Schwere Vorwürfe gegen Direktion der Arolsen Archives erhoben

Schwere Vorwürfe, unter anderem wegen verbaler Übergriffe, erheben Mitarbeitende der Arolsen Archives gegen die Direktion. Sie äußerten sich dazu gegenüber dem ARD-Magazin Kontraste.
Bad Arolsen – Schwere Anschuldigungen erheben Mitarbeitende gegen die Leitung der Arolsen Archives. Dem ARD-Politikmagazin Kontraste liegt ein Dossier über eine „Kultur der Angst“, eine „toxische Arbeitsatmosphäre“ und verbale Übergriffe vor.
„Psychologische Kriegsführung“
Zusammengestellt hat es ein Rechtsanwalt. Er hat nach eigenen Angaben mit 25 Personen gesprochen, die bei der Organisation arbeiten oder gearbeitet haben. Kontraste konnte mit einer ganzen Reihe von Betroffenen sprechen, die wesentliche Vorwürfe bekräftigt haben - darunter Personen in Führungspositionen. Verantwortlich für die Zustände machen sie die Direktorin Floriane Azoulay und deren Stellvertreter Steffen Baumheier.
Wer bei der Direktion einmal in Ungnade gefallen sei, den habe sie isoliert. Dem stellvertretenden Direktor werfen Mitarbeitende laut dem Dossier „psychologische Kriegsführung“ vor. Die Direktorin soll Mitarbeitende im Urlaub kontaktiert haben, um ihnen Arbeitsaufträge zu erteilen, die nicht dringlich gewesen seien. Betroffene berichten von dauerhaften Angstzuständen und Panikattacken.
Dossier an Internationalen Ausschuss
Laut einem Schreiben des Betriebsrats, das Kontraste vorliegt, soll die Direktion zudem einer Mitarbeiterin gekündigt haben, die sie auf Missstände bei den Arolsen Archives angesprochen hatte. Der Betriebsrat geht von einem Zusammenhang aus und hat dagegen Widerspruch eingelegt. Auch das Dossier des Anwalts berichtet von einem solchen Fall. Bei der Betroffenen soll es sich demnach um die Tochter eines Holocaustüberlebenden handeln.
Die Arolsen Archives werden von einem Internationalen Ausschuss (IA) verwaltet und finanziert aus dem Haushalt der Kulturbeauftragten der Bundesregierung (BKM). Über den Anwalt haben sich die Betroffenen Anfang März mit der Bitte um Vermittlung an den IA und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), Claudia Roth, gewandt. Ein Sprecher von Roth teilte mit, das BKM und der IA nähmen die Vorwürfe sehr ernst. Eine vom IA in Roths Auftrag eingesetzte Anwaltskanzlei soll den Sachverhalt untersuchen.
Über Konsequenzen beraten
„Auf Grundlage des Abschlussberichts und etwaiger Zwischenberichte der Kanzlei wird der Internationale Ausschuss über mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen während und nach der Untersuchung beraten und diese wenn nötig beschließen“, so ein Sprecher der BKM zu Kontraste.
Im Gespräch mit Kontraste wollten sich weder die Direktorin noch ihr Stellvertreter persönlich zu den gegen sie vorgebrachten Vorwürfen äußern.
Teil des Weltkulturerbes
Die Arolsen Archives sind ein internationales Zentrum über NS-Verfolgung mit dem weltweit umfassendsten Archiv über die Opfer des Nationalsozialismus. Das gehört zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Es beinhaltet Dokumente zu allen Opfergruppen der NS-Diktatur. Derzeit laufen Planungen über einen Neubau des Archivs in Bad Arolsen. dpa