben den Sonnenanbetern gebe es aber auch dekorative Gräser-Arten für schattige Bereiche, erklärt der Experte: „Die allermeisten Seggen (Carex) und Marbeln (Luzula) gedeihen in der Natur an halbschattigen bis schattigen Standorten am Waldrand oder auch im Wald. Sie sind sehr gut angepasst an die Lichtverhältnisse dort und ertragen auch kurze Trockenperioden.“ Auch das Herbstkopfgras (Sesleria autumnalis) komme mit weniger Licht klar, erklärt Hegmann: „Dieses wunderschöne, wintergrüne Gras lässt sich fast mit jeder Staude kombinieren.“

Auch im Topf eine edle Erscheinung: Das Japangras ‘Albostriata’ (Hakonechloa macra) mit dem breitpolstrigem Wuchs.
Auch im Topf eine edle Erscheinung: Das Japangras ‘Albostriata’ (Hakonechloa macra) mit dem breitpolstrigem Wuchs. © Bettina Banse/GMH

Sichtschutz-Gräser für kleine Gärten

Vor allem in kleinen Gärten ist Sichtschutz ein großes Thema. Statt giftigem, ökologisch nutzlosem Kirschlorbeer oder – schlimmer noch – folienverkleideter Stabmattenzäune sind Gräser und Blütenstauden eine sinnvolle Alternative. „Mit einer Kombination aus höheren Gräsern wie Chinaschilf (Miscanthus), Reitgras (Calamagrostis ‚Karl Foerster’) oder auch hohen Sorten der Rutenhirse (Panicum ‚Northwind’) und hohen Blütenstauden wie Staudensonnenblume (Helianthus microcephalus ‚Lemmon Queen’), Sonnenauge (Heliopsis helianthoides ‚Venus’) oder Purpurdost (Eupatorium) lassen sich sehr schöne „Staudenhecken“ gestalten, die im Sommer nicht nur als Sichtschutz dienen, sondern auch wundervoll blühen und damit auch Wildbienen anlocken“, empfiehlt Hegmann.

Frühe und späte Arten im Gräsergarten

Bei der Pflanzplanung muss man beachten, dass die meisten heimischen Gräser wie die Kopfgräser (Sesleria), Reitgräser (Calamagrostis) und alle Wiesengräser schon zeitig im Frühjahr austreiben und schon im Frühsommer (Mai/Juni) ihren Höhepunkt erreichen. Die meisten Präriegräser und auch Chinaschilf – das sind alles sogenannte „Warm Season Gräser – haben erst im Spätsommer ihren großen Auftritt. Höhere Gräser sollte man eher einzeln oder in Kleingruppen pflanzen, mittelgroße und niedrige Gräser wirken sehr gut in größeren Gruppen oder sollten in höherer Stückzahl im Beet verteilt werden.

Spätsommer-Duett: Das fedrige Lampenputzergras (Pennisetum) stützt fedrig die blauen Astern.
Spätsommer-Duett: Das fedrige Lampenputzergras (Pennisetum) stützt fedrig die blauen Astern. © elegrass/nh

Auch wenn die meisten Gartenbesitzer winterharte Gräser bevorzugen, gibt es für den Gartengestalter besondere Lieblinge, die in unseren Breiten zwar frostgefährdet sind, aber derart bezaubern, dass man es mit ihnen versuchen sollte. „Eines meiner Lieblingsgräser ist das Amerikanische Federgras (Nassella tenuissima). In nassen Wintern auf schweren Böden oder in sehr kalten Regionen kann es „auswintern“, also zugrunde gehen. Wenn man es aber an trockeneren Standorten mit eher sandigen oder mit Kies aufgelockerten Böden mit ihm versucht, dann fühlt es sich meist sehr wohl.“ Dieses feine Gras bewege sich schon beim leisesten Windhauch und lasse sich mit anderen trockenheitstoleranten Stauden bestens kombinieren.

Rückschnitt erst im Frühjahr

Wie die allermeisten Stauden sollten Gräser erst im beginnenden Frühjahr ab März zurückgeschnitten werden – und zwar etwa zehn Zentimeter hoch über dem Boden. Gräser, die schon im Herbst umkippen, wie die Pfeifengäser (Molinia), können auch früher eingekürzt werden. Anders ist es bei Arten, die im Frühjahr noch grün sind (wie viele Sesleria und Carex). Die schneidet man grundsätzlich nur leicht zurück. Dies gilt auch für das Federgras (Nassella), dessen grüner Wuschelschopf nur leicht ausgekämmt werden möchte. Allenfalls kürzt man nur leicht die Spitzen.

Buchtipp: „Wilde Wiesen gestalten“, Joachim Hegmann und Katrin Lugerbauer, Ulmer, 28 Euro.

Vortrag von Joachim Hegmann über „wilde Wiesen“ auf Youtube

(Von Gisela Busch)

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