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HNA-Lesertreff in Bad Zwesten: Die große Einigkeit der Kandidaten

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Von: Daniel Seeger, Maja Yüce

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Volles Kurhaus beim Lesertreff in Bad Zwesten. Mehr als 300 Menschen wollten sich über die beiden Bürgermeisterkandidaten informieren.
Volles Kurhaus beim Lesertreff in Bad Zwesten. Mehr als 300 Menschen wollten sich über die beiden Bürgermeisterkandidaten informieren. © Peter Zerhau

Der Wechsel an der Spitze des Bad Zwestener Rathauses sorgt für großes Interesse: Über 300 Besucher kamen am Montagabend zum HNA-Lesertreff in das Kurhaus.

Bad Zwesten – Beim HNA-Lesertreff am Montag, 27. Februar, im Kurhaus standen die beiden Kandidaten für die Bürgermeisterwahl, Martin Stöckert (SPD) und Achim Siebert (unabhängig), zwei Stunden lang Rede und Antwort. Am Sonntag, 12. März, haben die Bad Zwestener die Wahl, dann entscheidet sich, wer der Nachfolger von Bürgermeister Michael Köhler (FDP) wird, der nach 24 Jahren im Amt nicht mehr antritt.

Fragen an die beiden Kandidaten stellten beim HNA-Lesertreff in gewohnter Manier nicht nur die HNA-Redakteurinnen Christina Zapf und Claudia Brandau, sondern auch die Zuschauer. Sie nutzten die Gelegenheit, die Kandidaten auf die Themen anzusprechen, die sie bewegen. Dabei ging es unter anderem um die Jugendarbeit, um Baugebiete, den Tourismus, um Standorte für Windkraftanlagen, die Kliniklandschaft, die wirtschaftliche Entwicklung des Kurortes und immer wieder auch um die interkommunale Zusammenarbeit.

Lesertreff in Bad Zwesten: Kaum inhaltliche Unterschiede bei den Kandidaten

Letztere wollen beide Bewerber um den Bürgermeisterposten weiter ausbauen, betonten sie. Zudem machten beide Kandidaten deutlich, dass die Gemeinde grundsätzlich wenig Einfluss auf die Entwicklung im Gesundheitswesen, konkret auf die Zukunft der Hardtwaldklinik II, habe. „So ehrlich muss man sein“, sagte Stöckert. Siebert schloss sich dem an und ergänzte, dass man möglicherweise durch die Stärkung der Kur-Angebote, er nannte als Beispiel offene Badekuren, die Attraktivität des Standortes erhöhen könne.

Die Wahl zwischen den beiden Kandidaten, die sich gegenseitig sehr für ihren fairen Wahlkampf lobten, dürfte den Menschen in Bad Zwesten alles andere als leicht fallen. Grund dafür: Inhaltliche Unterschiede gab es kaum. Immer wieder stimmten die Kandidaten sich gegenseitig zu oder betonten, wie wichtig die Aussage des jeweils anderen sei.

Nur Nuancen trennten sie inhaltlich. Etwa beim Thema Tourismus: Nach Sieberts Vorstellung könne Bad Zwesten mit einer App für sich werben. „Da kann man dann ein Hotel buchen oder einen Tisch im Restaurant reservieren.” Stöckert würde eher auf die Zusammenarbeit mit der Touristischen Arbeitsgemeinschaft Rotkäppchenland setzen. „Es ist besser, sich mit anderen starken Partnern abzustimmen, als es im Alleingang zu machen“, sagte der 43-Jährige.

Viele Besucher wussten schon, wen sie wählen wollen

Großes Interesse an den beiden Bürgermeisterkandidaten und ein volles Kurhaus gab es am Montagabend im Kurort Bad Zwesten. Der Abend im Detail: Dass das Bad Zwestener Kurhaus zum letzten Mal so voller Menschen war, dürfte wohl schon eine Weile her sein. Zum HNA-Lesertreff anlässlich der anstehenden Bürgermeisterwahl kamen über 300 Besucher. Das Interesse war groß – obwohl rund zwei Drittel der Besucher im Kurhaus zu Beginn der Veranstaltung klar signalisiert haben, dass sie ihre Wahlentscheidung bereits getroffen hatten. Die Redakteurinnen Claudia Brandau und Christina Zapf hatten zu Beginn ein Stimmungsbild unter den Gästen eingeholt. Zum Schluss schien dann alles klar zu sein. Nur noch vereinzelt signalisierten die Besucher Unentschlossenheit. Und das, obwohl die inhaltlichen Differenzen der Kandidaten Martin Stöckert (SPD) und Achim Siebert (unabhängig) nur sehr gering waren:

Finanzen

Es ist ein Thema, das Bad Zwesten schon lange beschäftigt. Knappes Geld beschränkt den Handlungsspielraum. Auf die Frage von HNA-Leser Malte Skapara nach fünf schnellen und kreativen Ideen, die der Gemeinde mehr Geld in die Kasse spülen könnten, antwortete keiner der Kandidaten konkret. Stöckert: „Luftschlösser zu bauen, das wäre unsachlich.“ Würde es eine schnelle Lösung geben, hätte man diese schon gefunden, ergänzte er. Man müsse realistisch bleiben und im Kleinen anfangen, ohne die Bürger weiter zu belasten. „Da sind wir an Grenzen angekommen.“

Achim Siebert war überzeugt, dass ein ausgeblichener Haushalt die Grundlage dafür ist, Gestaltungsspielraum zu haben. Für die Zukunft müsse man genau hinschauen, welche Investitionen wichtig sind und welche auf die lange Bank geschoben werden müssten. „Unsere Finanzen sind nicht die besten, aber wir werden immer wieder Lücken finden.“

Bad Zwesten: Löwenbad ist, so die Kandidaten, von großer Bedeutung für die Gemeinde

Löwenbad

Eng mit dem Thema Finanzen verknüpft ist der Betrieb des Löwenbades, das gerade saniert wird. HNA-Redakteurin Christina Zapf rechnete vor, dass das bald sanierte Bad die Gemeinde jährlich 400 000 Euro kosten werde. Viel Geld für das Löwenbad – es ist aber für den Kurort von großer Bedeutung. Das sahen auch die beiden Kandidaten so. Siebert betonte, dass man durch die neue Technik Geld sparen werde. Auch künftig würden die Betriebskosten des Bades im Haushalt der Gemeinde ihren Platz finden.

Stöckert machte klar, dass man mit dem Bad nicht aktiv Geld verdienen und es auch nicht kostendeckend betreiben könne. Doch sei die Entscheidung für das Löwenbad richtig und wichtig.

Kinder und Jugendliche

„Die wichtigste Fragestellung unserer Zukunft“, sagte Stöckert mit Blick auf die Kinder- und Jugendarbeit. Er betonte, dass man, unterstützt durch die Interkommunale Zusammenarbeit, die Einstellung eines Jugendpflegers stemmen könnte. Auf die Frage, wofür er eine Million Euro ausgeben würde, wenn er sie als Bürgermeister zur freien Verfügung hätte, musste Stöckert nicht lange um eine Antwort ringen: „Kinder- und Jugendarbeit.“

Achim Siebert würde dafür kämpfen, dass die Gemeinde eine Stelle für die Jugendpflege etablieren könne – auch um dem demografischen Wandel entgegenwirken und die Menschen im Ort zu halten. „Ich bin eher Realist als Optimist“, sagte er mit Blick auf die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde. Für den Betrieb eines Jugendtreffs benötige man eine Aufsichtsperson. Zudem wolle er auf Kinder und Jugendliche zugehen, um mit der jungen Generation ins Gespräch zu kommen.

Lesertreff: Kandidaten positionierten sich zu Themen

Digitalisierung

Beide Kandidaten waren sich auch in diesem Punkt einig: „Was fehlt, ist die Verbindung direkt in die Gemeinde.“ Anträge müssten auch vom Wohnzimmer aus gestellt werden können, die Antworten digital erfolgen, so Siebert. Mit einer App wolle er die Bürger informieren, in dieser solle es auch einen Mängelmelder geben.

„Ich bin papierlos unterwegs“, so Stöckert über seinen derzeitigen beruflichen Alltag. Als Bürgermeister in Bad Zwesten gelte es dann aber erst mal noch eine Weile Aktenwagen hin und her zu schieben. Für die Verwaltung und die Bürger sei es wünschenswert, dass die Digitalisierung Einzug halte.

Beide Kandidaten betonten, dass aber darauf geachtet werden müsse, ältere Bürger bei der Digitalisierung nicht abzuhängen.

Gewerbe/Wirtschaft

„Früher gab es 30 Ladenlokale in Bad Zwesten, heute gibt es nur noch einen Bruchteil davon“, sagte Zuschauer Michael Nau. Und es fehlten Industriebetriebe, bemängelte er. Es gebe Bedarf, stimmte Stöckert ein. Allerdings aber auch Einschränkungen in Sachen Ansiedlung, da Bad Zwesten ein Kurort sei.

Im Vergleich zu anderen Kommunen mit einer ähnlichen Einwohnerzahl stehe Bad Zwesten gut da, ist Siebert überzeugt. „Wir müssen den Bestand halten, den Leerstand wieder auffüllen und bei Betriebsübergaben unterstützen“, so Siebert. Vom Nutzen des Interkommunalen Gewerbegebiets zeigten sich die Kandidaten überzeugt. „Allerdings ist Land endlich und wir müssen sorgsam damit umgehen“, so Stöckert. Ein Ansatz für die Dorfkerne könne es sein, kleinteiliges Gewerbe anzusiedeln. „Ohne großen Flächenbedarf.“ Er sprach dabei auch von Digitalnomaden.

Erneuerbare Energien sollen die künftige Energieversorgung von Bad Zwesten prägen

Energie

Siebert betonte, dass für ihn das Thema Fotovoltaik im Bereich der erneuerbaren Energien eine zentrale Bedeutung habe. In Neubaugebieten solle die Ausrichtung der Häuser vorgegeben werden, damit auf der Südseite der Dächer Kollektoren angebracht werden könnten. Zudem müsse die Gemeinde eigene Flächen auf eine mögliche Nutzung für Fotovoltaik überprüfen.

Windräder auf der Altenburg kämen für ihn nicht in Frage. Auch Stöckert ist davon überzeugt, dass es andere geeignete Flächen gibt. Darauf müsse man unbedingt hinwirken, betonte er. Er setzte unter anderem auf einen Energiemix aus Solar, Wind und Biomasse. Als Beispiel für Energieerzeugung vor Ort nannte er die Genossenschaft Energie Wasenberg. Dort werden gut 80 Prozent der Bewohner über die Energie Wasenberg mit Nahwärme versorgt. Diese wird als Abwärme in einem Blockheizkraftwerk erzeugt.

Wohnen/Bauen

Als Problem machten ebenfalls beide Bewerber an einem Abend der großen Einigkeit den drohenden Leerstand in den Ortskernen der Gemeinde aus. Es müsse darum gehen, den Altbestand in den Orten auch künftig mit Leben zu füllen. (Daniel Seeger und Maja Yüce)

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