Volkmarser Ehepaar Dippel kehrt der AfD den Rücken

Mit ihrem 60. Geburtstag am Sonnabend, 28. Januar, will die bisherige AfD-Landtagsabgeordnete Claudia Papst-Dippel ein neues Jahrzehnt beginnen. Ein Jahrzehnt ohne die AfD, nachdem die Partei die vergangenen zehn Jahre in ihrem Leben nachhaltig geprägt hat.
Volkmarsen - Die Arbeit im Landtag habe ihr viel Freude bereitet, deshalb wolle sie auch die letzten neun Monate der Legislatur noch als Landtagsabgeordnete zu Ende bringen. Ihr sei bewusst, dass sie über die Landesliste der Partei in den Hessischen Landtag eingerückt sei. Sie empfinde aber auch eine Verantwortung für die Menschen, die ihr ganz persönlich ihre Stimme gegeben hätten, sagt sie im Gespräch mit dieser Zeitung.
Zu diesem Zeitpunkt am Freitagnachmittag wissen nur ganz wenige von ihrer Entscheidung. Erst am Freitagabend gegen 20 Uhr will sie ihre Austrittserklärung offiziell per Mail an den AfD-Bundesvorstand und an die Landtagsfraktion senden. Das haben in den vergangenen fünf Jahren schon vier weitere ehemalige AfD-Abgeordnete getan. So ist die Landtagsfraktion von 19 auf jetzt 14 geschrumpft.
Mächtige Kreisverbände drücken ihre Listen durch
Auf die Frage nach ihren Gründen holt Claudia Papst Dippel weit aus, kommt dann aber, etwas verklausuliert, auf den Punkt: „Ich trete aus der AfD aus, weil ich glaube, dass diese Partei sich schütteln muss.“ Sie meint damit auch, dass sich die AfD auf ihre ursprünglichen Leitlinien zurückbesinnen müsse.
Von Basisdemokratie sei einst die Rede gewesen. Wenn sie aber jetzt sehe, wie bei den Abstimmungen auf Delegiertenparteitagen letztlich doch nur die vorher abgestimmten Listen durchgedrückt würden, dann stimme etwas nicht. Die Kreisverbände Frankfurt und Gießen seien die mitgliederstärksten und damit auch die einflussreichsten. Das ließen sie die nordhessischen Kreisverbände auch spüren.
Ehemalige Flügelleute noch gut vernetzt
Und welche Rolle spielt der offiziell aufgelöste Flügel? - Offiziell gar keine mehr, meint Papst-Dippel, fügt aber doch hinzu, dass die ehemaligen Flügelleute offenbar noch gut vernetzt seien. Sie selber verorte sich als konservativ und liberal. Aber ja, es gebe auch die national und patriotisch eingestellten Strömungen.
Bis 2013 war Hakola Dippel meistens Nichtwähler, verrät der Volkmarser AfD-Stadtverordnete. Aber dann habe er die Leitlinien der neuen Partei gelesen und geglaubt, dass das für ihn passen könne. In jüngster Zeit habe er aber immer mehr den Eindruck gewonnen, dass Sachverstand wie etwa seine Expertise als Forstbeamter nicht gefragt sei, wenn damit die Wählergruppe der Jäger verprellt werden könnte.
Keinen Mut zur Wahrheit gezeigt
Ähnliche Erfahrungen hat seine Frau Claudia-Papst-Dippel im Landtag gemacht. Als Heilpraktikerin sei sie offiziell zur gesundheitspolitischen Sprecherin ihrer Fraktion gewählt worden. Als dann aber Stellungnahmen zur Corona-Pandemie gefragt waren, habe die Fraktion einen eigenen Sprecher zu diesem Themenbereich benannt.
„Wenn Kollegen das politisch Machbare anmahnen, dann entspricht das nicht dem Mut zur Wahrheit, der Devise der Parteigründung. Auch unbequeme politische Forderungen müssen angesprochen werden, auch wenn das ein paar Wählerstimmen kosten könnte.“
Innerparteilich in Ungnade gefallen
Überhaupt habe man ihr sehr früh signalisiert, dass sie auf Ebene des Landesverbands nicht mehr gewollt sei. Möglicherweise hänge das mit ihrer klaren Positionierung nach dem Bundeskongress der AfD-Nachfolgeorganisation Junge Alternative in Volkmarsen zusammen.
Im April 2021 hatte die Volkmarser AfD sich offiziell vom ungebührlichen Benehmen des Parteinachwuchses distanziert: „Dieser Auftritt war einfach nur völlig inakzeptabel, unmöglich und hat uns tief enttäuscht“, hieß es in einer Pressemitteilung der Partei. Claudia Papst-Dippel wurde damals in der WLZ mit den Worten zitiert, die Junge Alternative habe mit ihrem Auftreten alle Vorurteile und Klischees gegen sie bereitwillig bestätigt. Das kam innerparteilich nicht gut an. (Elmar Schulten)