Notfall am Himmel über Fritzlar: Flugzeug lässt über 41 Tonnen Kerosin ab

Wegen Problemen mit dem Fahrwerk musste eine Boing 787 auf dem Weg in die USA nach Frankfurt zurückkehren. Dafür musste der Pilot jedoch zunächst Treibstoff über der Region ablassen.
Fritzlar – Ein Notfall am Himmel über Fritzlar? „Ein Flugzeug im Tiefflug mit ausgefahrenem Triebwerk – Notlandung?“ – per Mail meldete sich ein besorgter HNA-Leser jetzt bei unserer Redaktion. Er sendete auch gleich mehrere Bilder von dem Flugzeug mit, auf denen deutlich zu erkennen ist, dass die Maschine zudem auch Treibstoff abgelassen hat. Was war denn da los?
Tatsächlich musste am Dienstag eine Boeing 787-900 der United Airlines, die auf dem Weg von Frankfurt nach Denver (USA) war, wegen Fahrwerksproblemen kurz nach dem Start umkehren. Um die vollgetankte Maschine sicher landen zu können, war es nötig, Kerosin abzulassen, erklärt die Deutsche Flugsicherung auf HNA-Anfrage.
„Uns liegt die Meldung eines Treibstoffschnellablasses vor, der am Dienstag, 4. April, zwischen 14.35 und 15.05 Uhr in der Region von Gießen, Marburg, Bad Wildungen, Bad Hersfeld stattfand.“ Das Foto des HNA-Lesers entstand um 13.48 Uhr, über Fritzlar.
Probleme mit dem Fahrwerk kurz nach Take-off
„Der Pilot meldete kurz nach dem Start Probleme mit dem Fahrwerk und seine Entscheidung, nach Frankfurt zurückzukehren“, erklärt Ute Otterbein, Pressesprecherin der Deutschen Flugsicherung. Um Gewicht zu verringern, habe sich der Pilot für einen Treibstoffschnellablass entschieden. „Die einzige Möglichkeit, das Gewicht zu reduzieren“, ergänzt Otterbein. Der Pilot habe den Ablass von 41 Tonnen Kerosin in einer Flughöhe von 14 000 Fuß, das sind rund 4,2 Kilometer, gemeldet.
Der Treibstoffschnellablass oder „Fuel Dump“ ist ein Verfahren, das nur in Notsituationen angewendet werde. „Für jedes Flugzeug ist ein maximales Landegewicht definiert. Wird mit einem zu hohen Gewicht gelandet, so kann das für Flugzeug, Crew und Passagiere sehr gefährlich sein“, so Otterbein weiter. Daher werde mit dem Ablassen von Kerosin das Gewicht verringert. Und weiter: Nur große Langstreckenflugzeuge verfügen über eine Vorrichtung zum Ablassen von Treibstoff – bei kleineren Flugzeugen stelle sich diese Frage nicht.
Treibstoffschnellablass nur in Notfallsituation erlaubt
Ähnliche Vorfälle gibt es immer wieder. Betroffen sind vor allem Gebiete um die großen deutschen Flughäfen Frankfurt und München, von denen viele Langstreckenflüge starten. Aber dürfen die Piloten das überhaupt, und gibt es Risiken für Umwelt und Gesundheit? Solche Treibstoffschnellablässe seien nach dem aktuellen Kenntnisstand für Mensch und Umwelt unkritisch, teilt das Umweltbundesamt mit. Denn dabei werde das Kerosin in einer Flughöhe von mindestens 1800 Metern in feine Tröpfchen zerstäubt, sodass ein Großteil des Kerosins noch in der Luft verdunstet. Grundlage für die Einschätzung sei eine umwelttoxikologische Bewertung einer aktuellen Studie, in der mögliche Beeinträchtigungen auf die Luftqualität, den Boden, das Grundwasser und die menschliche Gesundheit betrachtet worden seien.
Der TÜV Rheinland kam bereits 2017 zu dem Ergebnis, dass durch das Ablassen eine zu vernachlässigende Kontamination des Bodens entstehe. Das im Kerosin enthaltene Benzol gelte als krebserregend, doch würden die erforderlichen Konzentrationen durch das Ablassen von Flugbenzin bei Weitem nicht erreicht.
Der Treibstoffschnellablass ist nur in einer Notfallsituation erlaubt – wie am Dienstag über dem Himmel von Fritzlar. (Maja Yüce)