Abgesenkt wurden im Zuge des Projekts bereits jetzt die Schülerzahlen für Berufsschulklassen: Bisher mussten mindestens 15 Azubis in einer Klasse sein, jetzt sind es zwölf im ersten Ausbildungsjahr, neun im zweiten, acht im dritten und fünf im vierten Ausbildungsjahr. „Dieses ermöglicht es uns, auch bei relativ kleinen Klassengrößen eine Beschulung vor Ort durchführen zu können“, sagt Uwe Schönrock, Leiter der Beruflichen Schulen Korbach und Bad Arolsen. Bereits jetzt habe es dadurch eine „erhebliche Steigerung der Lehrerstellenzuweisung“ gegeben, das habe zur „Standortsicherung in einigen Ausbildungsberufen beigetragen“, so Schönrock.
Allerdings: Sollten die niedrigeren Schülerzahlen zwei Mal hintereinander nicht erreicht werden, „kann eine Beschulung vor Ort nicht mehr durchgeführt werden. Das kann durchaus dazu führen, dass Ausbildungsberufe mit sehr geringen Schülerzahlen nicht mehr vor Ort, sondern an einer anderen zuständigen Berufsschule beschult werden.“ Die neuen Mindestschülerzahlen sieht Schönrock als ein „Schritt in die richtige Richtung“.
Die Absenkung der Schülerzahlen ist auch aus Sicht des Leiters des Bereichs Aus- und Weiterbildung der IHK Kassel-Marburg, Dr. Thomas Fölsch, „sehr positiv für den ländlichen Raum“. Trotzdem könne es in manchen Berufsfeldern knapp werden mit der Erfüllung der Mindestgröße, vermutet er. Da müsse man neue Wege gehen und beispielsweise digital gestützten Unterricht anbieten, regt er an. Auch die Beschulung in „regionalen Clustern“ sei machbar.
Kai Bremmer sieht mehrere Schwachpunkte bei der anstehenden Änderung: Bei manchen Berufen könne es knapp werden ab dem zweiten Ausbildungsjahr – trotz geringerer Schülerzahlen. Sollte der Landkreis die Beschulung für Ausbildungsberufe an weit entfernte Regionen verlieren, könne das dazu führen, dass es in Waldeck-Frankenberg irgendwann auch keine Prüfungen und Fortbildungen mehr gebe, der Kontakt zwischen Schule und Betrieb zunehmend verloren gehe und für Betriebe Mehrkosten durch Fahrten und Unterbringung ihrer Azubis entstünden. Zudem fürchtet der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft: „Was einmal weg ist, kommt nicht wieder.“
Auf Nachfrage teilt das Kultusministerium mit, dass man eine „möglichst betriebsnahe Beschulung ermöglichen“ wolle. Ziel sei, dass jeder Berufsschulstandort „für mindestens einen Ausbildungsberuf als landesweit zuständige Berufsschule“ gelte.
Die Berufsschulstandorte in Hessen werden neu ausgerichtet. Damit wolle man der sinkenden Zahl der Auszubildenden und der zunehmenden Spezialisierung in Berufen gerecht werden, hatte Kultusminister Alexander Lorz angekündigt. Kern des Projekts: Wird an einem Berufsschulstandort an zwei Jahren hintereinander für einen Beruf nicht die nötige Klassengröße erreicht, gibt es eine Bündelung in regionalen, Landes- oder Bundesfachklassen. Wo diese Standorte entstehen könnten, sei derzeit in Abstimmung, heißt es aus dem Kultusministerium. Die Standorte seien nur erforderlich, sollte es nicht genügend Auszubildende an einem Ort geben und keine regionale Beschulungsmöglichkeit. Bei der Festlegung sollen auch „die Stärken der Schulen, die Vorstellungen der Wirtschaft und die Planungen der Schulträger so weit als möglich in Deckung gebracht“ werden. Bis zum Frühjahr 2024 soll der Entwurf stehen, Start für das eigentliche Projekt soll dann 2025 sein. (Julia Janzen)