Korbacher Theaterwoche: Zum Jubiläum eine Zeitreise durch 75 Jahre

Kaum ist der Vorhang für die diesjährige Theaterwoche gefallen, richtet sich der Blick schon auf das kommende Jahr: Dann geht Deutschlands größtes Amateurtheater-Festival zum 75. Mal über die Bühne.
Korbach – „Es wird ein spannendes Experiment“, blickt Michael Schwarzwald vom Kuratorium voraus: Neben dem Theaterwochen-Jubiläum wird 2024 auch 75 Jahre Bundesrepublik Deutschland gefeiert. Beides fließt in das neue Werkstatt-Thema ein, das die Kuratoriumsmitglieder am Freitag vorstellten: „Zeit – Reise. Inszenierung einer Revue zu Stationen des Lebens.“ Den Gruppen werde ein Materialfundus zur Verfügung gestellt, mit dem sie arbeiten könnten, erklärte Schwarzwald. Inhaltlich gliedern verschiedene Stationen das Werkstatt-Thema: „1949: Geburtsstunde“, „1965: Junge Wilde“, „1979: Umbruch“, „2010: Widerstände“ und „2024: Alt aber keineswegs betagt“.
Mit einem Rückblick hatte die Sitzung begonnen: „Es war eine schöne, dichte, spannende Woche“, so das Fazit von Michael Schwarzwald. Die Aufführungen hätten eine Vielzahl von Denkanstößen gegeben und auf formaler Seite eine Vielzahl von Spielmöglichkeiten geboten. „Wie gehe ich mit existenziellen Fragen um? Welche Antworten finde ich?“, fasste Schwarzwald den roten Faden zusammen, der die einzelnen Darbietungen verknüpfte.
Den Auftakt übernahm diesmal die Musicalgruppe „Strong Together“ der evangelischen Jugend des Kirchenkreises Eder mit dem Tanztheaterstück „Rhapsody in Blue“, das sich mit dem Thema Depressionen auseinandersetzte. Bei ausverkaufter Stadthalle zudem ein Publikumserfolg.
„Heroes“, eine Eigenproduktion des Kurses „Darstellendes Spiel“ des Landgraf-Ludwig-Gymnasiums Gießen sei ein „schönes Beispiel für ästhetisches Spiel mit einfachen Mitteln“, so Schwarzwald. „Hamlet“, eine Eigenproduktion frei nach William Shakespeare des Ensemble ARTIG von der Marienschule Münster sei ein gelungener Versuch, einen Klassiker jugendgemäß provokant auf die Bühne zu bringen. Gut besucht war auch das „Geheimnis der wilden Gans“ nach der Märchenfabel „Die weisen Tiere“ von Hannah Arendt, dargeboten vom AGORA-Theater aus St. Vith (Belgien).
„Dworzec/Train Station – Bahnhof“, einer Eigenproduktion des Teatr Prawdziwy aus Nova Bielawa (Polen) entwickelte sich aus den Ereignissen in der Ukraine. Schwarzwald: „Es könnte unter dem Titel stehen: Gemeinsam einsam“. Das Stück habe das Publikum zu leisen Tränen gerührt. Zu sehen waren außerdem die Spielgruppen der Lebenshilfe Weimar/Apolda und Korbach, die Theater-AG der Edertalschule Frankenberg und zum Abschluss das „rohestheater“ aus Aachen.
„Einige traditionsreiche Gruppen haben sich während der Pandemie aufgelöst. Es gibt sie einfach nicht mehr“, bedauerte unterdessen Dr. Hartmut Wecker. Während vor gut zehn Jahren noch die fehlende Finanzierung ein Thema gewesen war, sieht Wecker jetzt darin eine Bedrohung für die Theaterwoche. „Wir sollten an die Schulen appellieren, ihre Theater-Gruppen weiterzuführen.“