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Bad Wildungen: Betreiber von Fitnessstudio schockiert über geplante rechtsextreme Veranstaltung

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Von: Cornelia Höhne

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Kein Platz für rechtsextreme Kreise: Sebastian Schulz, Betreiber des Fitnessstudios La Corpa im Bad Wildunger Industriegebiet, und seine Frau Grace Espayos distanzieren sich ausdrücklich von der geplanten Kampfsportveranstaltung der rechten Szene. Das Paar hofft, dass nach dem Großeinsatz der Polizei wieder Ruhe einkehrt in den kleinen Familienbetrieb, der weiter auf Expansion geht.
Kein Platz für rechtsextreme Kreise: Sebastian Schulz, Betreiber des Fitnessstudios La Corpa im Bad Wildunger Industriegebiet, und seine Frau Grace Espayos distanzieren sich ausdrücklich von der geplanten Kampfsportveranstaltung der rechten Szene. Das Paar hofft, dass nach dem Großeinsatz der Polizei wieder Ruhe einkehrt in den kleinen Familienbetrieb, der weiter auf Expansion geht. © Cornelia Höhne

Bei der Polizeiaktion am Samstag (22. April) in einem Bad Wildunger Fitnessstudio wurden nach Angaben der Polizeidirektion Nordhessen mehrere aus der rechten Szene bekannte Akteure angetroffen. Der Besitzer des Studios distanziert sich ausdrücklich von der geplanten Veranstaltung.

Bad Wildungen – Der gemütliche Familientag, den Sebastian Schulz eigentlich mit seiner Frau und den fünf Kindern verbringen wollte, wurde am Samstag durch einen Großeinsatz der Polizei jäh unterbrochen. In dem Fitnessstudio des 41-Jährigen im Industriegebiet unterband die Polizei eine geplante Kampfsportveranstaltung der rechtsextremen Szene. Der Betreiber kann das Geschehen immer noch nicht fassen, keinerlei Anzeichen habe es dafür gegeben. „Ich bin schockiert“, sagte er gegenüber der WLZ.

Veranstalter des Seminars nutzte Kursraum für Kampfsport-Unterricht

Im Kursraum des Fitness- und Gesundheitszentrums „La Corpa“ fand ein Kampfsportseminar statt. „Der Veranstalter dieses Seminars kam vor circa zwei Monaten auf mich zu mit dem Anliegen, unseren Kursraum für Kampfsport-Unterricht zu nutzen, da sein Mietvertrag der bisher genutzten Räumlichkeiten vom Vermieter gekündigt wurde.“

Schulz habe dies als Erweiterung des Angebots in seinem Studio begrüßt. Er kannte den Veranstalter, „aber nicht seine politischen Aktivitäten“. Nichten und Neffen von Sebastian Schulz und Kinder von Bekannten hätten in dem früheren Studio des Seminar-Veranstalters trainiert, meist im Beisein der Eltern. „Auch ich war mit meiner Frau und meinen beiden jüngsten Kindern bei einem Training dabei. „Es war eine familienfreundliche Atmosphäre.“ Weder dort noch später in den Räumen von „La Corpa“ sei ein „wie auch immer geartetes politisches Gedankengut herangetragen“ worden.

„Meine Familie und ich distanzieren sich ganz klar von rechtsextremen Kreisen“

„Von den zu dem Seminar geladenen Gästen war uns nur der Veranstalter bekannt“, sagt Schulz. Natürlich werde kein Kunde nach seiner politische Gesinnung gefragt oder nach einem Führungszeugnis.

An seiner eigenen Gesinnung lässt der Physiotherapeut im Beisein seiner von den Philippinen stammenden Frau Grace Espayos hingegen keinen Zweifel: „Meine Familie und ich distanzieren sich ganz klar von irgendwelchen rechtsextremen Kreisen. Für politische Interessen war bei uns nie Raum, und den wird es auch niemals geben.“

„Plötzlich war überall Polizei“

Mitarbeiter Emre Altay sitzt der Schrecken noch in den Gliedern. Er hat am Samstag mit einigen anderen in dem Studio trainiert. Niemanden sei etwas aufgefallen, als die Seminarteilnehmer in den Schulungsraum gingen. „Und plötzlich war überall Polizei.“ Altay informierte seinen Chef, der sei aus allen Wolken gefallen. Der Großeinsatz in seinem Studio sprach sich in Windeseile herum.

Leider lasse die Pressemitteilung der Polizei viel Interpretationsspielraum offen, bedauert Schulz. „Wir sehen uns hier als Leidtragenden, obwohl wir uns durchweg äußerst kooperativ und freundlich gegenüber den Einsatzkräften verhalten haben.“ Besorgt erkundigten sich auch etliche Kursteilnehmer persönlich nach den Geschehnissen. Der kleine Familienbetrieb habe sich vom reinen Fitnessclub zu einem Gesundheitsunternehmen mit breit gefächertem Angebot entwickelt, wie Rehasport, medizinisches Muskelaufbautraining, Kraft- und Ausdauertraining, Ernährungsberatung . „Ab 1. Mai können wir nach einigen Umbaumaßnahmen auch Physiotherapie für alle gesetzlich Versicherten anbieten.“ Den Kampfsport-Unterricht des Seminarveranstalters werde es aber nicht mehr geben.

„Für uns sind alle Menschen gleich, egal welcher Herkunft. Das kann man bei uns auch im täglichen Betrieb sehen und erleben“.

Polizei hat die besonderen Jahrestage der rechtsextremen Szene im Blick

Bei der Polizeiaktion am Samstag in einem Bad Wildunger Fitnessstudio wurden nach Angaben der Polizeidirektion Nordhessen mehrere aus der rechten Szene bekannte Akteure angetroffen. Dass die geplante rechtsextreme Kampfsportveranstaltung zerschlagen wurde, ist anscheinend eher einem Zufall zu verdanken.

Die Polizei hat die besonderen Jahrestage der rechtsextremen Szene im Blick. Der 20. April als Geburtstag Adolf Hitlers ist einer davon, das darauf folgende Wochenende wird nach Angaben von Dirk Bartoldus, zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Polizeidirektion Nordhessen, von rechten Gruppen häufig für rechte Veranstaltungen genutzt.

Auch Fitnessstudios im Visier der Fahnder

Im Zusammenhang damit waren viele Polizeikräfte an bekannten oder möglichen Treffpunkten der rechten Szene, um Aufklärung zu betreiben, sagte Bartoldus.

Im Visier der Beamten waren auch Fitnessstudios für mutmaßlich geplante Kampfsportveranstaltungen. Polizeikräfte beobachteten die Lage in der Region. Bei den Aufklärungsmaßnahmen im Rahmen der „Besonderen Aufbauorganisation Hessen-Rechts“ fielen auf dem Parkplatz des Wildunger Fitnessstudios mehrere Fahrzeuge mit auswärtigem Kennzeichen auf. Dies war nach Angaben des Polizeisprechers Anlass für eine Überprüfung. Laut Polizei konnten 22 Personen, darunter ein 15-Jähriger, der beabsichtigten rechten Kampfsportveranstaltung zugeordnet werden. Die Veranstaltung wurde aufgelöst und relevante Gegenstände sichergestellt.

Material sichergestellt

Allen Angetroffenen wurden Platzverweise ausgesprochen, bevor sie nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder entlassen wurden. Ob und inwieweit sie strafrechtlich belangt werden können, werde noch ermittelt, sagte Bartoldus. Eine Anzeige gab es für einen Teilnehmer für das öffentliche Zeigen einer verfassungsfeindlichen Tätowierung. Ein anderer führte ein Einhandmesser mit sich. Das stellt nach Angaben des Polizeisprechers mindestens eine Ordnungswidrigkeit dar. Neben einem T-Shirt wurden CDs einer Rechtsrockband sichergestellt. Das Material wird noch überprüft.

Rund 50 bis 60 Polizeikräfte waren vor Ort. Eingebunden war auch das städtische Ordnungsamt, um abzuklären, ob eine öffentliche Gemeinschaftseinrichtung für weitere Veranstaltungen gemietet wurde. Dabei ergab sich ein Zusammenhang mit der Grillhütte in Odershausen. Die Stadt Bad Wildungen untersagte daraufhin die Grillfeier. (Cornelia Höhne)

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