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Edertal: Michael Wimbauer beringt Vögel am Hessischen Futterhaus des NABU an der Eder

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Von: Cornelia Höhne

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Der starke Kegelschnabel ist sein Markenzeichen: Der Kernbeißer, den Michael Wimbauer im NABU-Freilandlabor an der Eder beringt, kann problemlos Kirschkerne knacken.
Der starke Kegelschnabel ist sein Markenzeichen: Der Kernbeißer, den Michael Wimbauer im NABU-Freilandlabor an der Eder beringt, kann problemlos Kirschkerne knacken. © Cornelia Höhne

Ornithologe Michael Wimbauer beringt in den Wintermonaten Vögel am Hessischen Futterhaus des NABU in Edertal-Bergheim und sammelt Daten zum Verhalten der heimischen Singvögel.

Edertal - Am reich gedeckten Tisch im Hessischen Futterhaus des NABU im Freilandlabor an der Bergheimer Edermühle gehen Michael Wimbauer hungrige Vögel ins Netz. Der Ornithologe aus Hundsdorf beringt sie. Zwischen November und März sammelt er unter anderem allerlei Daten über die Vogelwelt im Winter.

„Sympathieträger aus der Vogelwelt“

Körnermischungen aber auch spezielles Futter für Weichfresser locken gefiederte Wintergäste an den Futtertisch. Und rasch landen einige in den hauchdünnen Japannetzen, die der Ornithologe in den Apfelbäumen aufgehängt hat. Mit sicherem Griff befreit er eine Blaumeise aus dem Geflecht. Im Schuppen nebenan geht es an die Arbeit: Geschlecht und Alter bestimmen, wiegen, Flügel vermessen, Ringnummer notieren, Fundort und Datum eintragen.

Gut getarnt: In den Fangnetzen ist auch diese Meise gelandet, die gewogen und beringt wird.
Gut getarnt: In den Fangnetzen ist auch diese Meise gelandet, die gewogen und beringt wird. © Cornelia Höhne

Gut genährt präsentiert sich ein Rotkehlchen mit 22 Gramm Gewicht. „Ein Sympathieträger aus der Vogelwelt“, sagt der 32-Jährige, „jeder kennt es vom eigenen Futterhaus“. Gleich nach der Erfassung aller Daten fliegt es munter auf und davon. Nächster Fang ist eine Baumeise, ein diesjähriges Weibchen, vermutlich an den Kiesbaggerteichen bei Mehlen beringt. 11,7 Gramm bringt es auf die Waage.

Daten zu Zahl, Standorttreue und Rückkehr-Raten aus Wintergebieten

Noch nicht beringten Vögeln legt Wimbauer Ringe der Vogelwarte Helgoland an, als individuelle Markierung. Für die wissenschaftliche Vogelberingung ist eine spezielle Ausbildung durch die Vogelwarte sowie eine Genehmigung durch die Staatliche Vogelschutzwarte erforderlich. Im Kreis Waldeck-Frankenberg gibt es nur drei Vogelkundler, die über eine solche Erlaubnis verfügen, Wimbauer ist einer davon und arbeitet ehrenamtlich für die Markierungszentrale.

Die Daten verraten Details über das Leben der Arten – Zahl, Standorttreue, Rückkehr-Raten aus den Wintergebieten. In Helgoland gibt es schon seit Jahrzehnten Fangstellen, berichtet der Hundsdorfer. Dabei wurde festgestellt: „Alle Kurzstreckenzieher haben relativ gleichbleibende Bestände, bei allen Langstreckenziehern aber gehen die Bestände langsam, aber stetig nach unten.“

Viele Arten bleiben länger im Brutgebiet

Viele Arten bleiben inzwischen länger im Brutgebiet, das belegt Wimbauer am Beispiel Teichrohrsänger, der auch zu den Langstreckenziehern zählt und Jahr für Jahr über die Sahara fliegt. „Als ich angefangen habe mit der Beringung vor über zehn Jahren war ein Fang Anfang Oktober ein extrem spätes Datum. Jetzt ist der Teichrohrsänger regelmäßig so lange da.“ Zuletzt hat der freiberufliche Biologe sogar Mitte November ein Exemplar gefangen. Ähnlich sei es bei der Gartengrasmücke. Interessant sei auch das Gewicht. Im milden Eder-Klima sind die Vögel laut Wimbauer ein paar Gramm schwerer als in seinem Heimatort Hundsdorf, wo sie offenbar mehr Energie aufwenden müssten.

Filigran: Beringen von zarten Singvogelbeinen ist nicht geeignet für Grobmotoriker.
Filigran: Beringen von zarten Singvogelbeinen ist nicht geeignet für Grobmotoriker. © Cornelia Höhne

Am NABU-Futterhaus treffen die unterschiedlichsten Arten zusammen, zum Beispiel die Waldbewohner Mittelspecht oder Haubenmeise oder der heimische Haussperling, der in der Nähe zu Menschen und Nutztieren lebt.

Gäste aus Belgien und Estland im Edertal

Regelmäßig fängt Wimbauer Zilpzalps, die in der warmen Ederaue überwintern. „Die habe ich in Hundsdorf noch nie gefangen.“ Etliche Ringfunde von Kohl- und Blaumeisen belegen, dass sie zur Brutzeit im Edertal als Nestlinge oder „Fänglinge“ beringt wurden und im Winter das Futterhaus besuchen. Die Ringnummer eines Erlenzeisigs belegt, dass er an der Elbe beringt wurde und eine Blaumeise in Belgien. Da sie in zwei Wintern in Folge gefangen wurde, wird vermutet, dass sie sich als Brutvogel im Edertal angesiedelt hat. In Giflitz hat Wimbauer eine Meise aus Estland gefangen.

Seine Aufzeichnungen zeigen: „Die Meisen, die im Winter bei uns sind, sind nicht unbedingt dieselben, die im Sommer den heimischen Nistkasten besetzen.“ Rund 200 bis 300 unterschiedliche Vögel bei acht Beringungsterminen gehen bei den kurzen Kontrollen durch die Hände des Ornithologen, manche mehrfach. Bei einigen ist Vorsicht angesagt, wie beim Kernbeißer, der mit seinem kräftigen Schnabel tüchtig in den Finger zwicken kann.

Leichtgewicht mit vier bis fünf Gramm Körpergewicht

Geduld ist nicht seine Stärke: Ein munterer Buchfink am hessischen Futterhaus in Giflitz wird von Michael Wimbauer kontrolliert und beringt.
Geduld ist nicht seine Stärke: Ein munterer Buchfink am hessischen Futterhaus in Giflitz wird von Michael Wimbauer kontrolliert und beringt. © Cornelia Höhne

Gelegentlich fliegt ein Sperber ins Netz, der es auf Kleinvögel abgesehen hat. „Da muss man auf die Krallen aufpassen, denn das sind seine Tötungswerkzeuge.“ Der leichteste Vogel ist das Wintergoldhähnchen mit gerade einmal vier bis fünf Gramm. Es ist wie Gartenbaumläufer oder Zaunkönig keine typische „Futterhausart“, sondern lebt im Auwald entlang der Eder.

Weitere Informationen: www.ifv-vogelwarte.de, www.nabu-edertal.de.

34 Arten am Hessischen Futterhaus nachgewiesen

Das Beringungsprojekt beim Edertaler NABU läuft seit zehn Jahren. Ziel ist es, mehr über die Winterökologie der Singvögel zu erfahren, sagt Wolfgang Lübcke von der NABU-Ortsgruppe. Vögel aus 34 Arten wurden registriert:

Amsel, Haussperling, Birkenzeisig, Heckenbraunelle, Blaumeise, Kernbeißer, Kleiber, Buchfink, Kohlmeise, Buntspecht, Mittelspecht, Eichelhäher, Ringeltaube, Eisvogel, Rotkehlchen, Elster, Schwanzmeise, Erlenzeisig, Star, Feldsperling, Sumpfmeise, Gartenbaumläufer, Tannenmeise, Gimpel, Wacholderdrossel, Goldammer, Waldbaumläufer, Grauspecht, Weidenmeise, Grünfink, Wintergoldhähnchen, Haubenmeise,Zaunkönig.

Kopfüber auf die Waage: Im Buch werden Ringnummer und Daten eingetragen.
Kopfüber auf die Waage: Im Buch werden Ringnummer und Daten eingetragen. © Cornelia Höhne

Häufigste Vertreter: Blaumeisen mit rund 100 und Kohlmeisen mit 80 beringten Individuen. Bestimmte Arten suchen offensichtlich nacheinander andere Futterstellen in der Umgebung auf und tauchen dann auch am Hessischen Futterhaus im Freilandlabor des NABU auf. So erklären sich die Ornithologen die ungewöhnlich hohen Zahlen von Blau- und Kohlmeise, aber auch von Amsel und Feldsperling. (Cornelia Höhne)

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