Viessmann: Verkauf der Klimasparte sorgt bundesweit für Schlagzeilen und Diskussionen

Der Verkauf der Klimatechnik-Sparte der Firma Viessmann an den US-Konzern Carrier hat am Mittwoch nicht nur am Stammsitz Allendorf-Eder und in der Region für Aufsehen gesorgt, sondern auch bundesweit Schlagzeilen gemacht.
Allendorf-Eder – In den großen Nachrichtensendungen von ARD und ZDF war der Viessmann-Deal die Top-Meldung des Tages. Dabei ging es auch um die Frage, welchen Anteil die aktuelle Energiepolitik der Bundesregierung und die Rahmenbedingungen in Deutschland an der Viessmann-Entscheidung für den Verkauf haben.
Die Heute-Nachrichten des ZDF am Mittwoch um 19 Uhr begannen mit dem Viessmann-Deal als Top-Meldung. „Es ist eine Zeitenwende für Viessmann: Das Familienunternehmen verkauft sein Kerngeschäft“, hieß es in dem Beitrag. Haupttreiber sei der Wachstumsmarkt Wärmepumpe – „politisch gewollt und von der Regierung gefördert“. Das ZDF nannte das Problem für Anbieter wie Viessmann, Bosch oder Vaillant, dass ausländische Konkurrenz – vor allem aus Asien – auf den deutschen Markt drängt.
Auch Max Viessmann, CEO der Viessmann-Gruppe, hatte in einer Online-Pressekonferenz am Mittwoch angesichts einer „erheblichen Dynamik“ festgestellt: „So erfolgreich wir sind, dürfen wir die Augen nicht verschließen, wie sich das Umfeld um uns herum verändert.“ Neben dem „nicht europäisch geprägten Wettbewerbsumfeld“ nannte Viessmann die beschleunigte Energiewende, Lieferengpässe und eine gestiegene Nachfrage als weitere Gründe für die Entscheidung zum Verkauf der Klimatechnik-Sparte, zu denen die Wärmepumpen gehören.
Diese Entscheidung sei ihm und seinem Vater Martin angesichts 106 Jahren Firmengeschichte nicht leicht gefallen, sagte Max Viessmann in der Pressekonferenz sichtlich bewegt. „Emotional hätten wir bevorzugt, so weiterzumachen, das wird aber langfristig nicht reichen“, erklärte der 34-Jährige. Man habe sich alle Optionen angeschaut, auch einen Börsengang. Und man habe sich „klar entschieden“, dass es keine Lösung sei, das Unternehmen vollständig zu verkaufen. Es sei ihnen um Zukunftssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit gegangen und darum, „in welcher Konstellation wir den Mitarbeitern eine längerfristige, verlässlichere Perspektive bieten können“. Mit dem US-Konzern Carrier Global habe man „den richtigen Partner für alle Beteiligten“ gefunden.
Dass man von Carrier „sehr weitreichende Garantien“ bekommen habe, sei „sehr unüblich“, betonte Max Viessmann. Wie berichtet, sind betriebsbedingte Kündigungen für drei Jahre ausgeschlossen, wichtige Standorte für fünf Jahre gesichert und Allendorf-Eder für zehn Jahre als Hauptsitz gesetzt.
Carrier-Chef David Gitlin hat sich bereits am Mittwoch bemüht, Befürchtungen zu drohenden Sparmaßnahmen auszuräumen. „Es geht nicht um Job-Abbau. Wir kommen nicht, um Fabriken zu schließen – im Gegenteil“, sagte Gitlin. „Wir kommen, um in Deutschland zu investieren, um in die Belegschaft zu investieren, in Wachstum zu investieren“. Viessmann biete „gewaltige“ Gelegenheiten. Die Klimatechnik-Sparte, die Viessmann an Carrier verkauft, hat 11 000 Mitarbeiter.
Auch in der Talksendung „Markus Lanz“ am Mittwochabend im ZDF wurde über den Verkauf diskutiert. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) berichtete, dass sie in dieser Woche lange mit Max Viessmann gesprochen habe und er ihr die Beweggründe erklärt habe. „Sie haben diese Entscheidung getroffen, damit Viessmann auch noch weiterhin eine lange Tradition in Deutschland hat.“ Sie könne die unternehmerische Entscheidung nachvollziehen, sagte Geywitz, auch wenn Markus Lanz das nicht so recht glauben wollte. Viessmann sei zu klein, um auf diesem Markt allein zu bestehen, erläuterte Journalistin Julia Löhr, Wirtschaftskorrespondentin der Frankfurter Allgemeinen, dem Moderator.