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Sie wollten aus der DDR: Erlebnisse im Gefängnis

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Unterteilt in Zonen: Ernst Hubert von Michaelis und Christina Wagner vor der Karte des unterteilten Deutschlands.
Unterteilt in Zonen: Ernst Hubert von Michaelis und Christina Wagner vor der Karte des unterteilten Deutschlands.

Homberg. „Hast du eine Idee, wie man etwas gefahrloser aus der DDR herauskommen kann?". Mit dieser Frage begann vor Jahren eine Entscheidung, die das Leben von Ernst Hubert von Michaelis entscheidend verändern sollte.

Der frühere Bürgermeister von Bad Arolsen sprach kürzlich als Zeitzeuge in der Aula der Bundespräsident-Theodor-Heuss-Schule über seine persönlichen Erlebnisse in der DDR und seine Zeit im Gefängnis. Christina Wagner hatte von Michaelis eingeladen, um vor den Abschlussklassen zu sprechen.

Sozialismus, Stasi, Mauer und Überwachung nennen die Schüler auf die Frage, was sie mit der DDR verbinden. Für von Michaelis war es ein besonderes Anliegen zu erklären, warum Menschen das Bedürfnis hatten, zu fliehen. „Gerade die, die individuelle Vorstellungen vom Leben hatten und sich nicht an das System anpassen wollten, wollten weg aus der DDR. Der Staat hatte ein enormes Bedürfnis nach Kontrolle“, sagte von Michaelis. Entsprechend schwierig war es auch, zu fliehen.

Von Michaelis vermittelte seiner Cousine, ihrem Mann und deren Kind in Eisenach 1977 Fluchthilfe. „Wir haben meine Verwandten immer wieder besucht. Irgendwann kam die Frage auf, wie man am besten aus der DDR fliehen könnte. Sie wollten weg aus der DDR.“ Die Ausarbeitung des Fluchtplans dauerte Jahre und war kompliziert. Obwohl es zunächst so aussah, als würde die Familie ihr Ziel wie geplant erreichen, wurden sie wenige Kilometer vor dem Grenzübergang entdeckt und verhaftet.

Weder an der Planung noch an der Ausführung der Flucht war von Michaelis selbst beteiligt. Dennoch wurde er 1984, zu der Zeit Bürgermeister von Bad Arolsen, auf der Transitstrecke durch die DDR verhaftet. Er wurde wegen „staatsfeindlichen Menschenhandels“ zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

Proteste der Bundesregierung und ein Aufschrei in den Medien blieben ohne Erfolg. Zunächst saß er im Berliner Gefängnis Hohenschönhausen und wurde dann nach Bautzen II verlegt.

„Ich wurde wochenlang verhört und hatte keinen Kontakt zu meiner Familie. Wir wurden nicht gefoltert. Aber wir waren eingesperrt und das Essen war leidig“, erzählte von Michaelis. Er wurde 1985 aus der Haft entlassen. Zu dem Mann seiner Cousine hat er auch heute noch Kontakt. Frank Rödel hat seinen Traum verwirklicht: Nach der Haftentlassung hat er Abitur gemacht und ist nun in Berlin ein bekannter Künstler. (che)

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