Die Junge Agora St. Vith (Belgien) hat sich in den vergangenen Monaten intensiv mit den Fragen nach Macht und Manipulation beschäftigt. Niemand ahnte, welche Nähe diese Auseinandersetzung bald zur realen Welt haben wird.
Als Märchen geschrieben, das das Nazi-Regime entlarvt, ist das Stück heute so beängstigend wie damals. Lanzelot, der professionelle Held und Reisende, will die Drachenstadt aus der Gewaltherrschaft befreien. Das Volk aber hat sich längst in sein Schicksal ergeben, sich arrangiert. Im Spiel vertauschen die fünf Schauspieler immer wieder ihre Rollen. Der Vater von Elsa wird zum Bürgermeister, der Drache wird zum Freund, der Sohn des Bürgermeisters ist immer wieder Aufsichtsperson und Taktgeber des Widerstands. Selbst im Kampf mit dem Drachen ist nicht immer zu unterscheiden, wer für die Freiheit kämpft und wer eine Veränderung verhindern möchte.
Was verwirrend scheint, macht deutlich, dass Diktatur und Verblendung niemals das Ergebnis eines einzelnen Menschen sein können. Am Ende bleibt auch für den Zuschauer die Frage, was haben wir selbst verinnerlicht? Erkennen wir unsere Unterdrücker?
Eine Aufarbeitung der Coronazeit der besonderen Art hat der „Theaterclub+“ von „thearte“ aus Kassel auf die Bühne gebracht. Die Mitglieder haben sich mit ihrer persönlichen Situation während des Lockdowns auseinandergesetzt und ihre Gefühle, Befindlichkeiten und Erinnerungen sowie Lieblingstexte aufgeschrieben. Die Ergebnisse präsentierten die acht Schauspielerinnen und Schauspieler am Donnerstag in einer szenischen Lesung in der Nikolaikirche und trafen damit genau den Nerv des Publikums, die vielfach offenbar ähnlich empfunden haben. Ein authentischer und berührender Auftritt mit Wirkung.
Lesungen und szenische Darstellung erfolgten im Wechsel. Vor allem mit ihren persönlichen Inhalten holten sie die Besucher ab und bauten eine Verbindung zu ihnen auf. Dies wurde dann in der Nachbesprechung von der Zuhörerschaft auch mehrfach positiv herausgestellt.
Die Schauspieltruppe war im Lockdown auf Null heruntergefahren, nutzte aber die Zeit kreativ und schrieb viel: Einsamkeit, Sprachlosigkeit, extensiver Medienkonsum, aber auch Besinnung auf alte Freunde und Kontakte waren einige der Themen. Aus den Lieblingstexten der Mitglieder wurde ein dramaturgischer Ablauf erstellt, der in szenischen Lesungen vorgetragen wurde.
Auch Texte anderer Autoren wurden hinzugenommen: Camus, Lichtenberg, Hopper und Brecht. Dazu passten Assoziationen zu „Quarantäne“, wie Ausgangssperre, Epidemie, Angst oder Einsamkeit. Bei allem Lockdown lässt sich aber das Gras nicht beirren „es wächst weiter“, so das Fazit der Theatergruppe aus Kassel. (Marise Moniac, Barbara Liese, Hans Peter Osterhold)