Fahrlässige Tötung, Körperverletzung, Betrug: Staatsanwaltschaft klagt Ex-Wilke-Chef an

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Kassel im Fall Wilke Wurstwaren sind abgeschlossen. Die Behörde wird gegen den damaligen Geschäftsführer Klaus Rohloff, die ehemalige stellvertretende Geschäftsführerin und den früheren Produktionsleiter Anklage erheben, unter anderem wegen fahrlässiger Tötung in elf Fällen.
Jahrelang hat die Kasseler Staatsanwaltschaft ermittelt, nun ist die umfangreiche Untersuchung abgeschlossen, die rund 160 Aktenordner füllt. Die Behörde sieht „hinreichenden Tatverdacht“, sagt Andreas Thöne, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die zwei Männer und eine Frau müssen sich nicht nur wegen fahrlässiger Tötung verantworten, auch fahrlässige Körperverletzung in sieben Fällen, Betrug in siebzehn Fällen und 101 Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch sehen die Ermittler als gegeben an. Gegen den Ex-Geschäftsführer und seine damalige Stellvertreterin gibt es darüber hinaus weitere Vorwürfe: Es geht um vierfache versuchte gefährliche Körperverletzung durch Unterlassen.
Die Staatsanwaltschaft habe zudem ermittelt, dass im Betrieb „schlechte hygienische Bedingungen herrschten, was Ursache für die Ansiedelung, Vermehrung und Verbreitung von Listerien gewesen sein soll“. Zudem bestehe der Verdacht, dass „der Betrieb regelmäßig Überproduktionen generiert habe, sodass Fleisch- und Wurstware überlagert worden und verdorben sei. Teilweise soll verdorbene Ware sogar aufbereitet bzw. überlagerte Ware mit einem unwahren Mindesthaltbarkeitsdatum versehen und in Verkehr gebracht worden sein“. Die drei Beschuldigten, so hält die Staatsanwaltschaft fest, hätten „Kenntnis über die schlechten hygienischen Produktionsbedingungen und den regelwidrigen Umgang mit überlagerter und verdorbener Ware gehabt“. Dies soll zur Infektion der letztlich elf Verstorbenen zwischen 47 und 86 Jahre geführt haben. Die entstandene Listeriose soll „zumindest mitursächlich für deren Ableben gewesen sein“.
Sieben weitere Personen hätten ebenfalls eine – allerdings nicht tödlich – verlaufende Listeriose entwickelt. Die Infizierten hätten „erhebliche Krankheitssymptome“ entwickelt, was die Staatsanwaltschaft als hinreichend für den Tatverdacht der fahrlässigen Körperverletzung sieht.
Eine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens am Landgericht ist bisher nicht ergangen. jj