Als Gäste werden vom 24. März bis 2. April unter anderem der ukrainische Star-Autor Juri Andruchowytsch und der „Lieblingsrusse“ der Deutschen, Wladimir Kaminer, erwartet, ferner der Mainzer Historiker Andreas Rödder, der erfolgreiche Krimi-Autor Jean Luc Bannalec und der Romancier Stephan Thome, der als neuer Schirmherr des Festivals die Nachfolge des verstorbenen Friedrich Christian Delius antritt. Delius wird mit einer eigenen Gedenkveranstaltung gewürdigt. Die Festivalleiterin kündigt noch weitere Attraktionen an. Genaueres werde in Kürze bekanntgegeben.
„Der Krieg in der Ukraine, die Abhängigkeit von China, die Klima-Katastrophe, die Energie-Krise sowie der tiefgreifende technische und gesellschaftliche Umbruch setzen Deutschland einer nie dagewesenen Belastungs- und Bewährungsprobe aus“, erklärte Christiane Kohl. „Davon bleiben natürlich auch das kulturelle Leben und die Literatur nicht unberührt.“ Deshalb würden oft zwangsläufig auch aktuelle politische Fragen zur Sprache kommen, so beim Gespräch mit dem Ukrainer Juri Andruchowytsch, der zur ersten Garde der Literatur in Europa gehöre und in seinem Roman „Radio Nacht“ den historischen Hintergrund für den Krieg in seiner Heimat erklärt.
Ähnlich verhalte es sich mit Stephan Thomes Buch „Pflaumenregen“. Es erzählt am Beispiel einer Familie die jüngere Geschichte der Insel Taiwan, die durch die Annexionsdrohungen des großen Nachbarn China zu einem der großen Krisenherde der Welt geworden ist. Stephan Thome ist mit einer Taiwanerin verheiratet und lebt in der Hauptstadt Taipeh, er stammt aus dem hessischen Biedenkopf.
China stehr auch im Blickpunkt eines Gesprächs zwischen Schirmherrn Stephan Thome und dem Journalisten Kai Strittmatter, der 14 Jahre in Peking gelebt hat. In Strittmatters Buch über die „Neuerfindung der Diktatur“ schildert er, wie dort mit Big Data und künstlicher Intelligenz ein „perfekter Überwachungsstaat“ etabliert wird.
Um aktuelle Fragen geht es auch bei einer Diskussion zwischen der Schriftstellerin Thea Dorn und dem Mainzer Historiker Andreas Rödder, der eine Denkfabrik für „eine neue bürgerliche Politik“ gegründet hat und vor Eiferern am rechten und linken Rand der Gesellschaft warnt. „Längst hat ein Kulturkampf begonnen, der die demokratische Mitte in die Zange nimmt“, sagt er.
In eher humorvoller Stimmung verfolgen Wladimir Kaminer und Jörg Maurer das Zeitgeschehen. Kaminer fragt sich, wie er seiner Mutter die Gender-Sternchen und die Bio-Siegel erklären soll – und sicher hat er auch ein Wort über Putin zu sagen. Und Maurer, der lange als Kabarettist unterwegs war und zudem durch seine Alpen-Krimis bekannt wurde, hat als Feinde der Zivilisation eine Art von Aliens ausgemacht, die tief in unseren Alltag eingedrungen ist: die Handys.
Um Herkunft und Bestand der Demokratie geht es bei Jörg Bong, der mit mitreißendem Schwung von der Revolution des Jahres 1848/49 erzählt. Der Aufstand scheiterte seinerzeit an der Zerstrittenheit der Kämpfer für Wahlrecht und Meinungsfreiheit und am Widerstand der herrschenden Fürsten und Könige; 2023 jährt sich das Ereignis zum 175. Mal. Jörg Bong, ein promovierter Literaturwissenschaftler, hat unter dem Pseudonym Jean-Luc Bannalec mit großem Erfolg auch Kriminalromane um den Kommissar Dupin aus der Bretagne verfasst. Den jüngsten stellt er ebenfalls vor, begleitet von einem bretonischen Vier-Gang-Menü.
Die kulinarischen Freuden, für die das Festival bekannt ist, werden auch von den Literatur-Kritikern Anne-Dore Krohn und Denis Scheck in ihr Recht gesetzt. Sie berichten von Streifzügen in Pariser Küchenfachgeschäften, Londoner Tafelsilber-Läden und multikulinarischen Berliner Szenerestaurants. Nicht zuletzt sind auch der Frankfurter Schauspieler Michael Quast und der Sterne-Koch Erik Arnecke im Frankenberger Restaurant „Philip Soldan“ wieder mit von der Partie. Sie präsentieren, hundert Jahre nach seinem Erscheinen, den Roman über die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk von Jaroslav Hasek, begleitet von böhmischen Gerichten.
„Du wirst noch an mich denken“, lautet der Titel eines Buches, das die Journalistin und einstige Chefredakteurin der Frauenzeitschrift „Emotion“, Dorothee Röhrig, vorstellt. Die berührende Familiengeschichte handelt von ihrer Mutter, die als 18-Jährige erleben musste, dass ihr Vater, der Widerstandskämpfer Hans von Dohnanyi, 1945 noch in den letzten Tagen der NS-Herrschaft hingerichtet wurde.
Ein Stück europäische Adelsgeschichte, eng verwoben mit der Stadt Battenberg, präsentiert Rainer von Hessen unter dem Titel: „Battenberg-Mountbatten – eine hessische Affäre“.
Mit einer Veranstaltung auf Schloss Waldeck gedenkt der „Literarische Frühling“ am 2. April, seines langjährigen Schirmherrn Friedrich Christian Delius, der am 30. Mai 2022 verstorben ist. Noch kurz vor seinem Tod konnte er das Manuskript seiner autobiografischen „Erinnerungen mit großem A“ fertigstellen, die seine Witwe Ursula Bongaerts vorstellen wird. (Martina Biedenbach)
Der „Literarische Frühling“ wird seit 2012 von drei führenden Hotels im Kreis Waldeck-Frankenberg veranstaltet: Die Sonne Frankenberg, Schloss Waldeck und Romantik-Hotel Landhaus Bärenmühle in Ellershausen.
Weitere Einzelheiten zum Programm des Literarischen Frühling 2023 wollen die Veranstalter in Kürze bekanntgeben. Der Kartenvorverkauf beginnt in den nächsten Tagen online auf literarischer-fruehling.de. Interessenten können mit einer E-Mail an kontakt@literarischer-fruehling.de den Newsletter des Festivals abonnieren.
Wie jedes Jahr sollen auch wieder Veranstaltungen für Schülerinnen und Schüler stattfinden, unter anderem ein Workshop über das Übersetzen aus der englischen Sprache mit einem professionellen literarischen Übersetzer.