Im Sinne der Aufklärung ist es laut Beutler notwendig, das zuzulassen und die Ergebnisse, auch wenn sie aus heutiger Sicht nicht gefallen, zu akzeptieren. Man darf auch nicht vergessen, dass es Wildunger Bürgermeister, wie Johannes Nöldner oder Rudolph Sempf, waren, die diese Ehrenbürgerurkunden unterschrieben.
Und schließlich kamen zur Übergabe der Ehrenbürgerurkunde an Hermann Göring am 1. Juni 1933 rund 10 000 Menschen nach Bad Wildungen.
Während diese Ehrenbürger, bis auf Göbbels, niemals Wildunger Boden betreten hatten und schon gar nicht zum Wohle der Stadt handelten, erhielten im gleichen Zeitraum von 1936 bis 1939 weitere Wildunger, die sich tatsächlich für ihre Stadt engagiert hatten, diese Auszeichnung.
Dr. Ernst Waldschmidt als Leiter des Stadtarchivs und Heimatmuseums, Richard Kirchner, der Wildunger Mineralquellen AG, und Gustav Görner, der Entdecker der Reinhardsquelle, Förderer und Gründer des Kurbetriebes Reinhardshausen.
Der erste Ehrenbürger der Nachkriegszeit war 1948 Dr. Carl Reichardt, Publizist mit den Schwerpunkten Stadt- und Landesgeschichte.
Nach den Erfahrungen der zwölf Kriegsjahre dauerte es dann dennoch 46 Jahre, bis Dr. Albrecht Lückhoff, Bürgermeister mit 24-jähriger Dienstzeit, eine Ehrenbürgerurkunde entgegennehmen konnte. Sein Nachfolger als Bürgermeister und Ehrenbürger, Reinhard Grieneisen, der erste direkt gewählte Bürgermeister der Stadt, ist der jüngste unter den Ehrenbürgern.
Als Ehrengäste der Ausstellungseröffnung versicherten sie beide, dass sie sich, wie damals bei der Amtsübergabe, noch immer sehr gut verstehen. „Für uns beide ist es wieder ein ganz besonderes Erlebnis noch einmal in einen zeitgeschichtlichen Kontext gestellt zu werden, mit allen politischen Höhen und Tiefen. Dieser Tag und vor allem das Buch holt noch einmal die schönen Tage der Urkundenübergabe zurück.“
Lisa Beutler hat in ihrem Buch „Die Ehrenbürger Wildungens“ Lebensgeschichten erzählt und sie in vielen Aspekten des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Lebens in die Historie der Stadt eingeordnet. Buch und Ausstellung gehen weit über die Ehrenbürgerschaft hinaus. Mit vielen, wie Erzählungen anmutenden Biografien, ist eine spannende Stadtgeschichte entstanden, die eine Verbindung schafft zwischen der Historie und der Gegenwart.
Das Buch zum Preis von Preis 24,90 Euro gibt es an folgenden Stellen: Buchland, Stadtmuseum, Quellenmuseum Infopoint und freitags bis sonntags im zweiten Obergeschoss der Wandelhalle bei der Ausstellung.
Bewegend war die Teilnahme an der Eröffnung auch für Nachfahren von bereits verstorbenen Wildunger Ehrenbürgern. (Barbara Liese)