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NS-Geschichte in Bad Arolsen sichtbar machen

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Von: Elmar Schulten

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An die früheren Häftlinge im Außenkommando Artur des Konzentrationslagers Buchenwald wird in einer Zelle des Stabsgebäudes der ehemaligen Arolser SS-Kaserne und mit Gedenktafeln erinnert.
An die früheren Häftlinge im Außenkommando Artur des Konzentrationslagers Buchenwald wird in einer Zelle des Stabsgebäudes der ehemaligen Arolser SS-Kaserne und mit Gedenktafeln erinnert. © Elmar Schulten

Mit einem Workshop zur „Sichtbarmachung der NS-Geschichte in Bad Arolsen“ will die Stadt, die einst die SS-Führerschule für den Verwaltungsdienst beherbergte, auch eine alte Schuld begleichen, wie Bürgermeister Marko Lambion betont.

Viel zu lange sei das unangenehme Thema verdrängt worden. Erst durch die Recherchen und Buchveröffentlichungen der CRS-Lehrer Michael Winkelmann und Dr. Bernd Zimmer seien die Geschichte der SS-Kaserne und die Verstrickungen der Stadtgesellschaft in den nationalsozialistischen Unrechtsstaat deutlich geworden.

In jüngster Zeit sei durch die Einrichtung eines Museums mit dem Namen „Historicum 21“ im ehemaligen Stabsgebäude der Kaserne ein Erinnerungsort geschaffen worden.

Sind Stolpersteine die richtige Methode?

Dabei solle es aber nicht bleiben. Deshalb habe das Stadtparlament eine Kommission gegründet, in der Vertreter der Schulen, Kirchen, des Stadtparlamentes und des Fürstenhauses über die Sichtbarmachung der NS-Vergangenheit der Stadt beraten. Ein Thema sei dabei die Frage, ob Stolpersteine in den Gehwegen die richtige Methode seien.

Bei einem Workshop am 11. März im Bürgerhaus sind alle interessierten Bürger, vor allem auch Jugendliche, eingeladen, ihre Gedanken zur bisherigen und künftigen Erinnerungskultur zu formulieren.

Alles ansprechen, nichts vorschnell bewerten

Nach einem Impulsvortrag, in dem die vielen unterschiedlichen Ebenen der Verstrickung Arolsens mit dem NS-Regime dargestellt werden, sind die Workshop-Teilnehmer aufgerufen, in Kleingruppen Ideen zu erarbeiten. Als professionelle Gesprächsleiter werden Historiker von Arolsen Archives mit dabei sein.

Bei einem Vorgespräch mit Bürgermeister Lambion bekräftigten die Historikerin Christiane Weber und der Kommunikationsfachmann Oliver Figge, dass bei dem Workshop alles angesprochen werden solle, was den Teilnehmern unter den Nägeln brenne: „Alles ist denkbar und sagbar. Wir bewerten nicht und argumentieren weder für noch gegen etwas.“

Neuer Blickwinkel auf die Vergangenheit

Figge weiter: „Auf diese Weise lernen alle Teilnehmer, die Dinge mit den Augen der anderen zu sehen.“ Die junge Generation habe naturgemäß einen neuen Blickwinkel auf das Thema Nazi-Vergangenheit.

Nachdem sich die Generation der Zeitzeugen und Täter in den 60er Jahren von ihren Kindern unangenehme Fragen habe gefallen lassen müssen, sei die Generation der heute 50-Jährigen schon deutlich offener und informierter mit dem Thema umgegangen.

Großes Interesse vorhanden

Die sogenannte „Gen Z“ aber, die Generation der heute 16- bis 24-Jährigen aber, stehe dem Thema völlig unbefangen gegenüber.

Der frühere Gefängnishof im ehemaligen Stabsgebäude der früheren SS-Kaserne ist im vergangenen Jahr zu einem Gedenkort für die Häftlinge des Außenlagers des Konzentrationslagers Buchenwald umgestaltet worden. Die mit Historikern von Arolsen Archives abgestimmten Texte stammen von CRS-Schülern.
Der frühere Gefängnishof im ehemaligen Stabsgebäude der früheren SS-Kaserne ist im vergangenen Jahr zu einem Gedenkort für die Häftlinge des Außenlagers des Konzentrationslagers Buchenwald umgestaltet worden. Die mit Historikern von Arolsen Archives abgestimmten Texte stammen von CRS-Schülern. © Elmar Schulten

Eine von Arolsen Archives in Auftrag gegebene Umfrage unter Jugendlichen habe ergeben, dass diese Generation sehr interessiert sei, und mehr Fakten erfahren wolle. An diesem Punkt könne der Workshop ansetzen.

Erinnerung als Verpflichtung erkennen

Deshalb sei es so wichtig, dass auch Schüler am 11. März teilnehmen. Erster Stadtrat, der zugleich auch Vorsitzender des Vereins Historicum ist, zeigte sich begeistert vom Ansatz des Workshops und stelle fest: „Bei öffentlichen Anlässen wird Erinnerungskultur meist zur Pflicht gemacht.“

Es sei aber wünschenswert, dass die neue Generation die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten als Verpflichtung erkenne. Deshalb sei es auch wichtig, dass die Jugendlichen selber entscheiden, wie die Erinnerung gestaltet werden wolle.

Anmeldung per Mail ist notwendig

Bürgermeister Marko Lambion verwies in diesem Zusammenhang auf die von Schüler der Christian-Rauch-Schule gestalteten Erinnerungstafeln im ehemaligen Gefängnishof der Kaserne. Hier werde an die ehemaligen KZ-Häftlinge erinnert, die in der Arolser Kaserne zur Zwangsarbeit abgestellt waren.

Ähnlich konkret solle auch Umsetzung der Workshop-Ideen sein. Wer sich an der ganztägigen Veranstaltung von 9.30 Uhr bis etwa 16 Uhr im Bürgerhaus (inklusive Mittagessen) beteiligen möchte, sollte sich vorab per Mail an diese Adresse anmelden: natalie.thouet@bad-arolsen.de (Elmar Schulten)

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