Eine Hürdenstrecke für die Radfahrer in Bad Wildungen

Das vom Wildunger Parlament beschlossene Nahmobilitätskonzept zeigt bei näherem Hinsehen trotz vieler Verbesserungen auch arge Schwachstellen.
Bad Wildungen – Grund: An etlichen Punkten haben Planungsausschuss und Parlament Vorschläge der Verkehrsplaner verworfen und auf diese Weise große Löcher ins vorgesehene Netz gerissen. Ein Paradebeispiel dafür liefert die Bahnhofstraße hinauf zum Kaiserlinden-Kreisel. Auf der Vorschlagsliste des Konzepts stand ein Fahrrad-Schutzstreifen bergauf. Doch den lehnten sowohl der Planungsausschuss als auch auf dessen Empfehlung die Stadtverordneten einstimmig ab. Nach den Motiven der Planer für den Vorschlag wurde nicht gefragt.
„Wofür haben wir das viele Geld in den schönen Fuß- und Radweg durchs Landesgartengelände gesteckt?“, fragte CDU-Fraktionsvorsitzender Marc Vaupel. Radfahrer sollten dort fahren. Zweites Argument für die Ablehnung: Der Autofahrer bergan auf der Bahnhofstraße werde behindert, weil er bei Gegenverkehr abbremsen müsse vorm Überholen. Das reduziere die Verkehrssicherheit, weil viele Autofahrer sich daran vielleicht nicht hielten, lauteten die Bedenken im Ausschuss, die sich im Ergebnis durchsetzten.
Wahl zwischen großem Umweg oder Mut zum Risiko für Radfahrer an Bahnhofstraße Bad Wildungen
Die Berliner Straße/Bahnhofstraße stellt für den Radverkehr aus Richtung Osten die Haupteinfallstrecke dar, bestätigt Robert Hilligus vom Bauamt auf Anfrage. Am Abzweig der Bahnhofstraße bergauf steht der Radfahrer mit Ziel Altstadt-Umfeld vor zwei Alternativen: Entweder nimmt er einen sehr weiten Umweg durch Königsquellenpark und beginnendes Bornebachtal. Oder er wählt kürzere Routen, die eines prägt: ein erhöhtes Risiko von Konflikten mit anderen Verkehrsteilnehmern einschließlich erhöhten Unfallrisikos.
Möglichkeit 1: Der Radfahrer fährt auf der Bahnhofstraße Richtung Altstadt und nimmt in Kauf, dass er riskant überholt wird. Denn wer mit dem Rad regelmäßig diese Wahl trifft, macht die Erfahrung, dass viele Autos und Lkw beim Vorbeiziehen nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Seitenabstand von 1,50 Meter zum Fahrrad einhält. Wo Schutzstreifen existieren, radelt es sich deutlich sicherer in der Stadt.
Verkehrsinsel zu schmal für längere Fahrräder oder Räder mit Anhänger
Möglichkeit 2: Der Radfahrer überquert die Bahnhofstraße in ihrem Einmündungsbereich, über die Verkehrsinsel hinweg. Die Insel ist allerdings so schmal, dass schon ein simpler Drahtesel mit den Rädern beim Warten in die Fahrstreifen hineinragt, von größeren E-Bikes oder gar Fahrrädern mit Anhängern ganz zu schweigen.

Im Anschluss geht´s weiter auf dem schmalen Rad- und Fußweg links neben dem Fahrdamm. Im Gegenverkehr mit Fußgängern oder Radfahrern sind große Vorsicht und sehr langsames Fahren unverzichtbar zur Unfallverhütung.

Die Hürdenstrecke setzt sich fort. Oben angekommen hat der Radfahrer ein zweites Mal die Bahnhofstraße zu überqueren, knapp unterhalb des Kreisels.

Aus ihm kommen oft speziell Rechtsabbieger aus der Waldschmidtstraße bei freiem Kreisverkehr mit hohem Tempo in die Bahnhofstraße.
Ablehnung des Fahrrad-Schutzstreifens läuft Nahmobilitätskonzept zuwider
Möglichkeit 3: Im unteren Einmündungsbereich der Bahnhofstraße überquert der Radfahrer diese noch nicht, sondern biegt rechts ab in die Rörigstraße, wo der Weg kurz hinter der Einmündung auf die Fahrbahn führt. Auch hier besteht das Risiko, in Konflikt mit einem schnell in die Rörigstraße einfahrenden Auto zu geraten. Schließlich muss man sofort wieder links abbiegen, um in den Tunnel unter der Bahnhofstraße zu gelangen – und von dort aus auf den schmalen Fuß- und Radweg Richtung Altstadt.

Diese Auswahlchancen für den Radverkehr an zentraler Stelle aus Richtung Osten in die Stadt laufen dem Ziel des Nahmobilitätskonzeptes zuwider: ein Netz direkter, sicherer Wege für Fußgänger wie Radfahrer zu schaffen. (Matthias Schuldt)