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Stopp für neue Stellen beim Landkreis: CDU und SPD wollen erst einmal mehr Infos

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Von: Philipp Daum

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Kreishaus in Korbach: 60 neue Stellen sollen dieses Jahr in der Kreisverwaltung geschaffen werden. CDU und SPD im Kreistag wollen mehr Infos dazu. Solange soll ein Sperrvermerk Ausgaben für Personal in Höhe von zwei Millionen Euro verhindern.
Kreishaus in Korbach: 60 neue Stellen sollen dieses Jahr in der Kreisverwaltung geschaffen werden. CDU und SPD im Kreistag wollen mehr Infos dazu. Solange soll ein Sperrvermerk Ausgaben für Personal in Höhe von zwei Millionen Euro verhindern. © Hans Blossey

Rund 60 neue Stellen will der Landkreis in diesem Jahr schaffen. Doch ob er dafür auch die nötigen Mittel erhält, ist noch offen.

Die Große Koalition aus CDU und SPD, die im Kreistag die Mehrheit hat, will für die Personalausgaben des Kreises einen Sperrvermerk in Höhe von zwei Millionen Euro in den Haushalt 2023 einstellen.

Sie begründet das Vorgehen damit, dass sie zunächst ein Konzept vorgelegt haben wolle, aus dem hervorgehe, wo genau Personal eingestellt werden soll.

„Wir müssen schon im Detail drauf schauen, wo Neueinstellungen sinnvoll sind. Wir wollen definitiv keine Stellen streichen. Um aber etwaige Doppelstrukturen zu vermeiden, wollen wir wissen: Was ist geplant, wie sollen die Stellen eingesetzt werden und wie ist der Arbeitsablauf?“, stellte CDU-Fraktionschef Timo Hartmann klar.

In der Kreistagssitzung am heutigen Montag, 13. Februar, in der Korbacher Stadthalle soll der Haushalt verabschiedet werden – vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung dürften dies mit Spannung verfolgen. Landrat Jürgen van der Horst wies nämlich in der Sitzung des Finanzausschusses am Donnerstag darauf hin, dass der Sperrvermerk es dem Landkreis nicht mehr ermögliche, Stellenausschreibungen und somit Neueinstellungen vorzunehmen. „Wir haben in der Kreisverwaltung eine hohe Arbeitsbelastung, ich habe aus fast allen Fachdiensten Überlastungsanzeigen vorliegen mit hohen Krankenständen. Außerdem sind viele neue Aufgaben hinzugekommen“, sagte der Landrat. Die Situation sei dramatisch.

„Der Sprung beim Personalbudget scheint groß zu sein. Das relativiert sich aber bei genauerer Betrachtung. Die Ist-Zahlen im Jahr 2022 sind andere Zahlen als die Planzahlen für 2022“, so van der Horst. Letztere seien im Haushalt davor, den er nicht zu verantworten habe, niedriger kalkuliert worden. Die Ist-Zahlen seien nun aber höher. „Es ergibt sich von 2022 auf 2023 daher auch keine Erhöhung des Personalbudgets um 5,9 Millionen Euro, sondern um 4,8 Millionen Euro.“

Allerdings seien signifikante Tarifsteigerungen zu erwarten. „Hinzu kommen Besoldungsstufenerhöhungen und Neueingruppierungen. Alles zusammen macht 2,9 Millionen Euro aus – ohne dass eine einzige Stelle geschaffen wird“, so van der Horst. Für Neueinstellungen im Jahr 2023 habe man somit ein Budget von 1,9 Millionen Euro. Dass dieses durch einen Sperrvermerk zurückgestellt werden soll, halte er für gefährlich mit Blick auf die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung.

Sperrvermerk: Das steckt dahinter

Ein Sperrvermerk legt fest, dass eine Aufwendung oder Ausgabe so lange nicht getätigt werden darf, bis eine bestimmte Voraussetzung dafür vorliegt. Der Sperrvermerk steht im Haushalt und hat zur Folge, dass eine Bewilligung nicht von Beginn des Haushaltsjahres an gilt, sondern erst später nach Aufheben der Sperre. Im Vermerk oder an anderer Stelle wird bestimmt, wer die Sperre aufheben kann – zum Beispiel der Kreistag.

„Wollen konstruktiv mitarbeiten“

Die Kreistagssitzung in der Korbacher Stadthalle beginnt am heutigen Montag, 13. Februar, um 14 Uhr - intensiv wurde das Thema Personalentwicklung in der Kreisverwaltung aber schon im Finanzausschuss am vergangenen Donnerstag diskutiert.

„Uns eint ja die Erkenntnis, dass wir in der Kreisverwaltung ein modernes Personalmanagement entwickeln müssen“, sagte der Landrat in Richtung der Vertreter der einzelnen Fraktionen, die im Finanzausschuss vertreten sind. Es fänden sich dazu im Haushalt auch Hinweise, um genau das umzusetzen. „Wir haben eine Planstelle vorgesehen für Personal und Controlling sowie eine eigenständige Fachdienstleitung Personal. Die haben die Aufgabe, das System an den Start zu bringen und zu entwickeln.“ Das sei aber nicht das Ende der Fahnenstange, weiteres Personal werde dafür benötigt.

Jürgen van der Horst
Jürgen van der Horst, Landrat © PR

Er habe aber große Probleme mit dem Sperrvermerk, der ein Stopp für Ausgaben in Höhe von zwei Millionen Euro beim Personal vorsieht. Mit Blick auf die gestiegene Arbeitsbelastung in der Kreisverwaltung sagte van der Horst: „Wir müssen gerade im Bereich der Sozialverwaltung unwahrscheinlich dringend nachsteuern, sonst wird uns die Arbeitsfähigkeit in den einzelnen Fachdiensten verloren gehen. Da wir doch alle ohnehin das gemeinsame Ziel haben, ein neues Personalmanagement zu installieren, sollten wir einen anderen Weg gehen“, appellierte der Landrat.

Der Sperrvermerk führe nämlich dazu – solange er nicht aufgehoben werde – dass mindestens eine Verzögerung eintrete. „Wir können dadurch keine Stellenausschreibungen starten und am Markt überhaupt nicht agieren“, betonte van der Horst, der darauf hinwies, dass es de facto 39 Stellen seien, die neu geschaffen würden. Der Rest der 60 Stellen seien Entfristungen bestehender Verträge.

Timo Hartmann
Timo Hartmann, Fraktionsvorsitzender der CDU im Kreistag © PR

„Wie kommt die Stellenmehrung denn genau zustande?“, fragte Timo Hartmann, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion. Die Große Koalition habe nie gesagt, es gebe für das Personal dieses Jahr kein Geld mehr. „Wir wollen aber bei der Personalplanung für die Zukunft konstruktiv mitarbeiten und den Kreisausschuss aktiv dabei unterstützen, sodass keine Mehrbelastung und kein erhöhter Krankenstand mehr existieren.“

„Ich sehe das gar nicht so dramatisch. Nach unserem Antrag soll der Sperrvermerk aufgehoben werden, wenn uns der Kreisausschuss eine grundsätzliche Entscheidung und einen Zeitplan vorlegt. Mehr wollen wir doch gar nicht. Das kann doch in vier Wochen der Fall sein“, sagte Karl-Heinz Kalhöfer-Köchling, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion.

CDU-Kreistagsfraktion
Karl-Heinz Kalhöfer-Köchling, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion © PR

Dazu sagte der Landrat: „Ein in die Tiefe gehendes Personalmanagement samt Zeitschiene auf- und vorzustellen, braucht deutlich mehr Zeit als vier Wochen. Da wären wir wohl erst in der Sitzung vor der Sommerpause und hätten viel Zeit verloren.“ Er wies darauf hin, dass er den angestrebten Prozess bereits umrissen habe – mit allen wesentlichen Punkten, die dabei eine Rolle spielten. „Wenn wir doch in hohem Maße einen Konsens haben, warum brauchen wir noch einen Sperrvermerk“, fragte van der Horst.

„Das ist eine schwierige Situation“

„Der Kreisausschuss hat im Detail den Stellenplan für die Kreisverwaltung erläutert. Ich glaube, die Fraktionsvorsitzenden haben auch Zugriff darauf“, sagte Landrat Jürgen van der Horst, der mit Blick auf die Frage, warum der Stellenzuwachs beim Landkreis in diesem Jahr so hoch ausfalle ein konkretes Beispiel nannte: „Wir haben für die Wohngeldstelle drei Mitarbeiter mehr veranschlagt, so dass es dort anschließend 13 sein werden. Gleichzeitig erwarten wir aber eine Verdreifachung des Antragaufkommens zum Wohngeld. Neueinstellungen sind hier also absolut notwendig. Unser Vorgehen beschreibt aber dennoch, dass wir sehr zurückhaltend in die Planung gegangen sind.“

Der Landrat wies zudem darauf hin, dass es aufgrund der Flüchtlingssituation im Landkreis Waldeck-Frankenberg bereits eine spürbare Zunahme der Aufgaben in diesem Bereich gegeben habe. Schwerpunkte bei den geplanten Neueinstellungen bildeten zudem die Fachdienste Gesundheit, Schulen und Bildung sowie der Fachdienst Rettungsdienst, Brand- und Katastrophenschutz.

Der Sperrvermerk führe zudem zu der „unangenehmen Situation“, dass selbst Stellen nicht besetzt werden könnten, die zu 100 Prozent durch Land oder Bund gegenfinanziert seien. „Wir geben also für diese Stellen gar kein Geld aus, dürfen sie aber trotzdem nicht besetzen. Das ist eine schwierige Situation. Wir geben somit auch kein gutes Zeichen in die Verwaltung“, so van der Horst.

Zitate aus den Fraktionen

„Was uns stört, ist der enorme Anstieg der Stellen auf 60 – auch wenn darunter einige Übernahmen sind. Aber es sind eben auch viele neue Stellen, die geschaffen werden sollen. Der Landrat hat in seiner Antrittsrede angekündigt, in der Kreisverwaltung eine neue Organisationsstruktur beim Personal einführen zu wollen. Die Große Koalition hätte sich daher gewünscht, dass ein Jahr später im Haushalt Überlegungen und Planungen dazu vorgelegt worden wären, die sichtbarer sind.“ Timo Hartmann, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion. Er stellte den Antrag der Großen Koalition vor.

„Was wollen CDU und SPD mit dem Sperrvermerk bewirken? Wenn der Landrat gesagt hätte, er wolle kein Personalcontrolling, hätte ich Verständnis für diese Herangehensweise. Er hat aber mehrfach bekräftigt, dass er das ohnehin machen wolle. Wozu also dieser Schuss, mit dem Sie möglicherweise auf den Landrat zielen, aber voll die Verwaltung treffen? Die Mitarbeitenden sind die Leidtragenden bei Unterbesetzungen. Wenn sich dadurch Wartezeiten verlängern und die Bürger fragen, warum das nicht funktioniert, könnte die Antwort lauten: Weil es einen Sperrvermerk gibt.“ Jochen Rube, Vorsitzender der FDP-Kreistagsfraktion.

„Wir haben jetzt endlich einen Landrat, der sich dem wichtigen Thema Personalmanagement widmet – und zwar so, wie es CDU und SPD fordern. Auf drei Seiten hat der Kreisausschuss beschrieben, welche 33 Stellen im Einzelnen neu geschaffen werden sollen. Das ist nicht pauschal, sondern detailliert. Auch die Stellen, die nötig sind, um die Strukturveränderungen zu realisieren, werden aufgeführt. Die Große Koalition müsste das mittragen. Ihr könnt für euch verbuchen, dass ihr das mit auf den Weg gebracht und den Landrat ein bisschen geschoben habt. Aber bitte tragt das mit, um ein Signal nach außen zu senden: Wir machen das zusammen.“ Heinfried Horsel, stellvertretender Vorsitzender der Kreistagsfraktion der Freien Wähler.

„Der Sperrvermerk ist in seiner Größe zu völlig überdimensioniert und führt dazu, dass keine Stellen besetzt werden können. Wenn man sich vor Augen führt, dass der Landkreis Aufgaben übertragen bekommen hat, die wir alle richtig finden, muss man die Erledigung der Aufgaben auch mit Personal sicherstellen.“ Daniel May, Vorsitzender der Grünen-Kreistagsfraktion.

„Es gibt Menschen im Landkreis, die warten auf Gelder, um damit ihre Existenz zu sichern. Darunter sind Familien, die unter der Armutsgrenze leben. Wenn Sie in der Großen Koalition nun mit dem Sperrvermerk dafür sorgen, dass im sozialen Bereich Stellen unbesetzt bleiben und Vorgänge deshalb nicht bearbeiter werden können, haben Sie Familien auf dem Gewissen, die nicht wissen, wie sie ihre Sachen bezahlen sollen.“ Sabine Moering (Linke, fraktionslos).

Ein Kommentar von WLZ-Redakteur Philipp Daum

Nicht die Muskeln spielen lassen, sondern eine Lösung finden

Es ist nachvollziehbar, dass Fraktionen sich mit ihren Positionen in Beschlüssen wiederfinden wollen. So funktioniert Politik, das Resultat sind meist Kompromisse.

Die Entscheidung, in welchem Umfang Stellen beim Landkreis geschaffen werden sollen, taugt aber eher nicht für politische Auseinandersetzungen. Schon gar nicht, wenn per Sperrvermerk der Kreisverwaltung die Möglichkeit genommen wird, notwendige und hinzukommende Aufgaben mit zusätzlichem Personal zügig zu erledigen.

Philipp Daum, WLZ-Redakteur
Philipp Daum, WLZ-Redakteur © Artur Worobiow

Aber genau das macht die Große Koalition aus CDU und SPD. Die Mehrheit, um das durchzusetzen, hat sie – das Verständnis für die Wirkung dieser Maßnahme aber offenbar nicht. Es scheint, als wolle sie den von Grünen, FDP und Freien Wählern unterstützten Landrat nur aus Prinzip nicht folgen. Das Festhalten am Sperrvermerk im Finanzausschuss trotz nachvollziehbarer Warnung des Landrats vor den Folgen hat dies jedenfalls deutlich gemacht.

Es ist dennoch zu hoffen, dass CDU und SPD nicht weiter die Muskeln spielen lassen und es in der heutigen Kreistagssitzung eine Lösung gibt, die den Spielraum bei Stellenbesetzungen in der Kreisverwaltung nicht einschränkt.

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