Zeitreise in das Jahr 1957: Viehmarkt in Arolsen

Klaus Zimmermann hat in den 50er Jahren mit seiner 6x6-Rolleiflex-Kamera zahlreiche Feste und Alltagsszenen in Bad Arolsen dokumentiert.
Bad Arolsen – Der inzwischen emeritierte Professor der Universität Kassel nutzt seine Freizeit dazu, die alten Negative im 6x6-Format zu digitalisieren. Einige davon wurden bereits in loser Folge in der Waldeckischen Landeszeitung abgedruckt, so zum Beispiel Fotos vom Training der VfL-Sportler, Szenen eines Schulfestes 1954 und von der Einweihung der Gedenkstätte 1957 vor dem Geburtshaus des Bildhauers Christian Daniel Rauch.
Diesmal laden seine Fotos vom Viehmarktsfestzug 1957 zu einer Zeitreise ein: Zimmermann hatte sich damals in Höhe des Postamtes platziert und von dort in Richtung Bahnhofstraße und Rathausstraße fotografiert.
Autos parken unter Kirchplatz-Bäumen
Beim Vergleich der Ansichten von damals mit dem Istzustand von heute wird deutlich, dass der Kirchplatz einst von vielen großen, Schatten spendenden Bäumen geprägt war, von denen in den vergangenen Jahren mehr zurechtgestutzt und gefällt werden mussten.

Mit dem Wissen von heute kann der Betrachter nur vermuten, dass die unter den Bäumen abgestellten Autos über die folgenden Jahrzehnte das Wurzelwerk der Bäume schädigten und zu ihrem langsamen Siechtum beitrugen.
Kirchplatz-Gebäude abgerissen
Ebenso fällt auf, dass an der Ecke Schlossstraße/Rathausstraße ein großes Geschäft stand. Die Schilder an der Hauswand verraten, dass die Schlossstraße damals noch Hauptstraße hieß, und wo der International Tracing Service zu finden war, nämlich in der Kaserne an der Großen Allee.

Der mächtige Vorbau an der Straßenecke wurde Ende der 1970er-Jahre abgerissen. So entstand die heutige Ladenfront.
Zum Zeitdokument werden die Festzugfotos auch durch ein weiteres Details im Hintergrund: Auf dem Kirchplatz stand offenbar eine Litfaßsäule, an der im August 1957 ein Wahlplakat der CDU mit Kanzler Konrad Adenauer klebte.
Wahlplakat mir Konrad Adenauer
Bei der Bundestagswahl im September 1957 wurde die CDU mit 39,7 Prozent die stärkste Partei, gefolgt von der SPD mit 31,8 Prozent. Die CSU, deren Ergebnis noch nicht in das der CDU mit einfloss, kam auf 10,5 Prozent, die FDP auf 7,7 Prozent. Bemerkenswert: Eine Wählerliste mit dem Namen „Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten“ blieb mit 4,6 Prozent auf Bundesebene unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Dazu passt, dass auch im Arolser Festzug die Heimatvertriebenen und die Jugend des Deutschen Ostens einen eigenen größeren Festzugbeitrag gestaltet hatten. Ebenfalls mit im Festzug: Der Schützenverein, der Kleingartenverein und das Hofbrauhaus mit einer vierspännigen Kutsche und mit Werbelogo.
Schon früh von der Fotografie fasziniert
Beim Aufzug der Festzugteilnehmer auf dem Königsberg wurde ein herrlicher Blick über den ganzen Königsberg bis hinunter zum Riesenrad festgehalten, das damals noch gar nicht so riesig war.
Der Arolser Pennäler Klaus Zimmermann war von seinem Physiklehrer Otto Kunisch zur Fotografie angeleitet worden. Professor Zimmermann schreibt dazu: „Kunisch hatte ein Schüler-Fotolabor eingerichtet und mir das Management übergeben. Das habe ich über die Schulzeit hinaus auch privat bis etwa zur Jahrtausendwende beibehalten. Seitdem alles PC-orientiert.“ (Elmar Schulten)