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Statt Caterer: In der Kita Kleine Helden in Korbach wird für die Kinder künftig frisch gekocht

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Von: Philipp Daum

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Gesundes Mittagessen mit regionalem Charakter: In der Kita Kleine Helden in Korbach startet spätestens mit Beginn des Jahres 2024 ein zweijähriger Modellversuch.
Gesundes Mittagessen mit regionalem Charakter: In der Kita Kleine Helden in Korbach startet spätestens mit Beginn des Jahres 2024 ein zweijähriger Modellversuch. © Philipp Daum

Frischkost aus regionaler Herkunft und mit saisonalem Charakter: In der Kindertagesstätte Kleine Helden in Korbach soll das Essen in Zukunft überwiegend aus gesunden Lebensmitteln bestehen und selbst zubereitet werden.

In der jüngsten Sitzung des Stadtparlaments ist die Umsetzung des zweijährigen Modellversuchs „Wir kochen im Kindergarten“ einmütig beschlossen worden.

Bei der Abstimmung gab es lediglich eine Enthaltung durch den FDP-Stadtverordneten Jochen Rube. Die Initiative für den Modellversuch war Mitte 2022 von der SPD-Fraktion gekommen, daran schloss sich eine genauere Prüfung des Modellversuchs durch die Stadt Korbach an.

Voraussichtlich ab 1. September 2023 - spätestens aber mit Beginn des Jahres 2024 - soll der Modellversuch nun starten. Bis es soweit ist, müssen noch bauliche Änderungen in der Kita Kleine Helden vorgenommen und Küchengeräte angeschafft werden. Außerdem muss noch eine Hauswirtschaftskraft für 19,5 Wochenstunden eingestellt werden. Nach einem Jahr wird der Stadtverordnetenversammlung ein erster Bericht über Verlauf, Akzeptanz und Kostenentwicklung vorgelegt

In der Debatte stand das Thema „Kosten“ ganz oben auf der Tagesordnung. Der Grund: Eine Frischkostzubereitung ergibt in der Kalkulation einen höheren Preis – unterm Strich kostet die Mittagsverpflegung in der Zeit des Modellversuchs fünf Euro pro Portion – das ist eine Preissteigerung im Vergleich zum angelieferten Warm-Essen durch einen Caterer um 1,10 Euro pro Portion.

Diese Preiserhöhung sorgt auch dafür, dass die Akzeptanz für den zweijährigen Modellversuch bei den Eltern der Kita-Kinder derzeit nicht gänzlich vorhanden ist. „Die Eltern haben in Gesprächen zurückgemeldet, dass sie an einer ausgewogenen Ernährung ihrer Kinder großes Interesse haben. Die Akzeptanz einer Preissteigerung ist aber nicht gegeben“, sagte Sozialamtsleiterin Ute Jennemann bei der Vorstellung der letzten Details zu dem Modellversuch. Von 39 Eltern seien nur zehn Prozent bereit, höhere Kosten von maximal 4,50 Euro pro Mittagessen zu zahlen.

Um das Projekt aber dennoch zunächst für zwei Jahre laufen zu lassen, zahlt die Stadt Korbach die zusätzlichen Kosten aus eigener Tasche. Konkret bedeutet das: Die Mehraufwendungen in Höhe von 9000 Euro, die sich bei einer Frischkostzubereitung vor Ort durch entsprechendes Personal ergeben, werden aus Haushaltsmitteln getragen. Der Essenspreis in der Kita Kleine Helden wird somit nicht auf 5 Euro pro Mittagsverpflegung erhöht, sondern liegt laut Beschluss der Stadtverordnetenversammlung weiterhin auf einem Niveau mit den Mittagessen in den anderen Korbacher Kindertagesstätten.

Bestandteil des Modellversuchs ist zudem eine nachhaltige Ernährungsbildung. Heißt: Die Kita-Kinder sollen bei der Zubereitung des Essens eingebunden werden und sich mit der Herkunft und Produktion der Lebensmittel beschäftigen.

Wie es nach den zwei Jahren weitergeht, ist offen. Die SPD-Fraktion hat sich bereits dafür ausgesprochen, ein vor Ort zubereitetes, frisches Essen mit regionalem und saisonalem Charakter an allen Kitas in Korbach einzuführen.

Umfrage zur Zeit der Energiekosten-Explosion

„Wir haben die Eltern gefragt, ob sie bereit wären, einen Betrag zwischen 3,80 und 5,20 Euro für das Mittagessen zu zahlen. Die Umfrage haben wir im Spätherbst 2022 gemacht. In dieser Zeit kam es zur Explosion der Energiekosten – verbunden mit der Sorge der Eltern, nicht zu wissen, was noch alles auf sie zukommt“, berichtete Sozialamtsleiterin Ute Jennemann, die wegen der geringen Akzeptanz für das Frischkost-Essen detailliert auf die Umfrage-Ergebnisse einging.

Sie wies zudem darauf hin, dass wegen der Kostensteigerungen für den Caterer die Preise für die Mittagsverpflegung schon von 3 auf 3,90 Euro erhöht worden seien. „Das war kurz vor der Umfrage“, so Jennemann. Insofern sei es nicht überraschend gewesen, dass das Ergebnis der Umfrage negativ ausgefallen sei.

Hauptgrund für den höheren Preis bei der Frischkost-Mittagsverpflegung sei der zusätzliche Personalaufwand. Um die Speisen zu planen und zuzubereiten, müsse eine Fachkraft eingestellt werden. Dies könne ein Koch oder eine Köchin sein, aber auch Personen aus den Bereichen Hauswirtschaft, Diätassistenz und Ernährungsberatung könnten dies übernehmen.

Lisa Rusch vom Elternbeirat der Kita Kleine Helden sagte auf WLZ-Anfrage, dass nur der spürbar höhere Preis für das gesunde Kita-Essen ursächlich für das negative Umfrageergebnis gewesen sei. „Alle Eltern, mit denen ich gesprochen habe, finden den Modellversuch aus den genannten Gründen gut. Sie haben auch die Hoffnung, dass die Kinder dadurch mehr essen, wenn sie sehen, woher die Lebensmittel kommen und was alles hinter der Zubereitung steckt.“ Doch Preissteigerungen seien aktuell eben schwer vermittelbar.

Zitate aus dem Stadtparlament

„Wir tragen den Versuch gerne mit und sind gespannt auf die Ergebnisse. Wir hoffen, dass sich das Projekt auch vor dem pädagogischen Hintergrund bewährt und finanziell tragfähig bleibt. Wichtig ist, dass verantwortungsbewusst mit Allergien und Nährstoff-Intoleranzen umgegangen wird.“ Kai Schumacher (Freien Wähler).

„Dass Kinder frisch vor Ort zubereitetes Essen bekommen und den Umgang mit Lebensmitteln erlernen, ist richtig. Die Kinder erfahren früh einen nachhaltigen Ernährungssinn. Allerdings müssen wir aufpassen, dass wir keine Zwei-Klassen-Gesellschaft in den Kindertagesstätten bekommen.“ Jannick Göbel (CDU).

„Das Modellprojekt wird qualitativ eine deutliche Verbesserung bei der Verpflegung mit sich bringen und bei Eltern sowie Kindern sehr gut ankommen. Wir gehen davon aus, dass das Feedback positiv sein wird und dass dadurch auch bei anderen Kitas das Interesse geweckt wird.“ Dr. Peter Koswig (Grüne).

„Ziel soll sein, dass im Zuge des Modellversuchs viele Kitas in Korbach, wenn nicht sogar alle, von gesunder Ernährung und dem Umgang damit profitieren. Letztlich müssen aber auch die Eltern mitgenommen werden. Transparenz ist entscheidend, um die Preissteigerungen beim Essen nachvollziehbar zu erklären.“ Henrik Ludwig (SPD).

„Nicht alle Essen, die in die Kitas geliefert werden, sind so schlecht, wie es mitunter dargestellt wird. Vielleicht können wir die Caterer mit dem Modellversuch animieren, ein etwas besseres Essen zu liefern, so dass auch andere Kitas ohne Frisch-Küche ein gleichwertiges Essen erhalten.“ Heinz-Dieter Helfer (FDP).

„Ich stelle mich nicht gegen das Projekt. Gute Ernährungspädagogik kann aber auch ohne Frisch-Küche stattfinden, indem Wissen über Nahrungsmittel Kindern vermittelt wird. Wegen des höheren Essenspreises ist fraglich, ob gesunde Ernährung später nur mit Dauerbezuschussung möglich ist – und ob wir das dann wollen.“ Jochen Rube (FDP).

„Wir begrüßen, dass man sich mit dem Modellversuch ins Zeug legt. Man darf mit Blick auf den Zwischenbericht gespannt sein, wie die Kosten aussehen und wer am Ende bereit ist, diese zu tragen.“ Harald Rittinghaus (Aktive Bürger).

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