Schwankungen im Gesamtbestand haben viele Ursachen. Beschert eine Buchenmast den Beutetieren im einen Jahr großen Fortpflanzungserfolg, steigt auch die Zahl der Wildkatzen. Im nächsten Jahr grassiert vielleicht unter Waschbären die Staupe und erfasst auch die Katzen.
Gen-Analysen liefern eine Vielzahl weiterer Informationen. „Die Wildkatzen sind im Durchschnitt neun bis zehn Jahre alt, die Kuder zehn bis elf Jahre“, berichtet Torsten Daume. Interessant: Die meisten Tiere halten sich nur ein oder zwei Jahre im Gebiet auf. Entweder kommen sie zu Tode oder sie wandern wieder ab. Im Bestand zeigt sich also viel Bewegung.
Eine sinnvolle Dynamik, denn um die Population gesund und widerstandsfähig zu erhalten, bedarf es einer regelmäßigen Auffrischung der Gene als Gegenteil zur Inzucht. Regelmäßig wechseln Wildkatzen aus dem Rothaargebirge oder dem Habichtswald in den Nationalpark, belegen die DNA-Untersuchungen.
Voraussetzung für einen erfolgreichen Austausch sind Wanderkorridore, die im Zuge von Wildkatzenprojekten gezielt zwischen Verbreitungsgebieten erschlossen werden. Eine wichtige Rolle spielen abwechslungsreich bewachsene Waldränder von rund 25 Metern Breite, die den Tieren auf ihren Wanderungen Deckung bieten.
Wie für viele Wildtiere, geht die größte Gefahr für die Katzen auf ihren Streifzügen vom Autoverkehr aus. Für den Nationalpark sind 24 überfahrene Wildkatzen nachgewiesen seit dem Start des „Monitorings“, der wissenschaftlichen Datenerhebungen – „bei vermutlich einer hohen Dunkelziffer“, fürchtet Daume. Mancher Autofahrer lasse vielleicht ein Tier illegal ausstopfen. Meistens entdeckten aber wohl Aasfresser den Kadaver und ließen ihn verschwinden, bevor er in die Statistik einfließen könne. Entlang der Straße durchs Wesetal werben große Schilder bei den Verkehrsteilnehmern für langsames Fahren und Aufmerksamkeit gegenüber dem geschützten Tier.