Müllberge türmen sich: Gemeinde Twistetal lässt Wurstfabrik Wilke entkernen

Nach drei Monaten Entkernungsarbeiten in der ehemaligen Wurstfabrik Wilke haben die Mitglieder von Gemeindevorstand und Ältestenrat die Baustelle besichtigt und eine Zwischenbilanz der bisher aufgelaufenen Kosten zur Kenntnis genommen.
Seit Anfang November sind täglich rund 20, an manchen Tagen sogar 30 Mitarbeiter eines Abrissunternehmens aus Anröchte damit beschäftigt, das riesige und massiv gebaute Fabrikgebäude von Müll, Wert- und Schadstoffen zu befreien, sodass zu einem späteren Zeitpunkt großflächig abgerissen werden kann.
Abgerissen werden soll in den kommenden Wochen nur das historische Stammhaus der Firma Wilke in der Strother Straße. Dazu werden als Teil eines Beweissicherungsverfahrens Erschütterungsmessgeräte auf dem Gelände und in der Nachbarschaft aufgebaut.
Aus kleiner Dorfmetzgerei entwickelt
Erklärtes Ziel ist es nämlich, dass bei den Abrissarbeiten keine Nachbarhäuser beschädigt werden, wie Bauamtsleiter Matthias Lippe bei dem Ortstermin erläuterte. Für die Dauer der Abrissarbeiten muss die Strother Straße voraussichtlich für den Durchgangsverkehr gesperrt werden.
Die Wurstfabrik Wilke hatte sich über Jahrzehnte aus einer kleinen Dorfmetzgerei entwickelt. Über die Jahre waren ständig neue An- und Umbauten erfolgt, was den Rückbau nun besonders kompliziert macht.
Materialien sauber trennen
Im Neubau finden sich die unterschiedlichsten Materialien, die vor dem Abriss sorgsam getrennt ausgebaut werden müssen, damit sie bestmöglich verwertet werden können. Bei Kupferkabeln, Stahlrohren und Luftkanälen aus Stahlblech ist das kein Problem.
Schwierig wird die Behandlung von unterschiedlichen Dämmmaterialien aus unterschiedlichen Kunststoffen. Bergeweise türmen sich nun die Säcke mit Styropor und anderem Dämmstoffen auf dem ehemaligen Firmengelände.
Schwarze Bitumenschicht auf Ziegelwänden
Die Böden in den Produktionshallen waren mit einem strapazierfähigen Kunststoffmaterial beschichtet, dass sich mit Dampfstrahlern leicht reinigen ließ. Nachteil: Die darin verarbeiteten Kunstharze gelten nun als gefährlicher Sondermüll.
Mit Diamant besetzten Schleifscheiben werden diese Bodenbeläge nun quadratzentimeterweise abgetragen. Das dabei gewonnene Schleifpulver muss als Sondermüll entsorgt werden. Ein Teil der Wände weist unter den nun abgetragenen Dämmstoffen eine schwarze Bitumenschicht auf. Noch ist nicht klar, wie damit umgegangen wird.
Eu-Fördergelder für den Abriss
Bürgermeister Stefan Dittmann berichtete, dass die firmeneigene Kläranlage eine eigene Baustelle darstelle. Lange Zeit habe der Gemeindevorstand vergebens nach einem Unternehmen gesucht, das sich um die fachgerechte Entsorgung kümmern wolle. Deshalb sei man dankbar, dass das nun beauftragte Unternehmen aus Anröchte auch die Restflüssigkeiten aus der Kläranlage abpumpen und entsorgen könne. Abgerissen werde demnächst auch das alte Kühlhaus.
Die Abrissarbeiten auf dem 3,5 Hektar großen Fabrikgelände in Berndorf war ursprünglich auf 3,3 Millionen Euro geschätzt worden. Eine Firma aus Anröchte hat den Zuschlag für den ersten Abschnitt bekommen, der mit 1,12 Millionen Euro kalkuliert war. Inzwischen wurden aber schon Kostensteigerungen durch Massenmehrung in Höhe von 150.000 Euro angemeldet. Aus dem europäischen EFRE-Fonds sind 1,5 Millionen Euro für den Abriss bis Ende April zugesagt. Die Zeit drängt also. (Elmar Schulten)