In diesem Halbjahr begeben sie sich auf eine „Zeitreise“: Sie sind jeden Montag für anderthalb Stunden in der Hofbibliothek, um in Original-Texten der Zeit etwas über diese Epoche herauszufinden. Ihre Geschichtslehrerin Tina Römer, der Mengeringhäuser Germanist und Historiker Prof. Jürgen Wolf und das Team der Hofbibliothek unterstützen sie dabei. Das ist zum Teil auch notwendig, sind doch viele Bücher in alter Fraktur-Schrift gedruckt.
Jedes Treffen beginnt mit einer kurzen Vorstellung von Arbeitsergebnissen. Dann widmen sich die Schüler in kleinen Gruppen wieder den etwa 300 Jahren alten Büchern, Karten und Plänen, die ihren etwas über die Epoche verraten sollen. Den Ertrag ihrer Forschung fassen sie in Hausarbeiten zusammen.
Die Schüler sollen im Projekt lernen, eigenständig zu arbeiten. Die Idee ist, die Schüler über die Arbeit mit den zeitgenössischen Originalbeständen der Hofbibliothek an die Epoche heranzuführen. Einzeln oder zu zweit sollten sie sich ein Buch auswählen, es für sich „genau entdecken“ und es beschreiben.
Danach sollen sie Fragestellungen zu einem Thema entwickeln und dann forschen – Projektmotto: „Bücher der Fürstlichen Hofbibliothek erzählen“. Zur Einordnung ziehen sie weitere Bücher aus der Sekundärliteratur hinzu. Am Ende schreiben sie eine Hausarbeit mit fünf Seiten Text sowie Literaturangaben und einem Anhang mit Fotos.
Für die Schüler sei es eine große Herausforderung, Wissen über die Zeit zu sammeln, berichtet Tina Römer. „Aber sie haben einiges herausgefunden.“ Jede ihrer Hausarbeiten sei ein Baustein, beschreibt ihnen Prof. Wolf. Das Schloss mit seiner Ausstattung, das Bildungsideal – „es gehört alles zusammen“ und bilde die „große Idee“ der barocken Zeit. „Am Schluss habt ihr vielleicht diese Idee.“
Staatsphilosophen wie Jean Bodin und Thomas Hobbes entwickelten nach dem brutalen Dreißigjährigen Krieg Lehren, wie ein modernes Staatswesen aussehen sollte. Auf dieser geistigen Grundlage kam im 16. und 17. Jahrhundert eine Regierungsform auf, in der ein Herrscher möglichst uneingeschränkt regieren sollten, eben absolut.
Doch den Begriff „Absolutismus“ hätten weder die Philosophen noch die damaligen Herrscher „von Gottes Gnaden“ gekannt, fasst Prof. Wolf zusammen: Er ist eine Erfindung aus dem 19. Jahrhundert. Die moderne Geschichtswissenschaft spricht inzwischen lieber vom „Zeitalter des Barock“ – denn absolut hat niemand regiert.
Das galt gerade für die Fürsten von Waldeck und Pyrmont. Der erste, Georg Friedrich, hinterließ keine Nachkommen. Sein Neffe Friedrich Anton Ulrich sicherte sich den Titel 1712 ebenfalls. Als äußeres Zeichen seiner Würde ließ er in Arolsen ein barockes Schloss erbauen und gründete die Stadt, weitere Schlösser ließ er ausbauen.
Das Geld für die gewaltigen Bauvorhaben und die teure Hofhaltung hatte er nicht, er verschuldete sich. Das rief die Waldeckischen Landstände auf den Plan, die Steuern und Abgaben genehmigten mussten. Die Fürsten mussten sich mit den Vertretern des Adels, der Bauernschaft und der Städte arrangieren. Absolut herrschen? Undenkbar bei diesen Abhängigkeiten.
Selbst der Muster-Regent der Epoche, der französische „Sonnenkönig“ Ludwig XIV., konnte nicht einfach frei schalten und walten. Deshalb kommt Prof. Wolf zum schlichten Schluss: „Den Absolutismus gab es nicht.“
Die besten Arbeiten sollen bei kleinen Vorträgen präsentiert werden. Auch ein Buch mit allen Arbeiten könnte es geben.
Außerdem schreibt Prof. Wolf über das Projekt einen Bericht für die Marburger Universität – dort studieren die Geschichtslehrer von morgen. Und die können von guten Unterrichtsideen aus der Schulpraxis wie in Bad Arolsen ja nur profitieren.