Kiwibeeren: „Julia“ und „Romeo“ sind ein nachhaltiges Superfood

Kiwibeeren: Nachhaltiger als die behaarten Exotenfrüchte
Die Begeisterung für Kiwibeeren wurde Richard Hamann schon zu Kinderzeiten von seinem Großvater Werner Merkel ans Herz – oder besser: in den Mund – gelegt. Denn Naschen war ausdrücklich erlaubt im Familiengarten in Chemnitz, wo der Opa schon seit Jahren süße, kleinfrüchtige Kiwis anbaute. Merkel war Hobbygärtner und Wildobstsammler. Schon zu DDR-Zeiten war er beruflich viel um die Welt gereist und hatte vor über 40 Jahren seine ersten Kiwibeeren mit nach Chemnitz gebracht.
Kaum sonst ein Hobbygärtner hier habe sich damals mit den pflaumengroßen Exoten aus dem fernen Asien beschäftigt, erzählt Richard Hamann. Nach Jahren des Sammelns und Experimentierens, vor allem mit winterharten Sorten, sei dem Opa Mitte der 2000er Jahre die Züchtung einer völlig neuen Actinidia-Hybride gelungen: „Julia“ eroberte die Naschobst-Bühne – gemeinsam mit dem für den Ernteerfolg unentbehrlichen „Romeo“ .

Später kamen auch weitere Sorten des Chemnitzer Kiwibeeren-Pioniers (unter anderem ´Fresh Jumbo´, ´Super Jumbo´, ´Cinderella´ und ´Red Jumbo´) nach mehrjähriger Prüfung durch die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim in den Handel. Kiwibeeren gehören – wie die großen Geschwister, die nicht winterharten Kiwis – botanisch zur Familie der Actinidia arguta, wobei der wenig schmeichelhafte deutsche Name „Scharfzähniger Strahlengriffel“ nicht gerade an ein vitaminreiches Superfood denken lässt.
Winterharte Früchte sind wahre Vitaminbomben
Hamann, inzwischen selbst Kiwibeeren-Spezialist, hat nicht nur die züchterische Arbeit seines Großvaters fortgesetzt, sondern sie mit dem Unternehmen „Kiwiri“ auf professionelle Füße gestellt. Der 33-Jährige möchte die süßen Kiwibeeren als „nachhaltiges Superfood, das deutlich reicher an Vitamin C ist als jede Zitrone und mit lebenswichtigen Antioxidantien, Lutein und vielen Mineralien punkten kann“, hierzulande bekannter machen, vor allem als Obst für den Hausgarten.
Kiwibeeren: Süße Früchtchen sind im Herbst erntereif
Bei den Früchten die von September bis Oktober erntereif sind, handele es sich um kleine, gesundheitsfördernde „Vitalstoff-Bomben“, die problemlos in jedem Garten oder im Kübel auf dem Balkon angebaut werden könnten.
Die glattschaligen Früchte, die mitsamt der Schale verspeist werden, schmeckten deutlich aromatischer als ihre großfruchtigen, behaarten Verwandten, deren Anbaumenge laut dem Statistik-Portal statista.com seit den 1990er-Jahren weltweit rasant steigt. Die Früchte haben oft lange Transportwege, da sie vor allem in China und Neuseeland produziert werden. Die Ware in deutschen Supermärkten kommt laut dem Portal vor allem aus Italien, Neuseeland und Griechenland.

Kiwibeeren: Viel nachhaltiger als importierte Exoten
„Da sind selbstangebaute Kiwibeeren deutlich nachhaltiger“, sagt Hamann, wachsen sie doch bei uns vor der Haustür. Gepflanzt werden kann im Herbst und im Frühjahr. Früchte tragen die Pflanzen je nach Sorte erstmals etwa im dritten Jahr nach der Pflanzung, erklärt Züchter Hamann. Sie schmecken vollreif vom Strauch geerntet frisch am besten, lassen sich aber auch für Müsli trocknen oder zu Marmelade verarbeiten.
Tipps: Info zu Pflanzung und Fruchtholzschnitt im Kiwi-Wiki.
Gartenfesttermine 2022: Herbstzauber Laubach/Kreis Gießen: 2. bis 4. September; Herbstzauber Kassel: 23. bis 25. September.
Kiwibeeren: So gelingt der Anbau
Die wilden Verwandten der Kiwibeeren waren in den kalten Wäldern Asiens zuhause, weshalb die meisten Sorten mit unseren mitteleuropäischen Wintertemperaturen von bis zu -30 Grad Celsius problemlos zurechtkommen.
Selten können Spätfröste dazu führen, dass die frühen Austriebe zurückfrieren. Als schlingende Klettersträucher mit langen, dünnen Trieben können sie bis zu sechs Meter Höhe erreichen. Fast alle Sorten sind „zweihäusig“, sind also weiblich oder männlich: Bis zu sechs Pflanzen mit weiblichen Blüten brauchen daher eine männliche Pflanze als Befruchter in ihrer Nähe.

Als flachwurzelnde Waldbewohner mit hohem Nährstoffappetit freuen sich Kiwibeeren über humusreiche Erde (pH-Wert-idealerweise bis 7), regelmäßige Hornspäne-Gaben sowie genug Feuchtigkeit und Schatten in ihrem Wurzelbereich.
Nach dem Einsetzen in ein reichlich großes Pflanzloch (mindestens 40 x 40 x 30 Zentimeter), sollte die Baumscheibe immer mit schützendem Mulchmaterial oder Rasenschnitt abgedeckt werden, um die Feuchtigkeit möglichst lange im Boden zu halten. Vor allem an sonnigen Standorten ist solch eine Abdeckung unverzichtbar, sonst erwärmt sich die Erde zu stark und die oberflächennahen Wurzeln vertrocknen.
Achtung: Staunässe gefällt den Kiwibeeren (wie den meisten Pflanzen) gar nicht. Daher sollte der Boden vor dem Pflanzen tiefgründig aufgelockert werden. Bei Kultur im Kübel muss dieser reichlich groß gewählt und vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden.
Als Kletterpflanzen brauchen Kiwibeeren eine Rankhilfe: Ein Spalier mit waagerechten Spanndrähten (ähnlich wie beim Obstanbau) ist ideal, um die Pflanzen zu hohem Fruchtertrag (drei bis vier Jahre nach Pflanzung) bei wenig Schnittaufwand zu „erziehen“. Es bieten sich auch Pergolen, Spanndrähte, Rosenbögen oder Zäune als Kletterhilfen an.
Geerntet werden Kiwibeeren je nach Sorte im September und Oktober. Die Sorten mit rotem Fruchtfleisch reifen schon im September, die grünen folgen später im Oktober.
(Von Gisela Busch)