Hendrik Brand aus Lichtenfels ist Kreisschulsprecher: „Nicht verängstigen lassen“

Schiedsrichter, Vorsitzender der Jungen Union Waldeck-Frankenberg, Schulsprecher und nun auch noch Kreisschulsprecher: „Manchmal muss man einfach mal machen“, sagt der Mündener Hendrik Brand im Gespräch mit WLZ-Redakteurin Marianne Dämmer.
Hendrik Brand, Sie sind Schüler, der 2024 sein Abitur absolvieren möchte, engagieren sich nebenher in Sport und Politik. Was hat Sie bewogen, sich auch noch als Kreisschulsprecher zur Wahl zu stellen?
Hendrik Brand: Man muss der Schülerschaft eine Stimme geben. Das ist meine Motivation. Viele Schüler wissen gar nicht, dass man in der Schülervertretung (SV) eine gewisse positive Macht hat. Das heißt nicht, dass wir alles ändern können, aber wir können kommunizieren, intervenieren, Vorschläge machen, kritisieren. Unsere Ressource ist unsere Stimme. Die SV kann vieles umsetzen für die eigene Schülerschaft, aber auch zivilgesellschaftlich. Da ich Zeit aufbringen kann, stelle ich sie auch gerne in den Dienst der anderen. Und wenn ich die Schule als Ort damit ein kleines bisschen besser gestalten kann, dann tue ich das gerne und kann vielleicht auch eine Stimme für diejenigen sein, die sich nicht trauen, etwas zu sagen.
Können Sie Beispiele nennen für die Aktionen, die Sie mitgestaltet haben?
Als der Ukrainekrieg begann, haben wir mit der Schülerschaft der Burgwald-, Edertal- und Ortenbergschule 11 111 Euro an Spenden für die Ukraine gesammelt. Das ist eine stolze Summe. An unserer Schule, der ETS, hat die SV ein Oberstufen-Fußballturnier organisiert – zwölf Teams und 400 Zuschauer, das war gut für die Schülerschaft. An der ETS haben wir uns außerdem erfolgreich für eine neue Handyordnung eingesetzt. Die SV hat einen Vorschlag gemacht, wie sie ans 21. Jahrhundert angepasst werden kann. Wir haben uns dann mit einer Steuergruppe der Lehrerschaft getroffen, gemeinsam ein Papier verabschiedet, was bei der Gesamtkonferenz vorgestellt und verabschiedet wurde. Zuvor hatte ich nochmal alle Lehrer innigst gebeten, zuzustimmen. Das hat eine Liberalisierung für die Schüler gebracht.
Sie haben schon konkrete Planungen: Eine Podiumsdiskussion mit den lokalen Direktkandidaten vor der Landtagswahl und ein Besuch des Kreisschülerrates im Hessischen Landtag. Da kommt Ihre zweite Passion zum Vorschein: Sie sind auch politisch engagiert als Vorsitzender der Jungen Union Waldeck-Frankenberg. Könnte sich das beißen?
Da sage ich ein klares Nein. Mein politisches Engagement in der politischen Organisation und die Interessenvertretung für alle Schülerinnen und Schüler sind zwei Paar Schuhe, das kann ich gut trennen. Der Kreisschülerrat versucht immer, politisch neutral zu sein auf dem Boden unserer Verfassung. Wenn wir die Podiumsdiskussion machen, kann das nur gut für die Schülerschaft sein: Schulgebäude und Digitalisierung sind für uns ein Riesenthema. Wir wollen wissen, wie sich die Direktkandidaten die Bildungspolitik vorstellen.
ZUR PERSON
Hendrik Brand (18) aus Lichtenfels-Münden ist seit September 2021 Schulsprecher an der Edertalschule (ETS) in Frankenberg und wurde am 17. Januar 2023 zum Kreisschulsprecher gewählt.
2020 hat er in Lichtenfels die Junge Union (JU) reaktiviert und war zweieinhalb Jahre ihr Vorsitzender. Seit 11. Februar 2022 ist er Kreisvorsitzender der JU Waldeck-Frankenberg. Er ist von Klein auf begeisterter Karnevalist und Schalke-Fan. Bereits im Alter von zwölf Jahren hat Hendrik Brand die Ausbildung zum Schiedsrichter absolviert und war eine Zeit lang der jüngste Seniorenschiedsrichter Deutschlands: Auch sein erstes Herrenspiel hat er im Alter von zwölf Jahren gepfiffen.
Außerdem engagiert er sich als Kreis-Lehrwart der Schiedsrichter-Vereinigung Waldeck, er bildet neue Schiedsrichter aus und betreut die aktiven Schiedsrichter. (md)
Sie haben es gerade angesprochen: Digitale Ausstattung. Der Landkreis sagt, er hätte vieles auf den Weg gebracht, andere sagen, es ist bei Weitem nicht genug.
Vor allem ist es in vielen Teilen bei Weitem zu langsam. Es gab den Digitalpakt Schule des Bundes. Der Landkreis hat ihn aufgenommen und sich vorgenommen, in drei Schritten die Schulen zu digitalisieren. Erster Schritt war, WLAN an die Schulen zu bekommen. War richtig so, funktioniert bei uns an der Edertalschule (ETS) mittlerweile auch gut. Der zweite Schritt ist die digitale Ausstattung: Grundziel zum Beispiel der ETS war, dass jeder Raum ein Präsentationsmedium hat – Beamer, große Bildschirme, Whiteboards. Unsere Schule wird die Vollausstattung erst 2024 haben. Viel zu spät. Das lief in vielen anderen Landkreisen besser, bei uns wurde in den ersten zwei Jahren zu viel verschlafen.
Wie sieht das in anderen Ländern aus, wissen Sie das?
Ich war in der 8. Klasse auf einem Schüleraustausch in Dänemark, da lief alles digital. Als die Dänen zum Gegenbesuch kamen, sind sie aus allen Wolken gefallen. Wir wollen die Schüler fit machen für Ausbildung, Studium und Arbeitsalltag im 21. Jahrhundert – und dann holt der Lehrer den Overhead-Projektor raus. Eijeijei. Wir müssen da einfach besser werden. Immerhin hat sich seit Corona das Schulportal Hessen etabliert, die digitale Lern- und Arbeitsplattform für hessische Schulen, verantwortlich ist das Kulturministerium. Das hat sich gut etabliert und ist eine sinnvolle Ergänzung, die gut genutzt wird.
Sie fordern Instandhaltung und Fortentwicklung der Schulgebäude. Wie sieht es aus mit dem Erhalt von Schulstandorten?
Das ist der nächste Punkt. Beispiel Grundschulen in Goddelsheim und Eppe. Ich sehe es kritisch, dass immer weiter zentralisiert werden soll – schon gar nicht im flächenmäßig größten Landkreis Hessens. Dass nicht jede Kommune ein Gymnasium haben kann, ist klar. Doch gerade in der Grundschule ist es wichtig und richtig, wenn die Kinder möglichst nah an ihrem Zuhause beschult werden, auch wenn das finanziell eine Herausforderung sein mag. Die Leute zahlen auch auf dem Land fleißig ihre Steuern und haben es verdient, dass man sich auch für die kleineren Grundschulen vor Ort einsetzt. Wenn wir alles nur noch wirtschaftlich denken wollen, dann können wir den halben ländlichen Raum dicht machen.
Dann wären wir auch gleich beim nächsten Thema Mobilität – für viele Schüler, die übervolle Busse nutzen müssen, eine leidige Sache. Kümmert sich der Kreisschülerrat?
Ja. Manchmal geht es um eine Linie in einer Gemeinde, da ist es für uns schwierig. Aber der Kreisschülerrat hat schon versucht, sich dafür stark zu machen, dass vor allem zur Zeit der Corona-Epidemie mehr Busse eingesetzt werden. Seitdem haben wir das Thema immer wieder auf dem Schirm. Nicht immer sind die Busfahrzeiten sinnvoll an die Stundenpläne angepasst.
Was ist Ihnen als Kreisschulsprecher noch wichtig?
Wenn ich einen Appell an alle Schülerinnen und Schüler richten dürfte, würde ich sagen: „Leute, geht in die SV, man kann da mehr bewegen als man denkt“. Manchmal ist es auch ein Kampf gegen Windmühlen, aber es gehört auch dazu, mal einzustecken. Wenn man ein Projekt gestartet und am Ende durchgesetzt hat und die Leute sagen „super Sache“ ist das unheimlich wertvoll. Nicht nur für die eigene Persönlichkeit, sondern für die gesamte Schulgemeinde, die davon profitiert. Ich sage immer, „wir sind eure Gewerkschaft, die Schulseite ist so etwas wie der Arbeitgeberverband“. Und manchmal muss man einfach mal machen.
Sie sind ja in eine ganz karnevalsbegeisterte Familie hineingeboren. Wann standen Sie zum ersten Mal in der Bütt?
Meine erste Büttenrede habe ich im letzten Kindergartenjahr gehalten, im Februar 2011, da war ich sechs Jahre alt. Meine Mutter hat mir die Büttenrede mehrfach vorgelesen, ich habe sie auswendig gelernt, lesen konnte ich ja noch nicht.
Vor ein paar hundert Menschen zu sprechen, fällt Ihnen nicht schwer.
Eher nicht, auch wenn eine Büttenrede natürlich etwas ganz anderes ist als vor Schülern oder vor politischem Publikum zu sprechen. Man muss immer respektvoll, ergebnisorientiert und klar sprechen. Da darf man sich nicht verängstigen lassen, auch als Kreisschulsprecher nicht. Es geht ja in erster Linie um die Sache und dafür, wichtige Themen für die Schülerschaft umgesetzt zu bekommen. Und da ist es egal, wer vor dir sitzt. Wenn der, der für die Digitalisierung an Schulen zuständig ist, mit der Arbeit nicht hinterher kommt, muss man das auch klar benennen können, ohne zu pauschalisieren. Meine Devise ist: Angenehm im Ton, hart in der Sache.