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Vor 25 Jahren: Sechs wollten auf den Chefsessel im Frankenberger Rathaus

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Von: Klaus Jungheim

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Die erhobene Faust des Siegers: CDU-Kandidat Rüdiger Heß hatte es geschafft. Überraschend errang der gebürtige Allendorfer am 15. März 1998 schon im ersten Durchgang die erforderliche absolute Mehrheit und wurde neuer Frankenberger Bürgermeister – als Nachfolger von Helmut Eichenlaub (CDU, rechts). Eichenlaub war seit dem 1. Januar 1998 Landrat von Waldeck-Frankenberg (bis Ende 2009). Im Bild links von ihm sind CDU-Bundestagsabgeordneter Bernd Siebert und hinten Lutz Klein, einst Bürgermeister von Battenberg, damals Erster Beigeordneter und Kämmerer des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen sowie späterer Regierungspräsident in Kassel, zu sehen.
Die erhobene Faust des Siegers: CDU-Kandidat Rüdiger Heß hatte es geschafft. Überraschend errang der gebürtige Allendorfer am 15. März 1998 schon im ersten Durchgang die erforderliche absolute Mehrheit und wurde neuer Frankenberger Bürgermeister – als Nachfolger von Helmut Eichenlaub (CDU, rechts). Eichenlaub war seit dem 1. Januar 1998 Landrat von Waldeck-Frankenberg (bis Ende 2009). Im Bild links von ihm sind CDU-Bundestagsabgeordneter Bernd Siebert und hinten Lutz Klein, einst Bürgermeister von Battenberg, damals Erster Beigeordneter und Kämmerer des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen sowie späterer Regierungspräsident in Kassel, zu sehen.  © Klaus Jungheim (Archiv)

Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern, sagt ein Sprichwort. Alte Zeitungen können aber noch sehr interessant sein. Das zeigen wir in unserer Serie „Vor 25 Jahren“: Wir schauen uns die HNA von damals an und erinnern in loser Folge an spannende, ernste und unterhaltsame Themen aus der Zeitung.

Frankenberg – Mit der Wahl von Rüdiger Heß (damals CDU) am 15. März 1998 stellten die Frankenberger Christdemokraten erneut den Bürgermeister. Der bisherige Rathauschef Helmut Eichenlaub (CDU) stand seit 1984 an der Spitze der Frankenberger Stadtverwaltung, bevor er am 1. Januar 1998 das Amt des Waldeck-Frankenberger Landrats antrat.

Ernst Helfenbein (unabhängig) 1998
Ernst Helfenbein (unabhängig) © Archiv

Was heute fast wie selbstverständlich klingt, war vor 25 Jahren überhaupt nicht so eindeutig. Denn um die Eichenlaub-Nachfolge traten sechs Kandidaten zur Frankenberger Bürgermeister-Direktwahl an. Am Montag, 9. Februar 1998, war Abgabeschluss für die Unterlagen.

Karl-Heinz Hoffmann (unabhängig) 1998
Karl-Heinz Hoffmann (unabhängig) © Klaus Jungheim (Archiv)

Es handelte sich um die Kandidatenliste für die zweite Frankenberger Bürgermeister-Direktwahl durch die Bürger nach 1996. Drei Parteienvertreter und drei unabhängige Kandidaten bewarben sich vor einem Vierteljahrhundert um den Bürgermeister-Chefsessel im Rathaus: Rüdiger Heß (CDU), Erhard Wagner (SPD), Jürgen Frömmrich (Bündnis 90/Die Grünen) sowie die unabhängigen Kandidaten Gerhard Finkeldey, Karl-Heinz Hoffmann und Ernst Helfenbein.

Gerhard Finkeldey (unabhängig) 1998
Gerhard Finkeldey (unabhängig) © Archiv

Diese sechs Bewerbungen lagen am 9. Februar 1998 um 18 Uhr dem Gemeindewahlleiter und Ersten Stadtrat Günter Langendorf auf dem Tisch. Theoretisch hätte sich die Bewerberzahl sogar noch erhöhen können. Drei weitere Einzelbewerber hatten nach Auskunft Langendorfs die Unterlagen angefordert – zwei aus Frankenberg, ein dritter aus dem Siegener Land. Rückmeldungen gab es von diesen aber keine. Um 18 Uhr an jenem Montag schloss Günter Langendorf die Bewerberliste.

Jürgen Frömmrich (Grüne) 1998
Jürgen Frömmrich (Grüne) © Archiv

Einen Tag später, am Dienstag, 10. Februar 1998, trat der Wahlausschuss um 19.30 Uhr im Rathaus zusammen, um über die Gültigkeit der eingegangenen Bewerbungen zu entscheiden. Dabei wurde laut Langendorf ferner festgelegt, in welcher Reihenfolge die sechs Kandidaten auf den Stimmzetteln aufgeführt werden.

Erhard Wagner (SPD) 1998
Erhard Wagner (SPD) © Archiv

Die Plätze eins bis drei standen bereits fest – vergeben für die Partei-Kandidaten nach der Stärke ihrer Parteien in Hessens Landtag: 1. Rüdiger Heß, 2. Erhard Wagner, 3. Jürgen Frömmrich. Über die Listenplätze vier bis sechs entschied das Los: 4. Ernst Helfenbein (unabhängig), 5. Gerhard Finkeldey (unabhängig), 6. Karl-Heinz Hoffmann (unabhängig).

Rüdiger Heß (CDU) 1998
Rüdiger Heß (CDU) © Archiv

Benannt und angeschrieben wurden mittlerweile die Wahlvorstände für die Wahl am 15. März 1998 (Termin für eine eventuelle Stichwahl war der 29. März). Insgesamt kümmerten sich 22 Wahlvorstände um einen reibungslosen Ablauf: zwölf in den Stadtteilen, zehn in der Kernstadt, darunter ein Briefwahlvorstand.

Insgesamt 136 Personen waren in Wahlamt und Wahlvorständen in den Ablauf der zweiten Bürgermeister-Direktwahl in Frankenberg eingebunden. Rund 600 Wähler nutzten die Möglichkeit der Briefwahl.

Die Kandidaten von 1998 im Überblick

Bürgermeisterkandidat der Frankenberger CDU war – mit Unterstützung der Freien Wählergemeinschaft (FWG) und der FDP – Rüdiger Heß. Der damals 41-Jährige war Oberstleutnant beim Panzerartilleriebataillon 55 in Homberg. In der Kreisstadt des Schwalm-Eder-Kreises bekleidete der gebürtige Allendorfer die Funktion des Ersten Stadtrates und war dort vorher stellvertretender CDU-Fraktionssprecher.

Die Frankenberger SPD schickte – zum zweiten Mal nach 1996 – den früheren Unterbezirksvorsitzenden Erhard Wagner ins Rennen. Der 50-Jährige war Leiter der Ortenbergschule Frankenberg. Der SPD gehört er seit 1985 an. Wagner war bis zur Bürgermeisterwahl 1996 Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Frankenberg. Vier Jahre lang stand er bis 1997 an der Spitze des SPD-Unterbezirks.

Der Ortsverband der Grünen hatte einstimmig seinen Fraktionsvorsitzenden im Frankenberger Stadtparlament und amtierenden Kreisvorsitzenden Jürgen Frömmrich nominiert. Der 38-jährige Frankenberger war seinerzeit Bildungsreferent bei der Kommunalpolitischen Vereinigung der Grünen in Marburg. Zuvor war er Landesvorsitzender seiner Partei und Landtagsabgeordneter.

Als unabhängiger Kandidat stieg Gerhard Finkeldey (47) aufs Wahlkarussell. Finkeldey – gebürtiger Frankenberger – lernte sein Verwaltungshandwerk von der Pike auf in der Frankenberger Stadtverwaltung. Seit 1985 war der Diplom-Verwaltungswirt Abteilungsleiter des Melde-, Ordnungs-, Standes- und Gewerbeamtes.

„Frischen Wind“ wollte, wie er sagte, der unabhängige Bewerber Karl-Heinz Hoffmann (Schreufa) ins Rathaus bringen. Der gelernte Bankkaufmann Hoffmann war damals 55 Jahre alt und arbeitete in Frankenberg und Umgebung als freiberuflicher Interviewer für mehrere große Institute.

Ebenfalls als unabhängiger Bewerber setzte Standortplaner Ernst Helfenbein (57) zum Sprung auf den Chefsessel im Rathaus an. Er war als Selbstständiger bundesweit in Sachen Stadtentwicklung und Bauleitplanung tätig. Viele Jahre gehörte der 1998 Parteilose der FDP an und war fünf Jahre Vorsitzender des Bauausschusses der Stadtverordnetenversammlung.

Der Hut des Ersten Stadtrates Günter Langendorf (rechts) musste am Abend des Dienstags, 10. Februar 1998, dafür herhalten, die Rangfolge der drei unabhängigen Bürgermeisterkandidaten für Frankenberg auf den Stimmzetteln zu ermitteln. Als Assistentin wirkte SPD-Stadtverordnete Jutta Emde. Archivfoto: Jörg Schade
Der Hut des Ersten Stadtrates Günter Langendorf (rechts) musste am Abend des Dienstags, 10. Februar 1998, dafür herhalten, die Rangfolge der drei unabhängigen Bürgermeisterkandidaten für Frankenberg auf den Stimmzetteln zu ermitteln. Als Assistentin wirkte SPD-Stadtverordnete Jutta Emde. Archivfoto: Jörg Schade © Jörg Schade (Archiv)

Sieg am 15. März 1998 schon im ersten Anlauf

Christdemokrat Rüdiger Heß wurde am 15. März 1998 zum neuen Bürgermeister von Frankenberg gewählt. Der damals 41-jährige Oberstleutnant aus Homberg/Efze und gebürtige Allendorfer errang gegen fünf Mitbewerber überraschend schon im ersten Wahlgang 50,72 Prozent der abgegebenen, gültigen Stimmen. Er sollte am 1. Mai seinen Dienst in der ehemaligen Kreisstadt antreten.

Hinter Heß fuhr der Frankenberger Ordnungsamtsleiter Gerhard Finkeldey (unabhängig) abgeschlagen mit 21,97 Prozent noch das zweitbeste Ergebnis ein. SPD-Kandidat Erhard Wagner schaffte es auch im zweiten Anlauf auf das Bürgermeisteramt nicht und kam auf 15,14 Prozent. Für Jürgen Frömmrich (Bündnis 90/Die Grünen) stimmten 7,3 Prozent, für die unabhängigen Bewerber Ernst Helfenbein 4,21 und Karl-Heinz Hoffmann 0,62 Prozent der Wähler.

Die Wahlbeteiligung betrug 64,6 Prozent. Insgesamt gaben 9128 der 14 191 Wahlberechtigten ihre Stimme ab.

Acht Jahre Unterbrechung

Rüdiger Heß ist nicht durchgängig bis heute Bürgermeister von Frankenberg. Nach Querelen mit dem damaligen Landrat Eichenlaub hatte Heß 2004 auf eine weitere Kandidatur verzichtet. Dann das Comeback: Bei der Bürgermeister-Direktwahl am 26. Februar 2012 trat er wieder an und setzte sich bereits im ersten Wahlgang mit 50,5 Prozent gegen vier Konkurrenten durch. Bei seiner Wiederwahl am 24. September 2017 hatte Heß keinen Gegenkandidaten. Er holte 83 Prozent. Ob er bei der nächsten Direktwahl, voraussichtlich am 8. Oktober 2023, erneut antreten wird, ließ er bislang offen.

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