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75. Jahre: Waberner Autor Michael Meinicke blickt auf bewegtes Leben

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Von: Sascha Hoffmann

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Er hat noch immer viel zu erzählen: Der in Uttershausen lebende Autor und Journalist Michael Meinicke wird heute 75. Jahre.
Er hat noch immer viel zu erzählen: Der in Uttershausen lebende Autor und Journalist Michael Meinicke wird heute 75. Jahre. © Sascha Hoffmann

Der aus Berlin stammende und in Uttershausen lebende Autor und Journalist Michael Meinike spricht anlässlich seines 75. Geburtstags über sein ereignisreiches Leben.

Uttershausen – An den Inhalt seines ersten Textes kann sich Michael Meinicke nicht erinnern. „Dit war schließlich schon in der dritten Klasse“, entgegnet er beinahe entschuldigend und wühlt sich durch Stapel von Ausdrucken, Heften und Büchern, die vor ihm auf dem Tisch liegen. Der leidenschaftliche Schreiber weiß genau, wonach er sucht und zieht schnell ein kleines Heftchen heraus. „Dit hier war mein erstes Honorar“, sagt er und erklärt keck lächelnd: „Dit hat gloob ick mal 50 Pfennich gekostet.“

Auch wenn der sympathische Journalist und Autor zu seinem heutigen 75. Geburtstag (17. März 2023) im 1991 bezogenen Fachwerkhäuschen in Uttershausen sitzt, kann er seine Heimat nicht leugnen. Hier und da „berlinert“ er noch immer, während er versucht, ein Dreivierteljahrhundert bewegendes Leben in ein rund 90-minütiges Gespräch zu packen.

Michael Meinicke: Flucht aus Ostberlin

Viel habe er erlebt, sagt er und berichtet von seinen Kinder- und Jugendtagen im Ostberliner Bezirk Pankow, seinen Anfängen als Nachwuchsjournalist für die Kinderzeitung „Die Trommel“, einem ersten Platz im landesweiten Wettbewerb mit dem Aufsatz über ein Radrennen oder sein späteres Schaffen im Pankower Lyrikklub. Am 6. Januar 1970 hat ihn das wegen staatsfeindlicher Hetze in Untersuchungshaft gebracht, 1972 werden sieben seiner Gedichte als „staatsfeindlich“ interpretiert und Meinicke von der Staatssicherheit für zwei Jahre inhaftiert.

Mit 30 flieht er im Kofferraum eines Fords nach West-Berlin und kann, nachdem ihm in der DDR ein Hochschulstudium verwehrt geblieben ist, nun endlich auch studieren. „Germanistik, Publizistik, Theaterwissenschaften – ich war so froh und glücklich.“

Sein Bestseller ist mittlerweile in sechster Auflage erschienen

Meinicke arbeitet später als Sprachlehrer für ausländische Kinder, dann unter anderem als Mitarbeiter der Karl-Hofer-Gesellschaft. 1991 der Umzug nach Uttershausen, wo er sich ganz auf die Arbeit als Autor und Journalist konzentriert, auch als freier Mitarbeiter für die HNA-Redaktion Fritzlar-Homberg.

„Ein Teil meiner Bücher handelt natürlich von meinem Leben in der DDR, auch mein mittlerweile in sechster Auflage erschienener Bestseller.“ Meinicke spricht vom 2000 veröffentlichten Roman „Ostkreuz“, ein mitreißendes social-beat-Werk über die Hippie-Generation der DDR in den 60er und 70er Jahren, mit dem er bis heute auf Lesereise ist. Geschrieben habe er es, wie die meisten seiner Bücher, mit der Hand.

„Ich schreibe einfach los und lasse mich da reinfallen“, sagt Michael Meinicke

Diese besondere Art des Schreibens hätte er beibehalten, wäre nicht irgendwann die Zeitungsarbeit hinzugekommen. „Da hatte dann auch ich einen Laptop und fand es einfach dämlich, den da stehen zu haben und die Bücher trotzdem mit der Hand zu schreiben.“ Ein Gerüst oder Konzept, so sagt er, habe er dabei nie gehabt. Immer aber eine Idee. „Ich schreibe einfach los und lasse mich da reinfallen, weil ich weiß, ich habe genug im Kopf, was ich erlebt, gelesen oder gesehen habe.“ Suchen müsse er da nicht lang, denn „bin ich erstmal dran, geht das ruckzuck, dann reihen sich die Buchstaben aneinander wie ein Puzzle, das sich von allein hinlegt.“

Dreimal verheiratet, mehrfach in ähnlichen Konstellationen liiert, haben auch die Frauen noch reichlich Platz in seinen Erinnerungen und an den Wänden seines Zuhauses, die mit unzähligen Bildern, Zeitungsartikeln und Plakaten als collageähnliche Retrospektive seines Lebens daherkommen. Ausstellungen, Kunstprojekte, Lesungen. Seine zwei Kinder, Kollegen, Weggefährten. Meinicke ist stolz. Stolz auf seine bewegende Lebensgeschichte, die längst nicht zu Ende geschrieben ist.

Noch immer reist er durch die Welt und liest aus seinen Büchern, tritt als Zeitzeuge auf und leitet mit viel Leidenschaft den Waberner Literaturkreis. Auch für die HNA schreibt er hier und da noch, ist aktiv, wo er nur kann. Mit dem Alter hadern tut Michael Meinicke wahrlich nicht, ganz im Gegenteil: „Es wird besser, als man es selbst jemals dachte.“ (Sascha Hoffmann)

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