Krieg in der Ukraine: Geflüchtete Familie ist in Obervorschütz untergekommen

Durch die Unterstützung einer Helfer aus Gudensberg konnte eine ukrainische Flüchtlingsfamilie in einem Haus in Obervorschütz untergebracht werden.
Obervorschütz – Dank der Initiative von Martina und Kurt Sprenger aus Gudensberg und der Unterstützung vieler Helfer lebt eine neunköpfige Flüchtlingsfamilie aus der Ukraine jetzt in einem Wohnhaus in Obervorschütz.
Die Familie Bobyk ist darüber sehr dankbar. Sie hofft, eines Tages wieder in ihre angestammte Heimat zurückkehren zu können, auch wenn alles in Trümmern liegt. Das Heimweh ist groß – trotz des schrecklichen Krieges.
„Ich hasse diesen Krieg, weil so viele Menschen unschuldig sterben müssen“, sagt Viktor Bobyk (43). Er ist Vater von drei Kindern im Alter von einem Jahr, fünf und sieben Jahren. Mit seiner Frau und den Kindern flüchteten auch die Eltern und Großeltern aus der Kleinstadt Irpin bei Kiew vor den Bomben und Granaten der russischen Angreifer. Sie haben Verwandte in Kassel, und so kam auch der Kontakt mit Obervorschütz zustande.
Menschen aus dem Chattengau helfen der Flüchtlingsfamilie, allen voran Martina Sprenger, 1. Vorsitzende der Obernburgfreunde, ihr Mann Kurt sowie Ivelina Ivanova. Die Bulgarin wohnt neben dem Haus, in dem die Flüchtlinge jetzt leben. Sie übersetzt und hilft immer, wenn Hilfe benötigt wird.
In dem Haus in Obervorschütz lebte zuletzt der Vater von Martina Sprenger, der im Herbst starb. Vor zwei Wochen bot sie das Haus der Kreisverwaltung für Flüchtlinge aus der Ukraine an. „Durch viele Helfer und Spender versuche ich, die Familie mit Nahrungsmitteln und Sachspenden zu unterstützten“, sagt Martina Sprenger im HNA-Gespräch. Sie ist dankbar und glücklich für die große Hilfsbereitschaft: „Landwirte, Familien, Nachbarn, Freunde, Privatpersonen und Vereine wie zum Beispiel Mach mit aus Gudensberg und auch Global Care in Fritzlar haben uns geholfen.“
Auch der Partnerschaftsverein aus Gudensberg gehöre zu den Unterstützern. Im Garten weht ein Fähnchen mit der Aufschrift „Gudensberg hilft Schtschyrez“.
Die Kleinstadt Irpin sei komplett zerstört, berichtet Viktor Bobyk. Sie sei von den russischen Truppen bombardiert worden, weil sich ein Flughafen in der Nähe befinde. Der sei nur fünf Kilometer von ihrem Haus entfernt. Er selbst sei ein Jahr Soldat gewesen, erzählt der Versicherungskaufmann.
Mit zwei Autos sei man über Moldawien und Rumänen Richtung Deutschland geflüchtet. An der Grenze zu Moldawien und Rumänien habe man sich noch zwei Wochen lang aufgehalten – in der Hoffnung, der Krieg gehe bald zu Ende. Dann sind sie an der Grenze entlang zurück nach Polen und durch Polen nach Deutschland gefahren. Fünf Tage habe die Flucht gedauert. „Dieser Krieg geht nur zu Ende, wenn Putin tot ist, er wird die Ukraine nie als selbstständiges Land akzeptieren“, sagt der Familienvater. Und fügt hinzu: „Es werden nicht nur strategische Ziele angegriffen, sondern vor allem Menschen getötet.“
Er selbst, beteuert er, „möchte gern mitkämpfen, um unser Land zu verteidigen, aber ich muss für meine Familie sorgen.“ Das aber wäre nicht möglich, wenn er allein zurück geblieben wäre. Der Vater schildert, wie groß die Angst der Kinder ist. Wenn sie Hubschrauber der Fritzlarer Heeresflieger am Himmel sehen, fragen sie, ob die Bomben werfen.
Die beruhigende Antwort der Eltern ist dann meistens: „Nein, die gehören nicht Putin, wir sind hier nicht im Krieg, die Hubschrauber üben nur.“ Die Familie ist dankbar für die neue Bleibe. Aber sie hat trotz des Krieges Heimweh. „Wir möchten gern zurück und von vorn wieder anfangen, wenn es möglich ist“, sagt der Familienvater. Er muss das Gespräch mehrfach unterbrechen, weil er weinen muss. Größter Wunsch der Familie sei, wieder zurück in die Heimat und dort im Frieden leben zu können. Und sie wünscht sich, dass die Kinder die schrecklichen Erlebnisse verarbeiten und wieder eine fröhliche und unbekümmerte Kindheit haben. (Manfred Schaake)