Radler haben Vorrang: Frankenberg baut erste Fahrradstraße in Waldeck-Frankenberg

Die Stadt Frankenberg will den Radverkehr stärken und baut jetzt die erste Fahrradstraße im Landkreis Waldeck-Frankenberg.
Frankenberg – Seit gut anderthalb Jahren darf man in der Straße Am Hain in Frankenberg schon mit dem Fahrrad auch entgegen der Einbahnstraße fahren. Nun werden Radfahrer dort noch mehr in den Mittelpunkt gestellt: Die Stadt baut die Straße zu einer Fahrradstraße um – der ersten im Landkreis, wie Stadt und Polizei bestätigten. Durch die Straße Am Hain führen der Hessische Fernradweg R6 und der Ohm-Eder-Radweg.
In einer echten Fahrradstraße dürften nur Fahrräder und E-Scooter fahren. Die Straße Am Hain soll aber zu einer – laut Straßenverkehrsordnung – unechten Fahrradstraße werden, wie Karlheinz Eckel von der Stadtverwaltung bei einem Pressetermin erklärte. Unecht bedeutet, dass dort mit einem Zusatzschild „Anlieger frei“ auch Kfz-Verkehr erlaubt ist – allerdings nur als Einbahnstraße von der Bahnhofstraße zur Hainstraße. Aber auch bei einer unechten Fahrradstraße haben Radfahrer Vorrang. „Daran müssen sich Autofahrer gewöhnen“, sagte Bürgermeister Rüdiger Heß.
Die Stadt folgt mit der Neuordnung des Verkehrs Am Hain dem 2020 von den Stadtverordneten beschlossenen Radverkehrskonzept. Die knapp 400 Meter lange Straße gehört künftig vor allem den Radfahrern, die in beide Richtungen fahren dürfen. Autos dürfen dort nur noch als Anlieger durch. Alle anderen Fahrzeuge aus der Bahnhofstraße (im Bereich Eitzenhöfer und Post) müssen nach links in die Jahnstraße zur Uferstraße (Sparkassenkreuzung) ausfahren.

Der Gehweg Am Hain ist dann allein für Fußgänger da, wie Heß betonte. An der Straße liegt die Kita Schwalbennest, auch Senioren aus dem DRK-Seniorenheim im Teichgelände sollen „sicher und bequem“ in die Innenstadt gehen können, sagte Heß. „Um Konflikte zu vermeiden, brauchen wir entsprechende Breiten.“
Die Straße wird 3,50 Meter breit, der Gehweg 2,50 Meter. Die Parkplätze, die bisher auf der Fahrbahn markiert sind, werden in den Grünstreifen integriert. Trotzdem sollen die Grünanlagen dort insgesamt erweitert werden, auch neue Bäume werden gepflanzt. Die Stützmauer vor der Einmündung in die Hainstraße wird erneuert.
Durch mehr Grün solle auch mehr Aufenthaltsqualität geschaffen werden, sagte Martin Blank vom Planungsbüro „Schöne Aussichten Landschaftsarchitektur“ in Kassel. „Das ist nachhaltiger Stadtumbau.“

Die Straße wird aber nicht nur für eine Neuordnung der verschiedenen Verkehre umgebaut. Die Fahrbahn sei ohnehin „in einem desolaten Zustand“, wie der Bürgermeister sagte. Auch im Tiefbau sei dort einiges zu machen. Schon seit drei Wochen wird in der Straße gearbeitet, berichtete Dagmar Pieper von der Baufirma Pieper aus Korbach. Insgesamt werden dort 600.000 Euro in die Erneuerung von Kanal- und Wasserleitungen sowie Kabel investiert, sagte Jens Nehl, der Geschäftsführer der Energie-Gesellschaft Frankenberg.
Die Kosten für den Straßenbau liegen bei 1,64 Millionen Euro. Die Stadt erhält dafür Geld vom Bund aus dem Programm „Stadt und Land“ (80 Prozent). Das Land beteiligt sich mit 70 Prozent Förderquote an den Nebenanlagen. Um die Förderregeln einzuhalten, soll der Umbau bis zum 30. September 2023 abgeschlossen sein.
Straße wird zeitweise vollgesperrt
Die Bauarbeiten finden in mehreren Abschnitten statt, um den Verkehr und die Anwohner so wenig wie möglich zu beeinträchtigen, sagte Bauamtsleiter Karsten Dittmar. Voraussichtlich ab Anfang März werde aber eine Vollsperrung nötig sein. Die Stadtfeste im Mai und September und das Street-Food-Festival am 1. und 2. April in der Innenstadt sollen durch die Bauarbeiten so wenig wie möglich beeinträchtigt werden.