1. Startseite
  2. Lokales
  3. Fritzlar-Homberg
  4. Wabern

Nach Angriff auf die Edertalsperrmauer: „Das ganze Dorf war im Nu auf den Beinen“

Erstellt:

Von: Christina Zapf

Kommentare

Ilse und Walter Schmidt aus Niedermöllrich haben die Flut miterlebt. Auch der Hof von Walter Schmids Familie in der Felsberger Straße 8 stand unter Wasser.
Walter und Ilse Schmidt aus Niedermöllrich haben die Flut miterlebt. Auch der Hof von Walter Schmidts Familie in der Felsberger Straße 8 stand unter Wasser. © Christina Zapf

Das Dorf Niedermöllrich wurde nach der Bombardierung der Edertalsperrmauer am 17. Mai 1943 geflutet. Walter Schmidt war damals zwölf Jahre alt. Er blickt zurück.

Niedermöllrich – Walter Schmidt erinnert sich noch gut an die Nacht, in der die Edertalsperre im Zweiten Weltkrieg bombardiert wurde. Wenige Stunden später erreichte die riesige Flutwelle erreichte auch das Dorf Niedermöllrich. „Ich kann mich erinnern, dass der Bürgermeister um 3 Uhr meinen Vater geweckt hat“, sagt der 92-Jährige. Dann sei es hektisch geworden. „Das ganze Dorf war im Nu auf den Beinen“, sagt Walter Schmidt, der damals zwölf Jahre alt war.

Viel Zeit blieb den Menschen nicht, um einige Vorkehrungen zu treffen und um ihre Tiere in Sicherheit zu bringen. „Wir haben die Ställe leer gemacht“, sagt Walter Schmidt. Die Kühe wurden in einen höher gelegenen Bereich getrieben. Schweine und Kaninchen kamen auf einen Kastenwagen und wurden in Sicherheit gebracht. „Mein Vater war damals noch nicht im Krieg. Er wurde erst 1944 eingezogen“, erinnert er sich. Außerdem lebten bei ihnen auf dem Hof Städter, die vor dem Krieg geflohen waren. „Es waren genug Helfer da, um die Tiere wegzubringen.“ Dank der frühen Warnung hätten die Einwohner von Niedermöllrich Zeit zum Handeln gehabt und wurden nicht von der Flut überrascht wie Menschen im Edertal.

Einwohner von Niedermöllrich wurden rechtzeitig gewarnt

„Wir wussten früh genug, was uns erwartet – aber nicht, wie hoch die Flut sein würde“, sagt Walter Schmidt. Letztendlich habe das Wasser auf dem Hof seiner Eltern wohl etwa einen Meter hoch gestanden. „Es ist keiner gestorben und große Schäden gab es auch nicht“, erinnert sich der 92-Jährige. „Fotos hat damals noch keiner gemacht.“

Gegen elf Uhr sei der Flutpegel bereits wieder gesunken, da sich das Wasser in einem immer größeren Gebiet verteilte. Wider Erwarten überstand auch die Brücke über die Eder am Ortseingang von Niedermöllrich die Flut. In Tümpeln habe jedoch noch wochenlang Wasser gestanden. „Wir haben dort Aale gefangen“, sagt Walter Schmidt, der damals schon schwimmen konnte. Der örtliche Pfarrer hatte es ihm und anderen Kindern beigebracht. „Für euch war das eher ein Abenteuer“, sagt Volker Schmidt, Sohn von Walter und Ilse Schmidt. Stärker als Niedermöllrich seien Wabern und Zennern von der Flut betroffen gewesen, so Ilse Schmidt. Die 85-Jährige hat kaum Erinnerungen an die Wassermassen nach der Bombardierung der Edertalsperre. Sie stammt auch aus Niedermöllrich, war 1943 jedoch erst fünf Jahre alt.

Ausflug mit dem Fahrrad an die beschädigte Sperrmauer

„Ich habe vom Oberdorf ins Unterdorf geheiratet“, sagt Ilse Schmidt. 1960 gab sie Walter Schmidt, der hauptberuflich als Landwirt arbeitete, ihr Jawort. Das Paar hat drei Kinder bekommen – einen Jungen und zwei Mädchen. Heute haben sie sechs Enkel und bereits fünf Urenkel. Mittlerweile führt ihr Sohn Volker Schmidt den landwirtschaftlichen Betrieb mit Schweinemast und Biogasproduktion. Außerdem baut er Zuckerrüben, Getreide und Mais an.

Einige Zeit nach der Überschwemmung fuhr Walter Schmidt zusammen mit seinem Onkel und anderen Einwohnern aus Niedermöllrich einmal mit dem Fahrrad an die Edertalsperre. „Wir haben das Loch in der Mauer gesehen“, sagt er. Es wurde jedoch bereits repariert. (Christina Zapf)

Auch interessant

Kommentare