Serie Schlafende Orte
Die Kohle und die Klimakämpfer: Bergbaumuseum fördert neue Ideen für Saisonstart zutage
Der Corona-Lockdown zwingt viele Plätze in eine Art künstliches Koma. Wir besuchen in unserer Serie diese schlafenden Orte. Heute: das Bergbaumuseum Borken.
Borken – Wenn man Ingo Sielaff fragt, ob er im Lockdown Langeweile hat, amüsiert er sich. Denn auch wenn keine Besucher im Themenpark Kohle und Energie oder im Borkener Besucherstollen unterwegs sind, hat der Museumsleiter doch zu tun: „Wir drehen keine Däumchen“, sagt er und lacht. Er hat Konzepte aufgestellt, Satzungen überarbeitet, Neues gesichtet, angeschafft und funktionstüchtig gemacht.
So wurden gerade 25 Audioguides angeschafft, die die Besucher über die Geschichte des Bergbaus informieren. Ohne finanzielle Hilfe wäre das nicht möglich gewesen: 14 500 Euro gab es dafür von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, auch der Förderkreis des Museums gab Geld. Überhaupt hat das Museumsteam den Saisonstart vor Augen.
Bergbaumuseum Borken: Beschilderung des Braunkohlerundwegs wird erneuert
Der war für den 28. März geplant – doch die Stadt hat bereits alle Veranstaltungen fürs erste Quartal abgesagt. Bis dahin sichtet er Bilder, Pläne, Zeitungsausschnitte in hessischen Archiven, sucht dafür Helfer. Denn die Dokumente scannen und inventarisieren sich nicht von allein. In diesem Jahr soll die Beschilderung des Braunkohlerundwegs erneuert werden, der über 32 Kilometer durch die Bergbaufolgelandschaft führt: an Betriebsstätten, See und der Gedenkstätte Stolzenbach vorbei.
Der Rundweg, den man mit dem Rad, aber auch mit dem Auto fahren kann, bietet die Chance zu einer Art Schnitzeljagd durch die Bergbaugeschichte – auch in Coronazeiten. Die neuen Schilder werden nötig, weil die alten alt, unleserlich oder abhandengekommen sind. Bis zum Museumstag am Sonntag, 16. Mai, werden sie erneuert. Ein guter Startpunkt ist der Parkplatz vorm Themenpark, wo es Infos gibt.
Bergbaumuseum Borken: Klimawandel als langfristige Folge der Nutzung fossiler Energien
Doch soviel der Begriff Museum auch mit dem Aufarbeiten von Ereignissen der Vergangenheit zu tun hat, so sehr richtet Ingo Sielaff jetzt den Blick nach vorne. Er will zur Rückschau auch eine Vorschau fügen, will das Thema des Braunkohleabbaus vergangener Tage auch für die Fridays-for-future-Generation erlebbar machen. Denn die hat einen komplett anderen Blick auf den fossilen Energieträger: „Sie sieht ihn nicht als Wirtschaftsfaktor, sondern als Klimakiller, der ihnen die Zukunft raubt.“
Green Peace beispielsweise hat Kohlenhunte angeschafft, jene Loren, in denen Bergleute die Kohle aus den Stollen holten. Aber zu anderen Zwecken: Hier trägt der Hunt ein Banner, das den „Kohlausstieg jetzt“ fordert. „Wir müssen das Museum auf die jungen Menschen ausrichten, die einen ganz anderen Blick aufs Klima haben als die Generationen zuvor“, sagt Ingo Sielaff. Der Klimawandel als langfristige Folge der Nutzung fossiler Energien gehöre somit in den musealen Teil der Ausstellung.
Die wird im Themenpark vom riesigen Schaufelradbagger dominiert, der restauriert werden muss. In 2021 und 2022 suchen Museum und Förderverein Spenden fürs Gerät, das überall dort, wo es eingesetzt wurde, keinen Stein auf dem anderen ließ.
Überblick an 400 Jahre Bergbaugeschichte
In Borken haben Besucher an vielen Stellen die Chance, sich über die Bergbaugeschichte zu informieren. Es gibt den Besucherstollen in der Altstadt, den Themenpark Kohle/Energie, das Bergbauarchiv und den Braunkohlerundweg, der als Museumsstraße vom Stollen zum Park führt. Natürlich gehört auch die Gedenkstätte in Stolzenbach zum Museums- und Erinnerungskomplex und der Borkener See mit dem Naturschutz-Infozentrum.
Von Claudia Brandau