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Tagung bei Vitos Haina: Behandlung psychisch Kranker zuhause hat sich bewährt

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Von: Martina Biedenbach

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Bundesweite Tagung in Haina: In Workshops zogen die Teilnehmer Bilanz und richteten den Blick in die Zukunft der stationsäquivalenten Behandlung.
Bundesweite Tagung in Haina: In Workshops zogen die Teilnehmer Bilanz und richteten den Blick in die Zukunft der stationsäquivalenten Behandlung. © Thinkfox/nh

Vitos Haina war für einen Tag der Mittelpunkt der deutschen Psychiatrieszene. 300 Behandler tauschten sich über die Behandlung zuhause aus. Sie hat sich laut Studien bewährt.

Haina/Kloster – Vitos Haina war für einen Tag der Mittelpunkt der deutschen Psychiatrieszene. Fast 300 Ärzte, Pflegekräfte, Therapeuten und Sozialarbeiter aus allen Regionen Deutschlands nahmen an der ersten bundesweiten Tagung zur stationsäquivalenten Behandlung (StäB) teil, die die Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Haina ausrichtete. StäB bedeutet, dass schwer psychische kranke Menschen nicht stationär in einem Krankenhaus, sondern von einem multiprofessionellen Team im gewohnten Lebensumfeld behandelt werden.

„Die stationsäquivalente Behandlung muss als tragender Pfeiler der psychiatrischen Versorgung in Deutschland gesichert und ausgebaut werden“, sagte Reinhard Belling, Vorsitzender der Vitos-Konzerngeschäftsführung. Denn einerseits profitierten die Patienten nachweislich von dieser intensiven aufsuchenden Behandlung, andererseits biete StäB für die Behandler hochattraktive Arbeitsplätze.

Deshalb dürfe es nicht dazu kommen, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen die 2018 als Regelleistung zugelassene stationsäquivalente Behandlung zu einem ambulanten Versorgungsangebot abstuften.

Weil die Behandlung Zuhause laut Studien gut für die Patienten sei, müsse die stationsäquivalente psychiatrische Behandlung in Deutschland weiter ausgebaut werden, fordern mit Belling auch Prof. Dr. Florian Metzger, ärztlicher Direktor der Vitos-Klinik für Psychiatrie und Psychiatrie Haina (KPP), und Prof. Dr. Gerhard Längle, Leiter der Arbeitsgemeinschaft StäB der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde.

Florian Metzger Leiter Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Vitos Haina
Prof. Dr. Florian Metzger, Leiter Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Vitos Haina © Thinkfox

Aufgrund der Studienlage lasse sich nach fünf Jahren stationsäquivalenter Behandlung nur ein Schluss ziehen, sagte Längle: Neben der stationären, teilstationären und ambulanten Behandlung habe StäB einen festen Platz im sektorenübergreifenden psychiatrischen Behandlungsangebot gefunden. „Es ist uns gelungen, die stationsäquivalente Behandlung trotz der schwierigen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen, dem Fachkräftemangel sowie der Corona- und Ukraine-Krise zu etablieren.“ Sein Plädoyer an die Teilnehmer der Tagung, die noch keine stationsäquivalente Behandlung anbieten: „StäB ist gut für unsere Patienten. Und deshalb sollten alle psychiatrische Kliniken in Deutschland StäB anbieten.“

Mehr als die Hälfte (60 Prozent) der StäB-Patienten leidet an einer affektiven Störung wie einer Depression. Einen weiteren Diagnoseschwerpunkt bilden schizophrene Störungen. „Durchschnittlich dauert die Behandlung Zuhause 42 Tage – und damit länger als eine stationäre Behandlung“, berichtete der Hainaer Klinikleiter Florian Metzger aus den Erhebungen von Vitos. „Die Therapieintensität ist bei StäB jedoch deutlich größer als bei der stationären Behandlung.“

Fast 80 Prozent der Patienten werden von mindestens vier Berufsgruppen behandelt: also von Ärzten, Psychologen, Pflegekräften sowie von Sozialarbeitern oder anderen Therapeuten. Die positive Folge dieser intensiven täglichen Akutbehandlung im häuslichen Umfeld laut Metzger: Die Wiederaufnahmequote ist bei StäB geringer als bei stationärer Behandlung.  

Vitos Haina baut Behandlung zuhause aus: Bald auch Angebot in Bad Wildungen

Die Vitos-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Haina war 2019 eine der ersten Kliniken in Hessen, die das intensiv aufsuchende Behandlungsangebot stationsäquivalenten Behandlung etablierte, teilt Vitos mit.

Mit den beiden Teams von Vitos Behandlung Zuhause Frankenberg und Korbach und durchschnittlich zwischen zehn und zwölf Patienten zähle die Klinik zu den Einrichtungen in Deutschland, die in Relation von stationsäquivalenter zu stationärer Behandlung die meisten psychisch kranken Patienten in den eigenen vier Wänden behandele.

7,8 Prozent der Berechnungstage in der Erwachsenenpsychiatrie von Vitos Haina werden stationsäquivalent erbracht. Und eine Ausweitung ist geplant. „Noch in diesem Jahr soll auch in Bad Wildungen ein StäB-Team die Arbeit aufnehmen“, kündigte Matthias Müller, Geschäftsführer von Vitos Haina, während der Tagung an. „Unsere Entwicklung zeigt, dass StäB auch in einem Flächenlandkreis wie Waldeck-Frankenberg möglich ist.“

Für diese Strategie der gemeindenahen psychiatrischen Versorgung dankte Erster Kreisbeigeordneter Karl-Friedrich Frese. „Ich bin dankbar, dass Vitos zu den Menschen geht und vor Ort die Versorgung sicherstellt“, sagte der Gesundheitsdezernent. (Martina Biedenbach)

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