Wie wichtig hierbei der seit Herbst 2021 bestehende Verein „Klimaneutrales Waldeck-Frankenberg“ ist, betonte der Landrat beim Pressegespräch mit unserer Zeitung mehrfach.
Vereinsvorsitzender ist Prof. Dr. Markus Pfuhl, die Geschäftsführung hat Tim Oberlies inne. Beide gaben einen Einblick in die bisherige und künftige Arbeit des Vereins, dessen Mitglieder – aktuell sind es 105 – aus der heimischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft kommen. Außerdem stellten Pfuhl und Oberlies erste Projekte vor. Die Kernbotschaft hierbei lautet: Alle Bürgerinnen und Bürger in Waldeck-Frankenberg sollen beim Weg in die ab 2035 anvisierte Klimaneutralität mitgenommen werden.
„Wir verstehen uns als zuverlässiger Unterstützer vor Ort, der Projekte vorantreibt und gleichzeitig auch Katalysator ist. Wir wollen alle voneinander lernen und flankieren das ganze deswegen auch mit Weiterbildungsmaßnahmen“, betont Pfuhl. Entscheidend sei, Kompetenzen und Perspektiven zu bündeln, um gemeinsam die Ziele zum Klimaschutz in Waldeck-Frankenberg zu erreichen.
Tim Oberlies wies in diesem Zusammenhang auf die geplante, energetische Sanierung der Ederseeschule in Herzhausen hin. Dort soll zukünftig mit Nahwärme geheizt werden. „Wir haben das ganze aber ebenfalls zum Anlass genommen, um mit der Gemeinde, den Ortsvorstehern und Einwohnern in den Dialog zu treten und zu eruieren, ob man auch den unmittelbar angrenzenden Straßenzug in das Nahwärme-Versorgungsnetz aufnehmen könnte“, sagt der Geschäftsführer des Vereins „Klimaneutrales Waldeck-Frankenberg“.
Es sei also ganz gezielt danach gefragt worden, wer in diesem Quartier die Wärmeversorgung in seinem Haus in Zukunft umstellen wolle. „Entsprechend haben wir natürlich auch die notwendigen Infos dazu geliefert und das gesamte Vorhaben genau erklärt“, berichtete Oberlies. Am Ende hätten von 18 Anwohnern direkt 16 gesagt, sie seien sehr interessiert an diesem Nahwärme-Projekt, welches seinen Ursprung in der Schule habe. Weitere Gespräche würden nun folgen, um das Projekt umzusetzen.
Neben Klimaschutz-Vorhaben im Bestand gibt es laut Oberlies auch Neubau-Projekte, die für den Verein „Klimaneutrales Waldeck-Frankenberg“ im Sinne der Vernetzung immens wichtig seien. „Hier ist ein Bauprojekt mit mehr als 40 Wohneinheiten in Waldeck nahe des Golfplatzes zu nennen, bei dem der Bauträger – eine Investorengruppe – von Anfang an sagt: Wir müssen darauf achten, das gesamte Neubauquartier so nachhaltig wie möglich zu versorgen“, berichtete der Geschäftsführer des Vereins. Jeder, der dort einen Bauplatz erwerben wolle, müsse sich diesem Konzept „in gewisser Weise auch unterwerfen“. „Wir sind auch hier unterwegs und profitieren von dem Wissen der Experten, die in den Gesprächsrunden zu dem Projekt zusammenkommen.“ So lerne der Verein weiter dazu.
Darüber hinaus suche der Verein den Schulterschluss mit der heimischen Wirtschaft. „Wir haben in Waldeck-Frankenberg zahlreiche Unternehmen – darunter mittelständische Betriebe, Konzerne und Kleinst-Unternehmen – die alle vor Herausforderungen stehen, aber auch Potenziale haben. Beispielhaft sei hier das Thema Abwärme genannt“, sagte Tim Oberlies.
Der Verein wolle die Unternehmen bei sämtlichen Fragen rund um den Klimaschutz und die Klimaneutralität eng begleiten. „Wir bringen hierfür alle Parteien zusammen, damit diese sich in verschiedensten Runden austauschen können“, betonte der Geschäftsführer.
Ein zentraler Aspekt bei der Klimastrategie des Landkreises ist die Erstellung einer Klimabilanz für Waldeck-Frankenberg. „Wir bauen jetzt das Klimaschutzmanagement auf. Einer der ersten Schritte darin wird die Erarbeitung der Klimabilanz und der Methodik dahinter sein. Wir wollen wissen, wo genau wir stehen“, sagte Landrat Jürgen van der Horst und fügte hinzu: „Wir ahnen, dass dies nicht in einem halben Jahr abgeschlossen sein wird, da wir viele Protagonisten berücksichten müssen. Aber bis zum Ende der zweijährigen Förderperiode sollte die Bilanz fertig sein.“
Was der Landkreis relativ schnell machen könnte, wäre laut Prof. Dr. Markus Pfuhl die Erstellung einer CO2-Bilanz für die jeweiligen Kommunen. „Hier misst einfach jede Stadt und Gemeinde ihren Energieverbrauch. Jetzt gibt es aber beispielsweise in Korbach noch die Firmen Conti und Weidemann. Diese sind dann bei dieser Bilanz gar nicht mit berücksichtigt“, erläuterte der Vorsitzende des Vereins „Klimaneutrales Waldeck-Frankenberg“.
Folglich sei die Erarbeitung einer Gesamt-Klimabilanz für Waldeck-Frankenberg deutlich aufwendiger. „Hier gibt es einfach noch keine Systematik, die das berücksichtigt. Die Aufgabe besteht jetzt darin, die firmenspezifischen CO2-Bilanzen mit der Gesamtregion in Verbindung zu bringen“, so Pfuhl.
Klimaneutralität heißt nach Definition der Europäischen Union, ein Gleichgewicht zwischen Kohlenstoffemissionen und der Aufnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre in Kohlenstoffsenken herzustellen. Die wichtigsten natürlichen Kohlenstoffsenken, die CO2 entfernen, sind Böden, Wälder und Ozeane. Hauptproduzenten von CO2 sind Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude und Verkehr. Mit dem Green Deal soll Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden, der so viele CO2-Emissionen beseitigt, wie er produziert.