Diemelseer Mandatsträger besitzen 35,7 Hektar Land in Windvorranggebieten

Zu einem heftigen Streit im Diemelseer Parlament hatte im Februar eine SPD-Anfrage geführt: Sie forderte von der Gemeinde Auskünfte über Eigentum von Gemeindevertretern in Windvorranggebieten. Am Freitag legte Bürgermeister Volker Becker nach langen Abwägungen und aufwendigen Recherchen dann doch Antworten vor.
Diemelsee – Anlass für die Anfrage ist ein Streit, der in der Dezember-Sitzung begonnen hatte. Mit ihrer Mehrheit hatten CDU und FDP zwei hoch umstrittene Entscheidungen zur Windenergie durchgesetzt:
- Die Gemeinde musste aus der Klage gegen den nordhessischen Teilregionalplan Energie aussteigen, die Diemelsee mit Willingen, Korbach und Diemelstadt vorm Verwaltungsgericht führten – die vier Kommunen hatten vergeblich gegen die Ausweisung weiterer Windvorranggebiete im Plan protestiert.
- Außerdem muss die Gemeinde neuen Vorhaben zum Bau von Windrädern auch dann zustimmen, wenn die Standorte außerhalb der im Flächennutzungsplan festgeschriebenen Gebiete liegen. Zuvor hatte sie Investoren auch mit Verweis auf die bereits hohe Zahl an Windrädern in Diemelsee die Zustimmung verweigert.
Kritik kam auch von den 13 Ortsbeiräten, die sich durch die überraschende Abstimmung übergangen sahen.
SPD sieht „Interessenkollision“
Die SPD sah in den Entscheidungen eine „Interessenkollision“ – und wollte mit ihrer Anfrage herausfinden, ob es Nutznießer geben könnte. CDU und FDP reagierten empört und verwahrten sich vehement gegen einen Eindruck, Gemeindevertreter könnten aus Eigennutz abgestimmt haben.
Nach der Anfrage schaltete der Gemeindevorstand den Hessischen Städte und Gemeindebund ein, um rechtlich prüfen zu lassen, ob die Anfrage zulässig sei, und ob solche Daten herausgegeben werden dürfen.
Beantwortung zunächst verweigert
In der April-Sitzung verweigerte der Gemeindevorstand der SPD zunächst eine Beantwortung – auch wegen eines gefürchteten hohen Verwaltungsaufwands. Stattdessen legte er dem Parlament einen Beschlussvorschlag vor, nach dem die Gemeindevertreter eine freiwillige Selbstauskunft zu Eigentum in Windvorranggebieten geben sollten. Die SPD äußerte heftige Kritik und zog den Punkt von der Tagesordnung zurück. Sie beharrte aber weiter auf einer Beantwortung der Anfrage.
Die Antworten
Auch bei den nächsten Parlamentssitzungen hakte sie regelmäßig nach. Die Verwaltung arbeite daran, gab Becker ebenso regelmäßig zurück. Am Freitag hatte er dann Antworten parat.
Frage 1: Wie viele Kaufverträge haben Gemeindevertreter seit 2010 in Windvorranggebieten und potentiellen Windvorranggebieten, „vorwiegend im Naturpark“, abgeschlossen?
Diese Frage könne nicht beantwortet werden, weil der Verwaltung die Anzahl der Verträge nicht vollständig vorliege, sagte Becker. Notare teilten auch aus Gründen des Datenschutzes nicht mehr mit, wenn sie Grundstücksübertragungen beurkundet hätten.
Frage 2: Wie viele Flächen in Windvorranggebieten und potentiellen Windvorranggebieten befinden sich im Eigentum von Gemeindevertretern?
Die Anfrage sei unpräzise, bemerke Becker. Insgesamt hätten Gemeindevertreter und Beigeordnete des Gemeindevorstands 35,7 Hektar Eigentum in Windvorranggebieten.
Die SPD hatte auch nach einer Aufteilung nach Fraktionen gefragt. Laut Becker entfielen 6,9 Hektar auf SPD-Mandatsträger, 28,8 Hektar auf CDU-Mandatsträger und 6 Hektar auf FDP-Mandatsträger.
Insgesamt habe die Verwaltung die Eigentumsverhältnisse auf insgesamt 468 Hektar Fläche untersucht.
Die Antworten geben keinen Aufschluss darüber, ob auf Grundstücken von Mandatsträgern auch Windräder stehen.
Die SPD bat um eine schriftliche Ausfertigung, um die Angaben zu bewerten. -sg-