Schilder sollen zum Nachdenken anregen
Demo der freien Gedanken: Fritzlarer wollen Zeichen in der Krise setzen
Einige Fritzlarer haben mit einer Demo der freien Gedanken auf dem Fritzlarer Marktplatz Schilder aufgestellt, um ihre Botschaften zu verbreiten.
Fritzlar - Die Botschaften sind stark, stärker als die unzähligen Schilder, auf denen sie auf die Misere der Gastronomie in Coronazeiten aufmerksam machen und sich dabei am Samstag gegen Sturmtief Luis geschlagen geben müssen. Die Steine, die ihnen am Boden Halt geben sollen, reichen irgendwann nicht mehr aus, ein vorzeitiges Ende der „Demo der freien Gedanken“ am Fritzlarer Marktplatz ist unausweichlich.
Doch von einem kleinen Frühjahrswind lassen sich die Initiatoren Astrid und Josef Krammer, Armin Ochs und Mitstreiter nicht in die Knie zwingen – sie sind am Sonntagvormittag wieder da.
Ein permanentes Auf und Ab sind die Betreiber des Restaurants „Das Nägel“ seit Wochen und Monaten gewohnt, wobei Aufgeben bislang keine Option war. Je länger die Corona-Pandemie jedoch dauert, desto dünner wird auch für sie das Eis. „Wir sind jetzt seit rund fünf Monaten im Lockdown, uns fehlt einfach eine Perspektive“, sagt Ochs, der nun nach einem Weg gesucht hat, ohne Menschenaufläufe gegen die Coronapolitik zu demonstrieren.
Dass er und seine Mitstreiter vom „Das Nägel“ nicht allein unter den Maßnahmen der Regierung zu leiden haben, zeigen die Botschaften und Wünsche, die zahlreiche Unternehmer, Einzelhändler und auch ganz normale Bürger zu ihrer Schilderdemo beigetragen haben. Einige gehen ganz schön unter die Haut, die eines achtjährigen Schülers etwa, der seine Geburtstagsparty endlich wieder mit Freunden feiern will. Oder auch die von José Carlos und Andrea Silva aus dem Eiscafé Venezia, die an ihrem Geschäft „zu hart gearbeitet haben, um es jetzt kampflos aufzugeben“. Kritische Fragen sind ausdrücklich erwünscht im Schilderwald am Marktplatz, eine davon hat der Bioladen „Kleeblatt“ beigesteuert: „Glaubst du wirklich, dass eine Regierung, die zulässt, dass Pestizide für unsere Nahrungsmittel erlaubt sind, wahrhaft Interesse an unserer Gesundheit hat?“
Bewusst, so Astrid Krammer, habe man alle eingereichten Beiträge berücksichtigt, so unterschiedlich sie auch seien. „Wir wollen eben nicht dieses Schwarz und Weiß, dieses Böse und Gut, aber wir wollen unser Leben zurück, und das geht nur über vernünftige Lösungen, für die man vielleicht auch mal neue und andere Wege gehen muss.“ Statt diese vorzugeben, haben sich die Demo-Macher entschieden, lieber zum Nachdenken anzuregen, und allein das hat ihnen am Wochenende nicht nur positive Reaktionen eingebracht. „Es hat natürlich auch negative Stimmen gegeben“, sagt Krammer und berichtet von Menschen „mit vorgefertigter Meinung“, die sich nicht mal die Mühe gemacht hätten, die Schilder zu lesen. Um Zustimmung sei es ihnen aber auch gar nicht gegangen, nicht mal sie selbst sagen von sich, hinter allen Botschaften zu stehen. „Das müssen wir auch gar nicht, andere Meinung gilt es zu respektieren“, findet Armin Ochs, der für eine deutliche Perspektive und eine baldige Rückkehr zur Normalität weiter kämpfen und stark bleiben will. Stark, wie die Botschaften seiner Aktion. (Sascha Hoffmann)